Industrieproduktion : Industrieaufträge in Deutschland: "Zenit erreicht"

Die deutsche Wirtschaft hat schon vor der Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China an Schwung verloren. Die Unternehmen drosselten ihre Produktion im Februar so kräftig wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr, wofür Ökonomen aber eher die Grippewelle als den Zollkonflikt zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften verantwortlich machen.

Zweckpessimismus bei Analysten

Die deutsche Industrie sitzt derzeit auf dem höchsten Auftragsbestand seit Jahren. Die Reichweite lag zu Jahresbeginn bei 5,5 Monaten. Selbst wenn von heute auf morgen kein Neugeschäft mehr zustände käme, könnten die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes durchschnittlich knapp ein halbes Jahr weiter produzieren, ohne Umsatzeinbußen hinnehmen zu müssen.

"Da die Kapazitäten bereits gut ausgelastet sind, wird derzeit mehr Zeit benötigt, um Aufträge abzuarbeiten", sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. "Der Wachstumszenit ist erreicht."

Geringere Nachfrage im Inland, mehr in der Eurozone

Industrie, Bau und Versorger stellten zusammen 1,6 Prozent weniger her als im Jänner, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Freitag mitteilte. Das größte Minus seit August 2015 kommt überraschend: Ökonomen hatten ein Wachstum von 0,3 Prozent vorhergesagt, nachdem es zum Jahresauftakt ein Mini-Plus von 0,1 Prozent gegeben hatte.

"Die Industrieproduktion hat an Schwung verloren", erklärte das deutsche Wirtschaftsministerium. "Die gute Auftragslage und die positive Stimmung bei den Unternehmen sprechen aber dafür, dass die Industriekonjunktur weiter aufwärtsgerichtet bleibt." Die Wachstumsdynamik dürfte jedoch schwächer als im zurückliegenden Jahr ausfallen.

"Trotz des verhaltenen Starts in das laufende Jahr dürften die Auftragseingänge aufwärtsgerichtet bleiben", erklärte das Ministerium. "Die Weltkonjunktur befindet sich weiterhin im Aufschwung, so dass die Nachfrage nach deutschen Industriegütern hoch bleiben dürfte."

Die Auslandsnachfrage zog im Februar mit 1,4 Prozent überdurchschnittlich an. Dabei nahmen die Bestellungen aus der Eurozone um 4,5 Prozent zu, während die aus dem Rest der Welt um 0,6 Prozent schrumpften. Die Inlandsnachfrage gab sogar um 1,4 Prozent nach. "Die wesentlichen Nachfrageimpulse kommen tendenziell weiterhin aus dem Ausland, zuletzt vor allem aus dem Euro-Raum", fasste das Ministerium zusammen.

Branchenverband: "Industrie hat alle Hände voll zu tun"

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält die Flaute für verkraftbar. "Die deutsche Industrie hat derzeit noch alle Hände voll zu tun", sagte DIHK-Expertin Sophia Krietenbrink. Ob dies auch so bleibe, hänge davon ab, wie sich der Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaft USA und China entwickle. "Die Zollerhöhungen stellen nicht nur eine Gefahr für das Wachstum in den USA und China dar", warnte Krietenbrink. "Sollte sich das Wachstum in den beiden Ländern verlangsamen, könnte das mittelbar auch deutsche Unternehmen treffen." Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Unternehmen, China folgt auf Platz drei.

Effekte aus dem Handelskonflikt Washington-Peking kommen erst

Der derzeit eskalierende Handelskonflikt dürfte sich hingegen noch nicht in den Daten widerspiegeln. "Das Risiko ist aber relativ groß, dass das auf die Stimmung der Unternehmen durchschlägt", sagte Rees. "Eine ruckartige Verschlechterung der Fundamentaldaten wie Produktion und Aufträge ist dagegen nicht zu erwarten."

Der Konflikt zwischen den beiden wichtigen Handelspartnern birgt enorme Risiken. "Werden durch die Zölle weltweite Wertschöpfungsketten gekappt oder behindert, könnte sich das mittelfristig auch auf die Absatzmöglichkeiten deutscher Unternehmen auswirken", warnte Sophia Krietenbrink vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).

(red/reuters/apa)