Mega-Messe : Hannover Messe im April: Zehn Zustände des Glücks

Hannover im April - das ist eine Klasse für sich. 6.500 Unternehmen aus 75 Nationen: Die Industrie reist bekanntlich in Truppenstärke in die deutsche Kleinmetropole. Kassenknüller, Neues aus den F&E-Küchen, digitale Konzepte: Das alles wird vom ersten bis fünften April quer durch Segmente wie Robotik, Antriebstechnik, Anlagenbau und Energiesysteme erlebbar sein. Und mit dem Ende der CeBIT rücken auch die Softwarehersteller auf den Plan. Amazon Web Services, Microsoft und SAP sind gesetzt. Die HMI sei die einzige Plattform, auf der Systeme des Maschinen- und Anlagenbaus mit den digitalen Technologien von Software und IT-Unternehmen verschmelzen", fasst Jochen Köckler, Vorstandschef der Deutschen Messe, richtig zusammen. Das öffne das Herz für Neues und mache den Blick auf die industrielle Zukunft frei. Die auch die Schweden mitgestalten. Unter dem Motto "Co-Creation und Innovation" reisen sie nach Hannover. Aber welche Technologietrends werden heuer überhaupt gesetzt?

1) Künstliche Intelligenz: Die lernende Maschine

Nur zählbare Resultate sind in der Industrie Resultate. Träumen - nämlich vom Durchbruch der KI - ist aber schon auch erlaubt.

"KI kann die Industrie revolutionieren", sagt der Deutsche-Messe-Chef Jochen Köckler. "In Zukunft steuern KI-Technologien vernetzte Produktionsanlagen und verbessern die Systeme fortlaufend", glaubt er. Das könnte die Qualitätsstandards in die Höhe schrauben. "Herstellungsprozesse werden flexibler und kosteneffizienter", sagt er. Wenig entwicklerischen Leerlauf gibt es so etwa beim Machine Learning. Da gelingen Jahr für Jahr große Sprünge. Daten unterschiedlicher Quellen werden verknüpfen, Fehler vorhergesehen und Probleme behoben. Und KI schaffe Raum für neue Ideen: "Unternehmen können Produkte um digitale Services erweitern oder Geschäftsmodelle auch radikal verändern", heißt es in der Industrie.

2) 5G: Warten auf den Datenturbo

Erst 5G wird die digitale Maschine zu einem himmlischen Instrument machen.

Die Messlatte liegt hoch: Schon 2020 soll der Mobilfunkstandard 5G deutsche Produktionsbetriebe mit latenzfreier, schneller Kommunikation im Millisekundenbereich belohnen. Das nährt auch die Hoffnung auf den Durchbruch von Technologien wie dem maschinellen Lernen in der Fabrik oder dem autonomen Fahren. Die IT hat heuer eine starke Präsenz, gut so: "5G wird die Industrie in die Lage versetzen, das ganze Potenzial von Industrie 4.0 zu heben", sagt Messeboss Köckler. Wie, zeigt die Halle 16. Mit dem Netzausrüster Nokia wurde eine eigene "5G-Arena" konzipiert. In dem Testfeld sind erste Anwendungen live erlebbar.

3) Mensch + Maschine: Manifest der Skills

Verantwortungsbewusstsein, Kreativität und Führung – Attribute, die der Mensch nicht aus der Hand geben wird. Aber teilen wird müssen.

Einen psychologischen Startvorteil gibt es bei dem Thema: Es beschäftigt alle und jeden. Und so widmet sich auch die HMI der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Einen Beitrag wird hierzu ein neuer Kongress ("Future of Work in Industry") leisten. Am 3. April kommen rund 300 Experten, Vordenker und Führungskräfte der Industrie zusammen, um über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Qualifikation und Organisation der Arbeit zu diskutieren – darunter ein paar besonders spannende Protagonisten: Philosoph und Autor Richard David Precht, Siemens-Personalchefin Janina Kugel oder der "Human-Cyborg" Ralf Neuhäuser. Für die menschliche Arbeitskraft bricht der Deutsche-Messe-Chef also nicht überraschend eine Lanze: Auch mit einer KI werden wir nicht auf die menschliche Intelligenz verzichten könnten", sagt er.

4) Leichtbau: Gelebtes Bodybuilding

Hohe Hitdichte bei neuen Materialien: Werkstoffnerds kommen in Hannover auf ihre Kosten.

Hannover als Kosmos für den Leichtbau - das ist ein stimmiges Bild. Mehr als 150 Aussteller zeigen auf der HMI Lösungen. Besonders gut passen sie der Automobilbranche ins Jagdschema. Der geht es längst nicht mehr um Gewichts-, Material- und Kostenreduktion. Sie schielt nach den Paramtern Belastbarkeit, Effizienz, Design und Ressourcenverbrauch. Tugendhaft also, die HMI zum Schauplatz des ersten deutschen Leichtbau-Gipfels ("1. Lightwighting Summit") zu machen.

5) Digitale Fabrik: Substanzgewinne

Der Shopfloor als Flaniermeile des Digitalen - das klingt mal gut. Langsam wächst zusammen, was zusammengehört.

Wie aber Daten und Systeme so miteinander vernetzen, dass sie Nutzen stiften", fragt Hubertus von Monschaw, Global Director Digitale Fabrik im Deutsche-Messe-Team - und liefert gleich die Antwort mit: "IT darf nicht als Insellösung verstanden werden", sagt er mit humorvollem Unterton. Er weiß: Heuer wird die Dichte an gezeigten IoT-Lösungen stolz sein. "Durch eine Echtzeitüberwachung externer Stimmen mittels IOT oder Social Media kann eine umfassende und kundenorientierte Sicht eingenommen werden", sagt etwa Ulf Köster, Solution Director Digital Transformation Solutions bei Oracle. Wie ein solcher digitaler roter Faden aussieht, der über sämtliche internen Geschäftsbereiche und auch über externe Geschäftspartner gesponnen wird, das zeigt Halle 7. Hala Zeine, President Digital Supply Chain bei SAP, sekundiert: "Geschwindigkeit, Individualität und die Einbindung der neuen Technologien sind die Anforderungen, denen sich produzierende Unternehmen aktuell stellen müssen", so Zeine.

6) Startups: Millenials am Drücker

Um in zukunftsträchtige Nischen zu stoßen, braucht es das Jungvolk.

Obige Formel hat die Führung der HMI rechtzeitig erkannt. Mit dem Bereich Young Tech Interprises haben sowohl Gründer als auch Konzerne, Investoren oder Förderer eine Plattform für den Austausch. Aussteller und Besucher profitieren vom direkten Zugang auf junge, kreative Unternehmen. Umgekehrt haben die Startups unmittelbaren Zugriff auf mehr als 6 000 potenzielle Partner. Young Tech Interprises (zu finden in Halle 13) besteht aus Ausstellungsfläche, Forum, Matchmaking-Events und Pitches. "Das Angebot der Startups reicht von KI-basierter Software, Virtual Reality, Sensortechnologien über Logistikplattformen bis hin Energielösungen", heißt es in Hannover.

7) IOT Plattformen: Von Fortuna geküsst

Die Kunst der Enthüllung verstehen die Plattformökonomen allesamt - sie liefern aber auch.

Ob exklusive Nutzervereinigung oder tolle Features: In (und um) IoT-Plattformen wartet für viele Erkenntnisglück. Denn mit den neuen Tools lässt sich einiges anstellen: Maschinen lassen sich vernetzen, Informationen über das Internet austauschen. Eine Plattform, die wächst, ist jene von Siemens (MindSphere), eine andere die von Adamos: Kürzlich sind fünf weitere Maschinenbauer - darunter auch Oerlikon Textile und ein Verpacker - beigetreten. Die herstellerneutrale Plattform wurde speziell für den Maschinenbau und dessen Kunden entwickelt. „Wir verstehen Adamos als Community gleichgesinnter Partner, die einen dauerhaften und themenbezogenen Austausch pflegen, um neue Geschäftsmodelle im Maschinen- und Anlagenbau zu identifizieren und umzusetzen“, sagt Adamos-Geschäftsführer Marco Link.

8) Green Production: Kostenbremsen

Zu den Fundamentaldaten einer Produktion gehören auch die Energiekosten.

Energiepreise können schon einmal den Puls beschleunigen, wenn es um die Standortabsicherung am europäischen Heimmarkt geht. Die HMI nimmt sich dem Thema deshalb voll an. Ein neuer Preis (Industrial Energy Efficiency Award) hat zum Ziel, herausragende Prozesse auszuzeichnen. Im ersten Jahr werden jeweils zwei Preise in den Bereichen Industrie und Energiewirtschaft vergeben, die Preisübergabe erfolgt am 2. April. Der Marktforscher EuPD Research wurde mit der Durchführung des Awards auf Basis eines Qualitätsmodells beauftragt.

9) Cobots: Dienstbare Geister

Mittlerweile bietet der Markt für kooperative Roboter ein bemerkenswertes Gesamtbild.

Bis zu 60 Prozent Wachstum prognostizieren Branchenkenner den kollaborativen Robotern – ein Zwei-Milliarden-Markt alleine in Europa und dazu kommen mehr als drei Milliarden in den USA. Über 40 Unternehmen bieten mittlerweile Cobots am Markt an. Sogar klassische Automatisierer wie Pilz entdecken die Robotikwelt für sich. Dazu gesellen sich Igus, Franka Emika mit Voith, Bosch Rexroth und die großen Roboterbauer. Esben H. Østergaard, Gründer von Universal Robots, sieht die Zukunft seiner Produkte nicht nur mehr in der Industrie. „Konsumenten wollen und zahlen in Zukunft noch mehr für Produkte, in denen sie menschliche Fürsorge, Engagement und Kreativität erkennen können", sagt er.

10) Einfachautomatiserung: Plug & Play

Wenn die Automatisierung zum Kinderspiel wird.

Das Start-up Drag&Bot hat ein Betriebssystem für Roboter entwickelt, das sich via Drag-and-Drop- Prinzip aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzen lässt. Eine zukunftsträchtige Nische: Das System funktioniert unabhängig von der Hardware und es sind keine Programmierkenntnisse notwendig. Derzeit unterstützt Drag&Bot die aktuellen Robotermodelle von Kuka, ABB, Fanuc, Denso und Universal Robots – an weiteren Kompatibilitäten wird bereits gearbeitet. Dem VDMA war das einen Preis wert. Auf dem Maschinenbaugipfel gewann die Ausgründung aus dem Fraunhofer IPA den Start-up-Preis. Cobots ziehen auch die Jury in ihren Bann.