Unternehmensfinanzierung : Factoring und Finetrading: Wie Sie jetzt Liquidität ins Lager bringen
Mit allem hat Theo Hibler, Chef des Factoringanbieters Intermarket Bank gerechnet. Aber, dass sich die Kreditkrise selbst für Factoringanbieter – die angesichts sinkender Kreditlimits über Forderungsverkauf Eigenkapital freilegen – zum Hemmschuh wird, war einigermaßen überraschend. Noch Anfang 2009 hatte der Branchenverband zweistellige Zuwachsraten prognostiziert. Diese waren aber – wie sich im Verlauf des Jahres zeigte – nicht zu halten, da die oftmals heftigen Umsatzeinbrüche der Unternehmen die Nachfrage nach Factoring bremste. Das Plus belief sich schließlich auf 5,3 Prozent – ein so schwaches Marktwachstum hatte es allerdings seit sechs Jahren nicht mehr gegeben. „Es gab eine starke Spreizung zwischen Kunden, die zugelegt haben und denen, die stark verloren haben. Das war durch Neugeschäft nicht aufholbar“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Intermarket Bank. Liquidität. Mit der sich stabilisierenden Wirtschaft könnte sich das Blatt nun aber wieder wenden. Denn wenn die Banken auf Grund der schlechten Bilanzen die Kreditlinien der Unternehmen kürzen, müssen diese sich nach ergänzenden Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Und das Factoring – also die Möglichkeit die eigenen Forderungen sofort zu Geld zu machen – hat da durchaus seinen Reiz. Rund 80 bis 90 Prozent der Forderungssumme zahlen die Anbieter innerhalb weniger Tage aus. Der Rest folgt, wenn der Schuldner die Rechnung beglichen hat. Die höhere Liquidität ist vorteilhaft, weil sie die Bilanzstruktur verbessert – und damit auch die Bonität des Unternehmens. Nicht zu verachten ist aber auch die Möglichkeit, beim weiteren Einkauf Skonti nutzen – und so einen Teil der Kosten des wieder reinholen. „Wenn die Wirtschaft wieder anspringt, besteht rascher Bedarf an freien Mitteln, um die Lager wieder aufzubauen. Und der kann durch Factoring gedeckt werden“, sagt Gerhard Ebner, Vorsitzender des Österreichischen Factoringverbandes. Insolvenzen. Unternehmen, die mit dem Forderungsankauf liebäugeln, müssen sich aber drauf einstellen, dass die Factoringbanken sehr kritisch prüfen. „Die Insolvenzentwicklung ist dieses Jahr ein wichtiges Thema bei uns“, sagt Herbert Auer, Vorstand der VB Factoring Bank, einer 100-Prozent Tochter der Volksbank AG (ÖVAG). „Beim Neugeschäft wird man daher sehr genau schauen, wer sind die Kunden unserer Kunden und wo liegen die Risiken.“ Schließlich hat die Wirtschaftskrise dazu geführt, dass selbst namhafte Unternehmen in die Pleite schlitterten. Die Factoring Banken bieten zwei verschiedene Formen des Forderungsankaufs an. Bei Factoring mit Regress – derzeit noch die meist genutzte weil preiswertere Variante – ist der Lieferant für das Inkasso und einen eventuellen Zahlungsausfall des Abnehmers selbst verantwortlich. Zunehmend beliebt ist das regresslose Factoring. Hierbei trägt der Factor das Ausfallrisiko des Abnehmers. „Bei der Elektrokette Cosmos sind wir mit einigen Kunden betroffen“, sagt Auer von der VB Factoring Bank. „Es ist aber nicht kritisch für uns, da es für das Volumen zum Teil Rückversicherungen gab.“ Auch sein Institut ist 2009 weniger stark gewachsen als in den Jahren zuvor. Das Forderungsvolumen stieg um sechs Prozent auf 977 Millionen Euro. Den Grund dafür sieht Auer auch bei den Banken, von denen die Factoringanbieter bisher einen Großteil der Kunden vermittelt bekamen. „Die Finanzkrise hat die Kreditinstitute ordentlich gebeutelt. Sie mussten Wertberichtigungen im Passivgeschäft vornehmen und konnten es sich daher nicht leisten, Aktivgeschäft an uns abzugeben“, so der Vorstand. Image.In Österreich ist das Factoring weniger stark verbreitet als in anderen europäischen Ländern. Während das hier pro Jahr angekaufte Forderungsvolumen lediglich rund zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht, ist es in Deutschland mehr als doppelt so hoch. Der Grund dafür ist rechtlicher Natur. Hierzulande dürfen die Banken noch Zessionskredite vergeben, also Darlehen gegen die Abtretung offener Forderungen gewähren. Diese Form ist auch deshalb sehr beliebt, weil der Abnehmer von dem Zessionskredit nichts erfährt. Unangenehme Fragen zu seiner Bonität muss der Lieferant aber auch beim Factoring nicht fürchten. Denn wählt er die stille Variante, überweist er wie bisher das Geld an seinen Lieferanten. Dadurch merkt dieser nicht, dass seine Rechnungen an einen Factor verkauft wurden. „Ich rechne damit, dass wir diese Vorgehensweise vermehrt sehen werden, wenn die Bonitäten wieder besser werden“, sagt Auer von der VB Factoring Bank. Wer auf eine möglichst hohe Liquidität Wert legt, fährt mit dem Forderungsankauf aber ohnehin besser. Hierbei werden rund 80 Prozent des Forderungsvolumens flüssig gemacht, beim Zessionskredit hingegen nur 40 bis 50 Prozent als Besicherung akzeptiert.
Kosten. Dafür, dass das Geld schneller ins Haus kommt, muss das Unternehmen eine Gebühr an den Factor zahlen. Deren Höhe hängt stark davon ab, welche Dienstleistungen er in Anspruch nimmt. Beschränkt sich das Unternehmen darauf, seine Rechnungen zu Geld zu machen, muss es mit einer Gebühr von im Schnitt 0,2 Prozent der Forderungssumme rechnen. Der Betrag kann sich auf bis zu 1,5 Prozent erhöhen, wenn auch das Mahnwesen und das Inkasso ausgelagert werden sollen. Hinzu kommen die Zinsen für den aushaftenden Betrag, die sich in der Regel aus einer Orientierung am 3-Monats-Euribor plus Aufschlag ergeben, sowie die in Österreich übliche aber ungeliebte Kreditvertragsgebühr von 0,8 bis 1,5 Prozent der Kreditsumme. Wenn sich Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) mit seinem jüngsten Vorstoß durchsetzt, dieses Steuer-Ungetüm bei Einführung einer Bankensteuer anzuschaffen, würde sich auch das Factoring verbilligen – und damit insbesondere für große Unternehmen an Attraktivität gewinnen, die lediglich mit Gebühren von 0,07 bis 0,09 Prozent kalkulieren. Wettbewerb.Die Raten haben sich aber ohnehin in den vergangenen Jahren zugunsten der Kunden entwickelt. Ende 2008 trat die Raiffeisen Factor Bank in den Markt ein, wodurch der Wettbewerb kräftig angeheizt wurde. „Es ist sicherlich nicht unsere Intention, Factoring über den Preis zu verkaufen“, sagt Gerhard Prenner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Factor Bank Ein Großteil der Kunden rekrutiert das Unternehmen aus der Giebelkreuz-Gruppe, den Rest über den eigenen Vertrieb. Der Erfolg ist beachtlich: Innerhalb eines Jahres konnte sich das Kreditinstitut als drittgrößter Anbieter am Markt etablieren. Möglich war das über eine Steigerung des Forderungsvolumens um 347 Prozent auf 983 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Sowohl der Marktführer Intermarket Bank als auch die zweitplatzierte Factorbank mussten in diesem Zeitraum einen Rückgang von rund neun Prozent verkraften. „Aus unserer Sicht ist das Geschäft noch durchwachsen“, sagt Intermarket-Chef Hibler, „denn wenn ich mir unsere Kundenliste anschaue, kann ich noch nicht sagen, dass in allen Branchen eine Erholung eingesetzt hat.“
Da es hierzulande allerdings noch keine Anbieter gibt, müssen österreichische Unternehmen das neue Finanzierungsprodukt über Dienstleister in Deutschland und Liechtenstein nutzen. Dieser schaltet sich beim Finetrading in die Geschäftsbeziehung zwischen Abnehmer und Lieferant ein und übernimmt die Rolle eines Zwischenhändlers. Das heißt, er kauft die Ware beim Lieferanten ein und verkauft sie unter Gewährung eines Lieferantenkredites direkt an den Kunden weiter. Der Vorteil: Weil der Finetrader den Einkauf sofort bezahlt, können die gewährten Skontos in Anspruch genommen werden. Zudem hat der Kunde durch den Lieferantenkredit bis zu vier Monate Zeit, seine Rechnungen bei seinem Dienstleister zu bezahlen. Finetrading eignet sich insbesondere für Unternehmen, die branchenbedingt kein Factoring nutzen können, wie dem Maschinenbau oder das Baugewerbe und ein jährliches Bestellvolumen von mehr als 100.000 Euro haben. Die Kosten sind allerdings erheblich. Die WCF Finetrading mit Sitz in München verrechnet ihren Kunden etwa einmalig eine Einrichtungsgebühr von einem Prozent des Limits sowie Stundungsgebühren abhängig von den Rückzahlungsmodalitäten. Für die ersten 20 Tage kassiert sie etwa das verhandelte Skonto, für jeden weiteren Monat einen Aufschlag, der zwischen 0,5 bis 1,75 liegt.