Außenhandel : Handelsvertrag mit EU: In Brasilien wachsen Zweifel an Mercosur

In Brasilien steigt angesichts der ablehnenden Äußerungen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Skepsis gegenüber der Umsetzung des Handelsvertrags des südamerikanischen Staatenbundes Mercosur mit der Europäischen Union. "Das waren überraschende Äußerungen, auch weil Angela Merkel immer als jemand gesehen wurde, der Brasilien helfen kann", sagt der Wirtschaftswissenschafter Daniel Sousa.

Während die Deutsch-Brasilianische Industrie- und Handelskammer (AHK) in einer Erklärung die Bedeutung des Freihandelsabkommens und die Wichtigkeit der baldigen Verabschiedung bekräftigte, hatte Merkel eine mögliche Unterzeichnung des Mercosur-Abkommens kürzlich auch angesichts der anhaltenden Abholzung des Regenwaldes als "kein gutes Signal" bezeichnet. "Statt die Annäherung zu suchen und Probleme beim Schutz des Amazonas-Gebiets einzugestehen, bleibt die brasilianische Regierung bei der Rhetorik, dass das, was über Brasilien gesagt wird, Lüge ist", sagt Sousa vom Ibmec Rio de Janeiro, einer der renommiertesten Wirtschaftsuniversitäten Lateinamerikas. Dabei würde ein Fortschreiten des Abkommens mit der EU für Lateinamerikas größte Volkswirtschaft von einer verantwortungsvollen Haltung in der Umweltpolitik abhängen.

Je größer der Druck aus dem Ausland wird, desto mehr pocht Brasilien trotz des Wunsches nach dem Abkommen allerdings auch auf seine Souveränität und Unabhängigkeit. Und desto mehr wächst die nationalistische Rhetorik der Regierung des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro. Die wirtschaftliche Nutzung Amazoniens gehört zu den Wahlversprechen Bolsonaros. "An einem Punkt wird Bolsonaro große Probleme bekommen, weil ein Teil seiner Basis die kompetitive Agrarwirtschaft ist", sagt Daniel Sousa.

Wenn die Schwierigkeit für brasilianische Unternehmen zunehme, Zugang zum europäischen Markt zu bekommen, werde der Druck steigen, das Abkommen zu ermöglichen. So schickte Bolsonaro bei den verheerenden Bränden des vergangenen Jahres etwa erst das Militär in das Amazonas-Gebiet, als führende Vertreter der Agrarlobby, die für nahezu ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts Brasiliens verantwortlich ist, vor den Folgen eines Scheiterns des Abkommen warnten.

Ein Scheitern des Abkommens hätte auch Auswirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche. "Als Vertreter der deutschen Wirtschaft verstehen wir, dass dieses historische Abkommen ein grundlegender Schritt zur wirtschaftlichen Entwicklung ist und zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt", heißt es in der Erklärung der AHK, die in Sao Paulo 800 Mitgliedsunternehmen zählt. Brasilien ist immer noch ein sehr geschlossenes Land, das hohe Importzölle verlangt und eine wenig effiziente und wettbewerbsfähige Industrie hat. "Eine weitere Möglichkeit, die brasilianische Wirtschaft zu modernisieren und neue Unternehmen anzuziehen, wäre vergeben", sagt Sousa. "Brasilien bleibt in diesem Prozess der Globalisierung zurück." (dpa/apa/red)