Vetriebsoptimierung : KI im Vertrieb: So steigert ein Leondinger Start-up Ihre Absatzchancen

Quomatic.AI Lukas Stallinger Fanz Juen und Ulrich Bodenhofer
© Quomatic.AI

Über das Produkt, für das Thomas Gernbauer seit einem halben Jahr den Vertrieb managt, hätte er vor kurzer Zeit noch selbst den Kopf geschüttelt. Ungläubig, weil es als alter Hase im Geschäft legitim ist zu behaupten, Vertrieb sei vor allem eins: Gefühlsache. Und staunend, weil künstliche Intelligenz sich nunmehr auch den Weg in den Vertriebsalltag gebahnt hat. Doch seit der ausgebildete Maschinenbauer und Betriebswirt, der in seiner beruflichen Laufbahn schon in der einen oder anderen Zukunftbranche jobbte, beim Startup Quomatic.AI an Bord ist, hat sich seine Wahrnehmung merklich gedreht. Nur weil ein Verkäufer "mit Standfestigkeit" in die Verhandlungen ginge, hole er nicht immer automatisch das Optimum heraus, sagt er.

Zudem gebe es nicht nur Vertriebler, die ihre Märkte wie die Westentasche kennen würden. Ebensogut gibt es Verkaufssachbearbeiter, "denen das Gefühl für Märkte fehlt", so Gernbauer. Folglich bringt Gernbauer beim Kernprodukt des oberösterreichischen Softwareherstellers, einer Analytics-Plattform zur Vertriebs- und Angebotsoptimierung, einiges an Begeisterung auf. Vor allem für eine App derselben (Opportunity Scoring), die auf maschinelles Lernen setzt: Aus den Daten bisheriger Angebote errechnet ein KI-Algorithmus ein Vorhersagemodell für die Auftragswahrscheinlichkeit. Anders gesagt: Dieses Vorhersagemodell erlaubt es, verschiedene Angebotsszenarien wie etwa verschiedene Rabatte zu simulieren. „Das ermöglicht die gezielte Optimierung von Angeboten, entweder im Hinblick auf Deckungsbeitrag oder auf Auftragswahrscheinlichkeit“, schildert Gernbauer.

Hunderte Einflussgrößen

Mehr als 300 Parameter - von der konjunkturellen Großwetterlage bis zu Zinssätzen, Börsekursen und dem regionalen Marktumfeld - verarbeitet der Algorithmus mit Blick in die jüngere Vertriebsvergangenheit, um daraus Zukunftsszenarien abzuleiten. Auftragsdaten übernimmt die Software aus den CRM-Tools - etwa Salesforce - der Unternehmen.

Sind diese ordentlich gewartet, ist nicht mehr als ein vierstündiger Workshop und die Übergabe von Daten gemäß eines Referenzmodells erforderlich, um die KI loslegen zu lassen. Sie sieht sich aus einer Historie einen Zeitabbschnitt an, vergleicht ihn mit dem folgenden, diesen wiederum mit dem darauffolgenden, undsoweiter. "So generieren wir Erfahrungswissen", sagt Gernbauer. Selbst Preiseffekte infolge der Viruspandemie nahm die KI frühzeitig aus den Zeitreihen und historischen Daten vorweg - "so unglaublich das klingen mag", so Gernbauer.

Nähe zu Linzer KI-Pionier

Hinter dem 2017 gegründeten Unternehmen steht der erfahrene Softwareentwickler Franz Juen sowie der Deep-Learning-Spezialist und FH-Professor Ulrich Bodenhofer. Letzterer ist langjähriger Wegbegleiter des Begründer von LSTM(Long short-term memory)-Netzen Sepp Hochreiter. In diesem kreativen Umfeld wurde eine Lösung entwickelt, die "fast unglaublich ist", wie der alte Vertriebsfuchs Gernbauer es formuliert. Zu Referenzen wie dem Fensterhersteller Internorm könnten bald weitere - auch eine eines großen Prüfstandbauers - hinzukommen.

Apropos: Neue Apps könnten das Einsatzgebiet der Software der Leondinger künftig auch auf die Produktionsplanung ausweiten. "Wir müssen den bisherigen Ansatz nur konsequent weiterdenken", so Gernbauer.