IM Money - Anlage : Investmentfonds-Renditen: Versprochen? Gebrochen!

Gerhard Burgstaller ist stinksauer. Umgerechnet 105.000 Euro hat der Manager eines steirischen Industriebetriebs im Jänner 1999 in die Nürnberger Fonds Selektion dynamisch investiert. Der Fondsprospekt und sein Anlageberater versprachen damals dynamisches Kapitalwachstum und professionelles Risikomanagement. Heute beträgt der Depotstand des Steirers gerade noch 65.500 Euro. „Ich wollte mit der Wahl eines vermögensverwaltenden Fonds, der zwischen 0 und 100 Prozent Aktien halten kann, bewusst das Markttiming den Profis überlassen. Jetzt bescherte mir dieses Produkt heuer schon wieder ein Minus von 15 Prozent. In Eigenregie hätte ich wohl kaum schlechter anlegen können“, ärgert sich Burgstaller. Tatsächlich treten die vollmundigen Versprechungen von zahlreichen Vermögensverwaltungsprodukten in der Praxis nicht annähernd ein. Fix hingegen allerdings sind teils horrende Produktkosten. Bei Gerhard Burgstaller wurden seit dem Ankauf des Fonds über 40.000 Euro (!) an größtenteils versteckten Gebühren abgezweigt. Suche nach den besten Fonds.Die Bilanz der von IM Money untersuchten 3.375 vermögensverwaltenden Fonds fällt im fünfjährigen Performancevergleich extrem ernüchternd aus. Nur knapp ein Drittel schaffte überhaupt ein positives Ergebnis, gerade einmal 6 Prozent bescherten ihren Anlegern einen Ertrag über dem Inflationsniveau. Durch die beiden in diesen Zeitraum fallenden Aktienkursabstürze von 2008 und 2011 schnitten defensiv ausgerichtete Fonds mit einem geringen Anteil an Dividendenpapieren deutlich besser ab als ihre dynamischen Pendants. Immerhin kam es bei fast 62 Prozent der konservativen Vertreter zu keinem Kursminus. Weitaus freundlicher gestaltet sich durch die Ausklammerung der unmittelbaren Folgen der Lehman-Pleite der Blick auf den dreijährigen Beobachtungszeitraum der Fondsentwicklungen. Von den 4.996 Fonds in der Datenbank des Analysehauses Morningstar lagen nur 2,4 Prozent der vermögensverwaltenden Anlagevehikel im Minus. Rund zwei Drittel lieferten Erträge über der Inflationsrate ab. IM Money machte sich ob der extrem unterschiedlichen Anlageergebnisse auf die Suche nach den besten Fonds. Weitgehend gebunden.Über 7.500 vermögensverwaltende Investmentfonds sind aktuell in der Datenbank von Morningstar gelistet und beinahe täglich schicken Banken und Kapitalanlagegesellschaften neue Vertreter ins Rennen. Primäres Unterscheidungsmerkmal dieser Veranlagungskategorie zu herkömmlichen Fonds ist die proaktive Veränderung der Gewichtung von unterschiedlichen Anlageklassen durch den Vermögensmanager. Wenn bei klassischen Fonds „Aktien“ draufsteht, bleiben auch immer Aktien drinnen. Sogar wenn der Fondsmanager mit massiven Kursverlusten rechnet, sind ihm die Hände durch seinen Anlageauftrag weitestgehend gebunden. „Wir sehen derzeit eine gewisse Zurückhaltung vieler Anleger bei Neuengagements. Jene, die derzeit investieren, greifen wegen der schwierigen und volatilen Rahmenbedingungen aber immer mehr zu vermögensverwaltenden Fonds“, sagt Alexandra Baldessarini, Leiterin Berater-Lösungen bei Volksbank Investments. Wie der Fünf-Jahres-Ertragsvergleich bei den vermögensverwaltenden Fonds zwischen defensiv und offensiv ausgerichteten Produkten eindrucksvoll aufzeigt, liegt beim Anleger die wichtige Grundsatzentscheidung über die individuelle Verlusttoleranz. „Bei einer Vermögensverwaltung sollten nur das Ertrags- und das Risikoziel definiert werden, das Anlageuniversum sollte mit bestimmten Grenzen dem Manager grundsätzlich offen stehen. In unserem Haus stehen schon ab 3.000 Euro Veranlagungsvolumen drei auf die unterschiedlichen Anlegerbedürfnisse zugeschnittene Fonds zur Auswahl“, sagt Markus Hintenberger, Leiter der Wertpapierabteilung in der VKB-Bank. Der Kernunterschied zwischen defensiven und offensiven Fonds liegt in der für den Vermögensmanager maximal zulässigen Aktienquote. Experten empfehlen grundsätzlich auch Anlegern mit geringer Risikotoleranz, bei langfristig orientierten Investitionen in der Vermögensverwaltung Aktien oder alternative Investments wie Hedgefonds nicht kategorisch auszuschließen. Eine Begrenzung der dynamischen Anlageklassen im Fonds ist für einen vorsichtigen Anleger dagegen sinnvoll. Fortsetzung auf Seite 2: Vermeintliche Chancen.

Nicht verlocken lassen sollten sich Anleger zur Zeichnung von Produkten mit Kapitalgarantie bei gleichzeitig vermeintlich hohen Ertragschancen. „Garantieprodukte verleiten Kunden, in riskante Anlageklassen zu investieren, in denen sie sonst in diesen Ausprägungen nicht präsent wären. Gleichzeitig bezahlen sie für die Garantie eine Absicherungsprämie, welche den Ertrag entscheidend mindert. Vernünftiger wäre es, von vornherein mit der Risikoausprägung, die der Kunde verträgt, gleich direkt in die richtigen Anlageklassen zu investieren“, sagt Anton Sgaga, Geschäftsführer des Kärntner Finanzdienstleisters Ecofin Invest Consult. Das unterschreibt auch Markus Kaiser, Fondsmanager und Geschäftsführer bei Veritas Investment Trust. Er ergänzt das um folgende Grundregel: „Je kürzer die Anlagedauer, desto defensiver sollte die Anlagestruktur gewählt werden.“ Zumindest eine temporäre Verlustresistenz gegen einen potenziellen Kursrückgang von rund 10 Prozent sollte auch ein Anleger mitbringen, der auf ein defensives Vermögensmanagementprodukt setzt. Da derartige Produkte schwerpunktmäßig im eher sicheren Rentenbereich investieren, sollten gerade im aktuellen Niedrigstzinsumfeld auch die Ertragserwartungen nicht allzu hoch gesteckt werden. „Unser auf mehrere Anlageklassen breit gestreuter Fonds VB Asset Navigator Protect mit Wertsicherungsstrategie erfreut sich bei unseren Kunden großer Beliebtheit“, sagt Alexandra Baldessarini. Dieser Fonds arbeitet ohne klassische Kapitalgarantie mit dem Ziel, zumindest 90 Prozent des historisch erreichten Anlagehöchststands nicht mehr zu unterschreiten. Mit einem Plus von 3,56 Prozent pro Jahr in den letzten drei Jahren konnte der Volksbank-Fonds realistische Ertragserwartungen über dem Inflationsniveau erfüllen. In der Fünf-Jahres-Betrachtung ist das Ergebnis noch leicht negativ. Oben in den Rankings.Deutlich dynamischer und erstaunlich erfolgreich schlägt sich der bereits 1989 aufgelegte Flagschifffonds des französischen Investmenthauses Carmignac. Mit einem Ertrag von 6,38 Prozent pro Jahr in den letzten fünf Jahren steht der inzwischen rund 20 Milliarden Euro verwaltende Carmignac Patrimoine ganz oben in den Fondsrankings. Gerade einmal 0,56 Prozent der vermögensverwaltenden Fonds schafften in diesem Zeitraum einen Jahresertrag von mehr als 5 Prozent. Wie schon 2008 hat das Fondsmanagement auch 2011 wieder rechtzeitig die bis zu 50 Prozent mögliche Aktienveranlagung zurückgefahren. „Wir haben aufgrund unserer negativen Einschätzung der Wirtschaftssituation in der Eurozone schon ab März 2011 eher defensiv veranlagt und mit der zunehmenden Marktvolatilität im Sommer dann unsere Aktienquote sogar auf Null reduziert“, sagt Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees von Carmignac. Ob das bei der nächsten Krise wieder so gut klappt, kann der Investmentstratege allerdings nicht versprechen: „Es gibt keine magische Formel für die richtigen Anlageentscheidungen, und man kann nicht immer Kursrückgänge verhindern.“Völlig unterschiedlich im Zugang, aber doch in der Sache einig sind sich Veritas-Fondsmanager Markus Kaiser und Universitätsprofessor Martin Weber, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft an der Universität Mannheim. „Die richtige Aufteilung der Anlageklassen entscheidet zu rund 80 Prozent über den Investitionserfolg“, so Weber und Kaiser unisono. Weber ist allerdings der Meinung, dass Markt-Timing eher Glückssache ist und nur den wenigsten Fondsmanagern nachhaltig gelingt. Mit seinem Ende 2008 aufgelegten und starr in drei Anlageklassen ausgerichteten Fonds ARERO (steht für 60 Prozent Aktien, 25 Prozent Renten und 15 Prozent Rohstoffe) tritt er mit einem Wertzuwachs von 9,71 Prozent pro Jahr in den letzten drei Jahren erfolgreich den Beweis dafür an. Nicht minder erfolgreich – insbesondere, weil 2007 vor der Finanzmarktkrise aufgelegt – agierte Markus Kaiser mit seinem ETF-Dachfonds. Er steuert die Aktienquote in seinem Fonds mittels technischer Analysesysteme zwischen 0 und 100 Prozent und bescherte trotz der Aktienmarkteinbrüche von 2008 und 2011 seinen Anlegern seit Fondsauflage einen Gewinn von über 20 Prozent. Fortsetzung auf Seite 3: Achten auf die Produktkosten.

Keine Rückschlüsse auf künftige Veranlagungserfolge lassen sich aus Ergebnissen der Vergangenheit ableiten, heißt es nicht zu Unrecht im Kleingedruckten der Fondsprospekte. Ebenfalls klein gedruckt, aber sehr wesentlich beeinflussen die Produktkosten massiv den Anlageertrag und sollten daher ein entscheidendes Selektionskriterium sein. Der Nürnberger-Fonds des enttäuschten Anlegers Gerhard Burgstaller beispielsweise zweigte zuletzt trotz grottenschlechter Veranlagungsergebnisse 3,75 Prozent pro Jahr an Verwaltungsgebühren ab. „Gesamtkosten gegen 4 Prozent sind inakzeptabel hoch“, sagt Finanzberater Anton Sgaga. Bei defensiven Fonds sollten die Gesamtkosten (TER – Total Expense Ratio, muss im Fondsprospekt ausgewiesen werden) bei knapp über 1 Prozent, bei dynamischen nicht viel höher als 1,5 Prozent liegen. Besonders bitter für den gescholtenen Burgstaller: Die Gebühren seines Nürnberger-Fonds waren in den letzten 12 Jahren höher als sein Veranlagungsminus von 39.500 Euro. Sofern man von den laufenden Gebühren her einigermaßen fair bedient wird, sind sich Experten einig, dass ein semiprofessioneller Anleger die Suche nach den richtigen Anlageklassen und deren Anpassung nicht in Eigenregie durchführen sollte. „Viele Anleger tun sich schwer, beim eigenen Geld schmerzhafte Entscheidungen wie etwa das rechtzeitige Realisieren eines Verlustes zu treffen. Ein hauptberuflicher Portfoliomanager betreibt das mit einer gewissen emotionslosen Professionalität“, sagt Markus Hinterberger, Leiter der Wertpapierabteilung der VKB Bank. Vermögensverwaltung bedeutet aber nicht zwangsläufig, in fertige Produkte der Kapitalanlagegesellschaften zu investieren. „Wir arbeiten generell nicht mit vermögensverwaltenden Fonds, sondern stellen für unsere Kunden individuell zugeschnittene Portfolios zusammen, die wir laufend anpassen. Dabei setzen wir schwerpunktmäßig auf besonders kostengünstige Exchange Traded Funds (ETF)“, sagt Finanzberater Anton Sgaga. Die schnelllebigen Kapitalmarktrends machen es definitiv zu einer Glückssache, unter den mehr als 7.500 vermögensverwaltenden Investmentfonds den besten herauszupicken. Es empfiehlt sich daher, eher den umgekehrten Weg zu gehen und aus den Anlagevorschlägen der Finanzberater die schlechten auszusortieren. Als objektives Kriterium abseits der verlockenden Produktüberschriften sollten dabei die Fondsgebühren und auch Ergebnisse der Vergangenheit herangezogen werden. Risikostreuung schadet dabei auch über die Fondsebene hinaus nicht. Größere Kapitalsummen sollten generell auf mehrere vermögensverwaltende Anlagevehikel aufgeteilt werden.