Chemische Industrie : Grüne: EU nimmt bei Glyphosat schon heute Rücksicht auf TTIP

Im Kontext der Verhandlungen über das umstrittene EU-US-Freihandelsabkommen TTIP sieht der Grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber die im Mai anstehende Entscheidung über eine Wiederzulassung des ebenso umstrittenen Herbizids Glyphosat. "Die EU zeigt immer wieder, dass sie bereit ist, Vorleistungen für TTIP zu erbringen", sagte er bei einer Pressekonferenz in Wien.

So sei für die TTIP-Verhandlungen in Sachen Pflanzenschutz ein transatlantisches Papier, hinter dem das "Who is Who" der Pestizidindustrie stehe und das den Namen "Proposal on US-EU Regulatory Cooperation" trägt, eine Grundlage. Dessen Kernanliegen sei laut Pirklhuber eine "Harmonisierung des Pestzidsrechts punkto Risikobewertung hin zum wissenschaftsbasierten Ansatz".

Für Pirklhuber eine "trojanische Metapher", die klar dem EU-Vorsorgeprinzip entgegengesetzt ist. Denn in der US-Gesetzgebung gelte ein Stoff solange als ungefährlich, bis seine Schädlichkeit bewiesen ist, erläuterte der Landwirtschaftssprecher: "Es ist überraschend, dass dieser Ansatz der Kern des Papers ist", so Pirkhuber weiter, und "geradezu skandalös", dass auch die EU-Kommission diese Haltung einnehme." Der Umgang der EU-Kommission mit Glyphosat zeige eine dahin gehende Rücksichtnahme, da sie "das erforderliche Verbot" verhindern wolle: "So wird bereits vor Inkrafttreten von TTIP eben dieses TTIP negativ wirksam", kritisierte Pirklhuber.

Ein weiteres Problem sah der Abgeordnete im Bereich der Rückstände von Pestiziden. Bereits Anfang März erwähnte hier der stellvertretende US-Handelsbeauftragte und TTIP-Chefverhandler, Bryant P. Trick, gegenüber den österreichischen Parlamentariern, dass ein gemeinsames transatlantisches Papier vorliegt, auf dessen Grundlage verhandelt werde. Der EU-Kommission warf Pirklhuber in diesem Fall vor, dass sie in den Verhandlungspapieren höhere Rückstandshöchstmengen vorgeschlagen habe, um diese mit den USA anzugleichen. Dabei habe die Kommission versichert, Sicherheitsstandards bei Pestiziden in Lebensmitteln nicht anzutasten.

"Selbstverständlich ist hier ein Verbot gefordert"

Pirklhuber erinnerte daran, dass US-Chefverhandler Trick auch hervorhob, dass es bei TTIP nicht darum ginge, einen transatlantischen Binnenmarkt zu schaffen, sondern dass "zwei Systeme mit eigenen Regeln" bestehen bleiben. Jedoch ortete er Wünsche der Pestizidindustrie, europäische Gesetze auszuhebeln. Es spreche einiges dafür, dass deren Lobbyinteressen "höher im Kurs stehen, als die Gesundheits- und Umweltinteressen der EU-Bevölkerung".

Bei Glyphosat und dessen Wiederzulassung stellt sich für Pirklhuber die Frage, ob hier im Sinne des Vorsichtsprinzips wegen des Krebsverdachts dieses Pflanzengifts überhaupt noch EU-Recht gelte. "Selbstverständlich ist hier ein Verbot gefordert", sagte der Politiker. Eine politische Entscheidung wird nach derzeitigem Stand am 18. und 19. Mai fallen. Frankreich, Schweden, Italien und die Niederlande hätten ein "Nein" angekündigt.

Österreich wird unter gewissen für eine Wiederzulassung stimmen. So sollte das in Österreich bestehende Verbot, das Erntegut zu behandeln (Sikkation), auch auf EU-Ebene festgelegt werden. Auch soll die Abgabe an nicht-professionelle Nutzer eingeschränkt werden. Außerdem müssten die Auswirkungen auf die Biodiversität berücksichtigt werden, fasste Agrarminister Andrä Rupprechter (ÖVP) diese Forderungen vergangene Woche zusammen. (apa)