Luftfahrt : Lufthansa steigt härter in den Billigwettbewerb ein

Global gesehen stehen der Luftverkehrsindustrie rosige Zeiten bevor; dies sagt zumindest der Airline-Verband IATA. 7 Prozent mehr Passagiere, eine stabile Weltwirtschaft und dauerhaft billiges Kerosin sollten die Gewinne der Fluggesellschaften 2015 um mehr als ein Viertel auf 25 Mrd. Dollar steigen lassen, hat IATA-Präsident Tony Tyler im Dezember verkündet.

Doch damit ist noch nichts darüber gesagt, wer am Ende zu den Gewinnern gehören wird. Gerade die deutschen Fluggesellschaften starten in ein schwieriges und möglicherweise entscheidendes Jahr.

Bei der AUA-Mutter Lufthansa liegen die Pläne auf dem Tisch. Der neue Chef Carsten Spohr muss nun liefern, auch gegen heftigen Widerstand in der Belegschaft. Der erst im Mai 2014 angetretene Konzernchef setzt auf eine Mischung aus mehr Exklusivität bei der Stammmarke und neuen Billigangeboten.

Wachstum wird bei Europas größtem Luftverkehrskonzern, zu dem auch die Swiss gehört, auf Sicht nur noch im Service- und Billigflugsegment stattfinden. Während die Servicetöchter etwa für Flugzeugwartung (Lufthansa Technik) und Catering (LSG) als Weltmarktführer den Wettbewerb prägen, befindet sich Lufthansa bei den Billigfliegern bestenfalls im Verfolgerfeld.

Europa bleibt schwierigster Markt auf dem Globus

Nach der IATA-Prognose bleibt Europa ohnehin der schwierigste Markt auf dem Globus. Das billige Kerosin hilft zwar auch den Airlines auf dem alten Kontinent, doch harter Wettbewerb, ineffiziente Infrastruktur, hohe Verwaltungskosten und Steuern dämpfen die Gewinne.

Im kommenden Jahr sollen sie dennoch auf 4 Mrd. Dollar steigen nach 2,7 Mrd. Dollar im abgelaufenen Jahr 2014. Vom weltweiten Durchschnitts-Nettogewinn von 7 Dollar pro Passagier bleiben die Europäer mit 4,27 Dollar aber trotz sehr hoher Auslastung ihrer Maschinen weit entfernt.

Mit jungen, einheitlichen und effizienten Flotten sowie billigem Personal fliegen europäische Gesellschaften wie Easyjet, Ryanair und Vueling seit Jahren von Erfolg zu Erfolg. Lufthansa krempelt ihr zunächst auf deutsche Heimatflughäfen begrenztes Konzept der "Germanwings" schon wieder um und will perspektivisch unter der einheitlichen Billigmarke "Eurowings" in ganz Europa unterwegs sein, möglichst mit noch weiter abgesenkten Personalkosten.

Selbst ein Eurowings-Billigangebot auf der Langstrecke will Spohr 2015 etablieren und setzt dort Crews der deutsch-türkischen Lufthansa-Beteiligung SunExpress ein.

Die Lufthansa-Piloten der "Vereinigung Cockpit" laufen Sturm gegen immer neue Billignischen im Konzern. Bei ihren bisher zehn Streikwellen ging es zwar offiziell immer um die Übergangsrenten, hinter den Kulissen wurde aber erbittert um die künftige Billigstrategie gestritten.

Beigelegt ist der Konflikt noch längst nicht: Verschiedene Schlichtungsvorschläge haben bisher nichts gefruchtet und auch bei den Flugbegleitern regt sich für das kommende Jahr Widerstand gegen den Spohr-Kurs.

Air Berlin mit Rekordverlust von 350 Millionen Euro

Große Sorgen muss sich Air Berlin als die deutsche Nummer Zwei machen. Die von der arabischen Etihad unterstützte Airline muss einen Rekordverlust von mindestens 350 Mio. Euro verkraften und endlich ein schlüssiges Geschäftsmodell mit Gewinnperspektive vorlegen.

Ab Februar übernimmt mit Stefan Pichler ein neuer Chef das Ruder, der den bereits eingeschlagenen Schrumpf- und Sparkurs wohl fortsetzen wird. Großaktionär Etihad steht dabei unter kritischer Beobachtung durch die Konkurrenz und die Politik. Sollten die Araber Air Berlin mehrheitlich beherrschen, verlöre Air Berlin seine kostbaren Start- und Landerechte an deutschen Flughäfen.

Auch auf der Langstrecke setzen arabische Herausforderer den alten europäischen Platzhirschen weiter mit zusätzlichen Kapazitäten zu.

Unter besten Bedingungen päppelt das Emirat Dubai seine Flughäfen und die Airline "Emirates" zum kommenden Weltmarktführer, der immer mehr Fluggäste aus Asien, Afrika und Europa über sein Drehkreuz in der Wüste lenkt. Emirates ist mit seiner schnell wachsenden Flotte auch an den Flughäfen Zürich, Frankfurt, München, Hamburg und Düsseldorf präsent. (APA/sda/dpa)