Innovationsstrategien : Gebauer & Griller-Manager Holger Fastabend: "Innovieren umso beherzter"

Gebauer & Griller Fastabend
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INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Fastabend, sprechen wir über die Trias Innovationstempo, --intensität und Krise. Welche Herausforderungen gibt es zu meistern?

Holger Fastabend: Wie jede unternehmerische Aktivität ist natürlich auch eine Innovation stets wirtschaftlich hinsichtlich ihres Beitrags zum Unternehmenserfolg zu hinterfragen. In der Krise ist diese Analyse noch entscheidender, darf aber nicht dazu führen, dass Innovation zurückgestellt wird, sondern muss nach schärferer Selektion umso beherzter vorangetrieben werden. Neben dem Innovations- und Neuigkeitsgrad ist hier die Differenzierung zum Wettbewerb entscheidend. Zudem geht es nach wie vor natürlich um Geschwindigkeit , das heißt, es muss trotz Einschränkungen wie etwa durch reduzierte Produktionsverfügbarkeit zur Realisierung von Pilotprodukten zugunsten Innovation priorisiert werden.

Wie steht es um die großen Projekte der Autoindustrie?

Fastabend: Wesentliche Trends in der Automobilindustrie wie beispielsweise Leichtbauweise, E-Mobility, Assistiertes/Autonomes Fahren oder Connected Mobility hatten schon vor der Krise hohe Relevanz und die „technische Revolution der Automobilindustrie“ war bereits in vollem Gange. Im Gegensatz zur Krise 2009, in der die Maßnahmen der Politik auf allgemeine Umsatzstimulierung zielten, sind die aktuellen Maßnahmen unmittelbar an Nachhaltigkeitsziele und Innovationen beziehungsweise Themen wie etwa Digitalisierung geknüpft.

So werden etwa in der Regel nur Fahrzeuge gefördert, die teil- oder vollelektrische Antriebe haben. Das führt dazu, dass bestimmte technische Entwicklungsschritte weiterführend beschleunigt werden, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Das kommt dem Thema Innovation voll zu Gute, führt aber auch dazu, dass wir trotz essentiellem Fokus auf Optimierung der Liquidität, Mittel und Ressourcen für Innovation bereitstellen wollen und werden. Einzelne Innovationsvorhaben wurden deshalb in den letzten Monaten zurückgestellt, um die Geschwindigkeit für die vorrangigen Innovationsthemen zu halten oder wenn möglich noch zu erhöhen.

Wie kommen Sie ins Spiel?

Fastabend: Aktuelle Bordnetze haben drei Spannungsebenen: 12, 48 sowie 600/800 Volt. Gerade im Bereich dieser neuen, hohen Spannungen gibt es viele Herausforderungen zu meistern, auch bzgl. Gewichtsersparnis und Funktionssicherheit der Komponenten, die teilweise nur mit automatisierten Prozessen realisierbar sind. Hier setzen wir aktuell an und platzieren Zug um Zug Leichtbaulösungen in Aluminium (statt Kupfer) und schaffen damit Vorteile für unsere Kunden hinsichtlich Nachhaltigkeit (Umwelt), Kosten im Bau der Fahrzeuge, aber auch im Betrieb der Fahrzeuge (Reichweitenerhöhung).

Die Gewichtsreduzierungen können hier bei gleicher Funktionalität dabei bis zu 50 Prozent liegen, die Kostenreduzierungen fallen ebenfalls zweistellig aus. Die dabei eingesetzte Automatisierungstechnik ist investitionsintensiv und bedeutet für uns hohe Vorleistungen, ist aber unabdingbar und wird uns langfristig auch Wettbewerbsvorteile bringen. Da die Anzahl der gebauten Fahrzeuge in den nächsten 1 – 2 Jahren tendenziell rückläufig sein wird, steigt unmittelbar der Druck im Wettbewerb sich von der Konkurrenz abzuheben und sich zu differenzieren. Automatisierung ist hier ein ganz wesentlicher Baustein den wir als Erfolgsfaktor sehen.

An welchen neuen Geschäftsmodellen schraubt Ihr Unternehmen aktuell?

Fastabend: Wir setzen bei der Auslegung von Bordnetzen und Komponenten vermehrt mechanische und thermische Simulationsverfahren ein, um lange und teure Versuche und Belastungstest zu minimieren. Dieses Verfahren bringt einen klaren Vorteil für unsere eigenen Zeitbedarfe und Kosten und gleichzeitig ein mehr an Sicherheit für unsere Kunden, die sehen, dass beste Lösungen sowohl in der Simulation als auch im Langzeitversuch zu gleich guten Ergebnissen führen. Wir erreichen damit eine gute Differenzierung und noch mehr und besseres Service am Kunden.