Energiewirtschaft : Joe Kaeser will den Umbau bei Siemens endlich hinter sich lassen

Für Siemens-Chef Joe Kaeser soll der Umbau des Technologiekonzerns letztmals seine Spuren in der Bilanz hinterlassen. Vor allem die Sonderkosten für den Abbau von 13.000 der bisher 343.000 Stellen dürfte am kommenden Donnerstag das Übergangsjahr 2014/15 trüben. Gerade in der Verwaltung wollte Kaeser die Strukturen vereinfachen und Kosten reduzieren, um Siemens schlagkräftiger zu machen.

Bilanz diesen Donnerstag

Diesen Donnerstag legt Siemens seine Bilanz vor. Experten gehen daher davon aus, dass der Spitzenmanager sämtliche Altlasten in die Bilanz packen wird. Ab dem seit Oktober laufenden Geschäftsjahr 2015/16 will Kaeser dann die Ernte der Neuausrichtung einfahren.

Dennoch dürfte Siemens für das abgelaufene Jahr einen Milliardengewinn knapp über dem Niveau des Vorjahres ausweisen. Analysten rechnen mit einem Nettogewinn von rund 5,5 Milliarden Euro. Der Umsatz dürfte demnach auch dank der Zukäufe leicht auf knapp 76 Milliarden Euro anwachsen. Eine mindestens stabile Dividende sollte den Aktionären daher sicher sein.

Neue Probleme zeichnen sich ab

Doch Kaeser stehen nach Abschluss des Konzernumbaus bereits neue Probleme ins Haus. Zuletzt waren es harte Zeiten für global aufgestellte Lieferanten von Energietechnik und Fabrikausrüstungen. Vor allem die Investitionsscheu der Förderindustrie angesichts niedriger Ölpreise machte Siemens-Konkurrenten wie GE und ABB schwer zu schaffen.

Kaeser zeigte sich bisher unbeeindruckt. "Wir sind so ziemlich die einzigen in unserer Peer Group, die ihre Jahresprognose nicht zurück genommen haben", betonte er erst am Wochenende in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Kritik am milliardenschweren Zukauf von Dresser-Rand

Investoren blicken daher mit Spannung auf die Entwicklung der Öl- und Gastechnik, die Siemens zuletzt mit Milliardenzukäufen erweitert hatte - zu Beginn der Ölbranchenkrise. Immer wieder fragten die Experten nach, ob die Münchener nach dem 7,8 Milliarden Dollar (derzeit 7,18 Mrd. Euro) teuren Kauf des US-Spezialisten Dresser-Rand Abschreibungsbedarf haben. Kaeser wehrte sich bisher hartnäckig, die mittel- und langfristigen Wachstumsperspektiven für das Geschäft blieben intakt.

Mit Neugier verfolgen die Anleger auch weiterhin die Entwicklung der Kraftwerkssparte, die zuletzt die Flaute im Geschäft mit Gasturbinen zu spüren bekam. Dort holten die Amerikaner schwer auf und sicherten sich durch die Übernahme des Kraftwerksgeschäfts der französischen Alstom eine starke Marktstellung.

Großaufträge aus Ägypten und Bolivien

Punkten konnte Kaeser jedoch mit einem gewaltigen Kraftwerksauftrag aus Ägypten, als er der US-Konkurrenz das Geschäft vor der Nase wegschnappte. Das Problem hier: Die ägyptische Finanzierung des Deals steht bis heute nicht. Mehr dazu unter: "Gas- und Windkraftwerke: Siemens erhält aus Ägypten den größten Auftrag seiner Unternehmensgeschichte".

Zuletzt sorgte eine Meldung für Aufsehen, wonach der Münchner Technologiekonzern mit milliardenschweren Aufträgen im Energiesektor aus Bolivien rechnen darf. Dazu hätten der lateinamerikanische Staat und Siemens eine Energiekooperation vereinbart, hieß es. Mehr dazu auf INDUSTRIEMAGAZIN.at unter: "Siemens hofft auf Aufträge in Milliardenhöhe aus Bolivien".

Die Wurzeln in der Telekommunikation gekappt

Jüngst hat sich Siemens von der vorerst letzten Sorgenbeteiligung an dem Netzwerkausrüster Unify - den Urwurzeln des Münchener Traditionskonzerns in der Telekommunikationstechnik - getrennt. Das Unternehmen wurde zuerst von einer amerikanischen Finanzfirma und jetzt vom französischen IT-Dienstleister Atos aufgekauft.

Jetzt rückt bei Siemens die Medizintechnik in den Fokus. Der Konzern will die hochprofitable Sparte verselbstständigen. Der neue Segmentchef Bernd Montag legte schon mal eine eigene Zukunftsstrategie für die Medizintechnik vor und will das Angebot erweitern. Mittelfristig rechnen Analysten damit, dass sich Siemens wenigstens von einem Minderheitsanteil an dem traditionsreichen Geschäft trennt. (reuters/apa/red)