Russland : EU-Kommission leitet Verfahren gegen Gazprom ein

EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager sagte, "durch die Trennung der nationalen Gasmärkte konnte Gazprom Preise verlangen, die wir als nicht angemessen betrachten". Sie habe "Bedenken, dass Gazprom die EU-Kartellvorschriften verletzt, indem es seine beherrschende Stellung auf den EU-Gasmärkten missbraucht. Wir haben den Eindruck, dass das Unternehmen künstliche Schranken aufgestellt haben könnte, die den Erdgastransport aus bestimmten mittel- und osteuropäischen Ländern in andere verhindern und somit den grenzübergreifenden Wettbewerb behindern", so Vestager.

Sollten sich die Bedenken der Kommission bestätigen, "so müsste Gazprom die rechtlichen Konsequenzen seines Verhaltens tragen". Der russische Gaskonzern Gazprom hat zwölf Wochen Zeit für eine Stellungnahme. Vestager betonte, dass "Erdgas ein wichtiger Rohstoff im täglichen Leben" sei. "Wir verwenden es zum Heizen, Kochen und für die Stromerzeugung. Die Wahrung eines fairen Wettbewerbs auf den europäischen Gasmärkten ist daher von größter Bedeutung." Alle Unternehmen, die auf dem europäischen Markt tätig seien, "unabhängig davon, ob es sich dabei um europäische Unternehmen handelt oder nicht, müssen die EU-Vorschriften einhalten".

"Nicht politisieren"

Vestager spricht dabei von Preisunterschieden von bis zu 40 Prozent. Sie wolle zwar keine Entscheidung über Preise treffen, doch dürfe es keine unfairen Preise geben. Vestager betonte angesichts der Spannungen zwischen EU und Russland, dass sie den Fall "nicht politisieren" wolle.

Jedenfalls sei sie gerne bereit, die Verantwortlichen von Gazprom zu treffen. "Ich habe mit Interesse gelesen, dass (Gazprom-Chef Alexis, Anm.) Miller vor kurzem öffentlich erklärt hat, dass Gazprom den Wunsch hat, die europäischen Vorschriften und Regeln einzuhalten", so Vestager.

Die Kommission werde grundsätzlich nicht ins Marktgeschehen eingreifen. "Wir wollen, dass der Markt von selbst funktioniert. Es wird auch künftig Preisunterschiede geben, aber ich hoffe, wir kommen so weit, dass der Preis nicht mehr unfair ist". Gazprom behindere in acht EU-Staaten - Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und Slowakei - den Wettbewerb auf den Gasversorgungsmärkten. So zwinge Gazprom Großhändlern und einigen gewerblichen Kunden in seinen Lieferverträgen "territoriale Beschränkungen" auf. Dazu zählten Ausfuhrverbote und Klauseln, wonach das von Russland erworbene Gas in einem bestimmten Gebiet verbraucht werden müsse. Diese Maßnahme behindere aber den freien Handel mit Erdgas im Europäischen Wirtschaftsraum.

Derartige Einschränkungen könnten zu höheren Erdgaspreisen führen. Die Kommission sagte, in fünf EU-Staaten - Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Polen - werde es damit Gazprom ermöglicht, eine "unlautere Preispolitik" zu betreiben. Darüber hinaus sei es möglich, dass Gazprom seine marktbeherrschende Stellung noch dadurch ausbaue, dass es Gaslieferungen an Bulgarien und Polen an Zusagen von Großhändlern zur Gastransportinfrastruktur knüpfe.

Reaktion von Gazprom

Der russische Gasmonopolist Gazprom hat die Vorwürfe der EU-Kommission zu illegalen Geschäftspraktiken zurückgewiesen. Die Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage, teilte der Staatskonzern am Mittwoch mit. Die vorgebrachten Einwände gegen die Arbeit von Gazprom seien nur eine Stufe des laufenden Kartellverfahrens, hieß es in der Mitteilung des Unternehmens.

"Das bedeutet nicht, dass Gazprom sich der Verletzung von EU-Kartellrecht schuldig gemacht hat", betonte der Konzern. Das Unternehmen halte sich an die Gesetze jedes EU-Landes und nutze vielmehr ähnliche Preisbildungsmodelle wie andere Unternehmen auch. (apa)