Außenhandel : Industrieverbände: "Legales Irangeschäft weiter möglich"

Die deutsche Wirtschaft hofft nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran auf Rückendeckung durch die Europäer. Führende Wirtschaftsverbände befürchten Einbußen im Handel mit dem Iran. Angesichts großer Verunsicherung appellierten der Industrieverband BDI und der DIHK an die deutsche Regierung und die EU, das europäische Iran-Geschäft zu schützen. Der Außenhandelsverband BGA warnte vor Chaos.

Abkommen hatte eine der letzten großen Volkswirtschaften für den Weltmarkt geöffnet

Deutschland ist einer der wichtigsten europäischen Handelspartner Irans. Der deutsch-iranische Handel ist allerdings überschaubar - auch wenn er nach der Lockerung der Sanktionen im Zuge des Atomabkommens 2015 zugenommen hatte. 2017 hatte er nach Angaben des BGA ein Volumen von 3,4 Mrd. Euro erreicht. Hier hatte aber der Iran nach Angaben des Verbands wegen seiner Ölexporte wesentlich mehr profitiert als deutsche Exporteure.

Präsident Donald Trump hatte den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen sowie neue Sanktionen gegen den Iran angekündigt. Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, forderte deutsche Unternehmen prompt auf, Geschäfte mit dem Iran "sofort" runterzufahren.

EU will keine Sanktionen

Die EU will die Sanktionen aber ausgesetzt lassen. Sie dürfte versuchen, die wirtschaftlichen Folgen der US-Sanktionen für den Iran zu begrenzen. Trumps Entscheidung hatte den Ölpreis in die Höhe getrieben. Der Euro blieb zunächst unter Druck, der Dollar legte zu.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte, mit der Entscheidung Trumps verdüsterten sich die Perspektiven für die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen. "Jetzt sind Bundesregierung und die EU gefragt, das europäische Iran-Geschäft zu schützen und verlorenes Vertrauen wieder herzustellen."

"Das wird das Chaos, das wir nun erwarten, nur geringfügig eingrenzen"

Nach Ansicht des Außenhandelsverbandes BGA werden deutsche Firmen, aber auch Vertragspartner "natürlich noch stärker verunsichert, als sie es bislang ohnehin schon waren". Die US-Behörden sollten möglichst schnell Hinweise zum Umgang mit der neuen Situation veröffentlichen, an denen sich Unternehmen orientieren können, forderte BGA-Präsident Holger Bingmann: "Aber auch das wird das Chaos, das wir nun erwarten, nur geringfügig eingrenzen."

"Die Unternehmen treibt die Sorge um, durch ihren Handel mit dem Iran das US-Geschäft zu verlieren", erläuterte der DIHK. "Schließlich drohen jetzt auch europäischen Unternehmen der Realwirtschaft Strafen in den USA, sollte sich zum Beispiel der iranische Geschäftspartner auf US-Sanktionslisten wiederfinden." Viele der Sanktionen träfen deutsche Firmen selbst, wenn die EU auf Sanktionen verzichteten. Es ist zudem unklar, ob die USA Altverträgen einen Bestandschutz gäben.

Jetzt Verhandlungen mit China und Russland

BDI-Präsident Dieter Kempf forderte, der EU müsse es gelingen, mit Russland und China ein deutliches Bekenntnis zu den im Atomabkommen getroffenen Vereinbarungen abzugeben. Ein Bekenntnis sei für deutsche und europäische Firmen essenziell: "Unsere Unternehmen haben sich große Hoffnungen auf die Marktöffnung durch Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gemacht". Diese Aussichten seien nun eindeutig getrübt.

Auch der Chemieverband VCI sprach sich für ein Festhalten der internationalen Partner an dem Vertrag aus. "Solange der Iran nicht gegen die Vorgaben des Abkommens verstößt, sollten alle anderen Vertragsstaaten unbedingt daran festhalten", erklärte Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann.

"Legales Irangeschäft weiter möglich"

Der Maschinenbauerverband VDMA erklärte, nun sei der Iran am Zug. "Dort muss entschieden werden, ob man das Nuklearabkommen auch unabhängig von den USA fortsetzen will - was für alle Seiten die beste Lösung wäre", sagte Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "So lange die EU ihre Sanktionen gegen den Iran nicht wieder aktiviert, ist legales Irangeschäft für die deutsche Wirtschaft weiter möglich."

Die Aufkündigung des Atomabkommens dürfte weitreichende Folgen für den Ölmarkt haben. Schon jetzt gilt das Angebot als knapp. Das liegt zum einen an einer seit Anfang 2017 geltenden Fördergrenze des Kartells OPEC. Zum anderen ist die Förderung in dem ölreichen Krisenstaat Venezuela eingebrochen. Hinzu kommt eine solide wachsende Weltwirtschaft, die für eine steigende Nachfrage sorgt.

Hauptproblem im Iran-Geschäft bleibt laut Experten die Zurückhaltung der Banken in der Finanzierung und Abwicklung von Geschäften. Europäische und deutsche Großbanken mit USA-Geschäft schreckten in der Vergangenheit vor Krediten zurück. Die Banken hierzulande hatten sich auch nach Abschluss des Atomabkommens eher vorsichtig verhalten, da damit nur ein Teil der Sanktionen gegen den Iran ausgesetzt worden war. Nach dem Abkommen und dem Ende der westlichen Sanktionen hatte die Bundesregierung Exporte deutscher Firmen in der Islamischen Republik zumindest abgesichert.

Mit dem Iran hatte sich nach dem Wegfall der Sanktionen eine der letzten großen Volkswirtschaften für den Weltmarkt geöffnet. Neben einer ausgeprägten Industrie hat das Land enorme Rohstoffvorkommen. Hinzu kommen viel junge, gut ausgebildete Fachkräfte. (dpa/apa/red)