Kritische Infrakstruktur in Gefahr : Wie kann systemrelevante Infrastruktur vor Cyberattacken geschützt werden?

Unterwasserkabel können Opfer von Cyberangriffen werden.

Wichtig ist vor allem die Fähigkeit zur Überwachung von Unterseekabel, denn es kann Wochen und Monate dauern, bis eine Schadstelle entdeckt wird.

- © TensorSpark - stock.adobe.com

Spätestens seit dem Anschlag auf die Gaspipeline Nord-Stream-2 ist der Öffentlichkeit klar, wie gefährdet kritische Infrastrukturen sind und wie wichtig ihr Schutz wäre.

Das Bedrohungspotenzial hat sich in den letzten Jahren potenziert. Das Österreichische Bundesheer beschäftigt sich bereits intensiv mit dem Schutz von wichtigen Einrichtungen, die für das Funktionieren wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturen unerlässlich sind. Dazu gehören etwa Kraftwerke, Stromnetze, aber auch Datenleitungen.

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Digitale Engstellen

Wie gravierend die wirtschaftlichen Verluste bei größeren Ausfällen des Internets wären, lassen sich kaum beziffern. Das World-Wide-Web ein Netz Glasfaserkabel verbunden, die aber durch geografische Engstellen verlaufen. 1,3 Millionen Kilometer lang ist etwa das weltweite Seekabelnetz, die die weltweite Kommunikation über das Internet ermöglichen. Über 475 Backbone-Leitungen verlaufen entlang der Küsten der Kontinente, unterqueren die Ozeane und bilden ein Geflecht zwischen den Inselstaaten Südostasiens.

Allein zwischen Europa und der Ostküste der USA gibt es mehr als 20 solcher Seekabel, ebenso viele verbinden die Westküste der USA mit Asien. Durch Sabotage einzelner oder mehrerer solcher Leitungen können großflächige Gebiete vom Internet komplett abgeschnitten werden. Das würde nicht nur einen immensen wirtschaftlichen Schaden bedeuten, sondern auch die öffentliche Versorgung lahmlegen. Gesundheitssysteme, Energienetze, Kommunikation und vieles mehr läuft heute nicht ohne Anschluss an das Internet und wäre bei einem Ausfall der Datenleitungen weitgehend blockiert.

Wichtig ist vor allem die Fähigkeit zur Überwachung von Unterseekabel, denn es kann Wochen und Monate dauern, bis eine Schadstelle entdeckt wird.

Das derzeit längste Seekabel des globalen Netzwerks, SeaMeWe-3, ist 39.000 Kilometer lang. Es reicht von der Westküste Europas über das Mittelmeer und das Rote Meer bis nach Südostasien und Australien. Ausgerechnet durch die geopolitisch hoch gefährdete Region des Suez-Kanals. Noch länger wird das Kabel 2Africa sein, das 2023 in Betrieb ging und Afrika umrundet.

Während die transatlantischen Kabel in der Regel nur an jedem Ende über einen Anlandepunkt verfügen, sind die Kabel, die entlang der Küsten und durch mehrere Meeresgebiete verlaufen, oft über eine Vielzahl von Abzweigungen mit Anlandepunkten in mehreren Ländern verbunden. Trotz ihrer enormen Bedeutung sind die meisten Unterseekabel kaum dicker als ein Gartenschlauch und daher sehr anfällig für Sabotage. Meist liegt ihr Durchmesser bei nur wenigen Zentimetern. Im Kern eines solchen Schlauchs liegen die in ein Gel eingebetteten Glasfasern.

Autonome Roboter, wie hier der Sabertooth der schwedischen Firma Saab, sollen in Zukunft helfen, kritische Infrastrukturen in der Tiefsee besser zu schützen.

- © SAAB

Ostsee als Hotspot, Schutz von Tiefseekabel

Nicht erst seit der bis heute ungeklärten Attacke auf Nord-Stream-2 gilt die Ostseeregion als Hotspot für kritische Infrastruktur. Länder wie Schweden und Dänemark beschäftigen sich intensiv mit dem Schutz von wichtigen Leitungssystemen. Auch für zahlreiche Technologie-Unternehmen ist das bereits ein lukrativer Markt. So entwickelt etwa das schwedische Rüstungsunternehmen Saab spezielle Systeme, um kritische Infrastrukturen an Land und zu Wasser besser überwachen zu können. „Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie schnell Europa und damit auch die dänische Gesellschaft gelähmt werden können“, wies etwa die dänische Premierministerin Mette Frederiksen letztes Jahr auf die Gefahren hin. Dänemark investiert seither intensiv in den Schutz maritimer Infrastrukturen.

2022 hat auch Frankreich eine umfangreiche Strategie vorgelegt, wie der Schutz von Infrastrukturen in der Tiefsee funktionieren soll. Mit autonomen Systemen, so genannten AUVs sollen etwa die zahlreichen Tiefsee-Datenleitungen, von denen etliche in Frankreich anlanden und Europa mit Nordamerika verbinden, geschützt werden.

Diese autonomen Unterwasserroboter sollen das kilometerlange Leitungsnetz in der Tiefsee kontrollieren und auch Wartungsarbeiten durchführen können.

Engstelle Suez-Kanal. Ein Großteil der für Europa wichtigen Datenleitungen verläuft durch eine geopolitisch äußerst instabile Region.

- © TeleGeography Submarine Cable Map

Gefahrenpunkte für Österreich

Auch hierzulande laufen mehrere neuralgische Leitungsknoten zusammen. Einerseits betrifft das eher landgebundene Infrastrukturen wie Gaspipelines und überregionale Strom-Übertragungsnetze, aber auch in Österreich gibt es wichtige Schnittstellen für Datenkabel. Wichtige Sekundärleitungen bei Tiefseekabel, an denen auch die heimische Datenversorgung hängt, laufen durch das Schwarze Meer und landen in Bulgarien an.

Ausfälle an diesen Leitungen würde vor allem die Kommunikation mit Asien in Österreich beeinträchtigen. Für viele Exportbetriebe, die in dieser Region tätig sind, kein unwesentlicher Faktor. Komplette Kommunikations-Blackouts sind aber unwahrscheinlich, wie Experten versichern, aber die Übertragungsleistung kann sich verlangsamen. Jedenfalls wird es auch für Österreich in den nächsten Jahren wichtiger werden, in den Schutz kritischer Infrastrukturen zu investieren. Die Bedrohungslage wird sich vor allem auch bei Datenleitungen in Zukunft intensivieren.