Autotest : Es lebe der Sport: Asfinag-GF A. Walcher und der neue Range Rover Sport

Range Rover Alexander Walcher
© Helene Waldner

Nein, ohne Kontrolle einfach einzusteigen, das geht natürlich nicht. „Also bevor wir auf die Autobahn fahren, muss ich mir schon die Vignette ansehen“, sagt Walcher mit ernster Miene. Die tauscht der 40-Jährige einen Augenblick später gegen ein heiteres Lachen ein: „Das wäre sonst so peinlich, dass es fast schon wieder lustig wäre.“ Der gebürtige Kärntner aus Trebesing lacht gerne und vermag die Klischees von Managern in verstaubten Staatsbetrieben nicht zu erfüllen: Als er vor eineinhalb Jahren zum Geschäftsführer der Baumanagement-Tochter der Asfinag bestellt wurde, hatte er sich seine fachlichen Sporen schon verdient. An sein erstes, von ihm 1999 für die damalige Ösag geleitete Projekt erinnert sich der Kärntner heute noch genau: Es war der Bau der zweiten Röhre des Katschbergtunnels. Er war begleitet von monatelangem Bürgerprotest. „Wenn Sie in einem vollen Wirtshaus, in dem einige nicht mehr ganz nüchtern sind, das Feindbild geben, lernen Sie viel über Psychologie und Emotionalität“, sagt Walcher. Bei der Asfinag blieb er auch, wurde Leiter der Planungsabteilung und im Vorjahr Geschäftsführer der Baumanagement-Gesellschaft. Sie ist für die Planung, Errichtung und Erhaltung sämtlicher Autobahnen und Schnellstraßen des Bundes zuständig. Unter Walchers Ägide werkt ein beruflich bunter Haufen von 270 Bautechnikern, Umweltrechtlern und Raum- und Landschaftsplanern. Seine Position ist durchaus einflussreich: Jährlich vergibt die Gesellschaft Bauaufträge im Wert von einer runden Milliarde Euro. Seine und die Aufgabe seines Geschäftsführungskollegen war als Erstes, alle Bau- und Planungsaktivitäten in eben dieser Gesellschaft zusammenzuführen und die Moral der Truppe wiederherzustellen. „Die ersten Monate waren nicht leicht, aber nun haben wir die Umstrukturierung abgeschlossen“, sagt er. In Managerdiktion bedeutet das: Die Abläufe sind standardisiert, die Prozesse definiert und mittlerweile gibt es auch in der Bundesgesellschaft Mitarbeiterbefragungen, deren Ergebnis Walcher nicht in einer Schublade verschwinden lässt.

Vielfahrer. Walcher lässt nicht nur Straßen bauen, er benutzt sie auch entsprechend: Weil die Asfinag quer über ganz Österreich Standorte unterhält, legt er im Jahr mit seinem Dienstwagen rund 40.000 Kilometer zurück. Der ist ein Audi A4 und soll ein Zeichen „für den sorgsamen Umgang mit öffentlichen Geldern sein“, wie er sagt. Sein Herz schlägt freilich für andere Fahrzeuge: „Mit einem Range Rover assoziiere ich in erster Linie die Freiheit, auch einmal durch den Wald fahren zu können, wenn mir danach ist.“ Und danach ist dem erklärten Naturmenschen öfters: Als Absolvent der Försterschule in Bruck an der Mur und eines Boku-Studiums in Landschaftsplanung hat er für einen Manager eine eher exotische Ausbildung hinter sich. Würde Walcher nun in seiner Freizeit auch noch dem Waidwerk nachgehen, würden Testwagen und Fahrer ideal zusammenpassen. Das tut der Asfinag-Manager trotz Jagdprüfung nicht: „Mir fehlt hier in Wien die Zeit, das richtig auszuüben, und mit der reinen Gesellschaftsjagd kann ich mich nicht anfreunden.“

Sport statt Klassik. Der Wagen, den wir Walcher zu testen bitten, ist ein Range Rover Sport. Ihn unterscheidet vom klassischen Range Rover seiner Lordschaft nicht allzu viel: Der cw-Wert des luxurösen Allradlers erinnert den Laien an ein nur zu drei Vierteln geschlossenes Garagentor, er ist ein wenig leichter und bei der Innenausstattung wurden in Details Abstriche gemacht. So spendierten die Elektroniker dem großen Modell (Startpreis 99.900 Euro) anstelle klassischer Zeigerinstrumente einen hochauflösenden LCD-Bildschirm, der Tacho und Drehzahlmesser darstellt. Braucht man das? Wir wissen es nicht. Es bedarf überhaupt schon sehr verwöhnter Charaktere, um hier Fehlendes zu finden. „Das Interieur ist sehr aufgeräumt, das macht es sympathisch“, sagt Walcher gleich nach dem Einsteigen. Sein erster Eindruck täuscht ihn nicht: Beim aktuellen Modell reduzierten die Designer die Anzahl der Schalter um die Hälfte. „Das ist alles sehr schön ausgeführt“, sagt Walcher, und streicht über die lederbezogene Armaturenabdeckung. „Man sitzt großartig und fühlt sich auch eigentlich so.“ Dieserart wohlgebettet machen wir uns auf den Weg Richtung Hainburg. Nach der Achtzigerzone drückt Walcher das Gaspedal einmal kurz zum Anschlag durch, um dann zu bemerken: „Der geht schon ziemlich gut. Wie viel PS hat er denn?“

Der Sechszylinder-Diesel leistet tüchtige 245 PS, das reicht für ein mehr als munteres Fahrverhalten. „Die 2,5 Tonnen merkt man dem Auto überhaupt nicht an“, urteilt Walcher. An der Tankstelle ist das wohl eine Frage der Disziplin: Je begeisterter der Fahrer von der Sportlichkeit des Range Rovers ist, desto weiter entfernt sich dieser von seinem Hersteller-Durchschnittsverbrauch von 9,2 Litern. Stolz ist man in Gaydon freilich darauf, dass der neu entwickelte Selbstzünder trotz mehr Hubraum und fast einem Drittel mehr Leistung acht Prozent weniger als sein Vorgänger verbraucht. Möglich macht das ein parallel-sequenzielles Turboladersystem, bestehend aus einem großen primären und einem kleineren sekundären Turbolader. Was bei BMW „Efficent Dynamics“ heißt, nennt man bei Land Rover „e-Terrain-Technologie“ und soll eine Vielzahl an kleineren Maßnahmen zur Verbrauchssenkung beschreiben: So lädt die Batterie nur beim Bremsen, die Klimaanlagenpumpe wird ausgekuppelt, wenn keine Kühlung benötigt wird, und die Leerlaufdrehzahl des Motors abgesenkt. Was den Range Rover von anderen SUVs unterscheidet, ist die weiche Federung, die dem Wagen ein eigenes Fahrgefühl gibt. Die Dämpfung wird pro Rad 500- mal pro Sekunde überwacht und schluckt selbst fiese Bodenwellen rückstandslos, ohne jemals nachzuschwingen. Dadurch lässt der Range Rover selbst die Erfindung der Bremshuppel in der Stadt verblassen. Einzig die Automatik folgt nicht ganz dem Eindruck eines eben erst vom Stapel gelaufenen Luxusdampfers: Die Motorleistung verlockt zum Straßenraub, doch die Wandlerautomatik bleibt sittentreu. Die ZF-Entwicklung schaltet zwar seidenweich, nimmt sich dafür aber auch im Sport-Modus viel gefühlte Zeit.

„Mit diesem Auto würde man schon gerne auf Forststraßen fahren“, sagt Walcher. Das tun wir gerne und zweigen von der Bundesstraße ab, um dem edlen Briten knietiefen niederösterreichischen Gatsch näherzubringen. Das ist auch eine passende Gelegenheit, das Terrain-Response-System richtig auszutesten: Über einen Drehschalter wird der vermutete Untergrund – von Asphalt bis Wüstensand – eingestellt und die Elektronik erledigt den Rest. Sie regelt den Schlupf so fein nach, dass kein Rad durchdreht. Unser Testfahrer ist von den Offroad-Fähigkeiten des Range Rovers durchaus angetan: „Das macht schon sehr viel Spaß“, sagt er, als gerade eine wagenhohe Schlammfontäne neben dem Seitenfenster hochgeht. Mittlerweile hat sich in uns die Überzeugung breitgemacht, dass wohl auch das Befahren des nahegelegenen Ackers kein Problem sein dürfte. Darin stecken zu bleiben, wäre freilich so peinlich, dass es gar nicht mehr lustig wäre. (fz)

Der Range Rover Sport TDV6 HSE: Den fünftürigen Geländewagen treibt ein 3-Liter-Sechszylinder mit 254 PS und 600 Nm Drehmoment über eine 6-Gang-Automatik an. Im Schnitt verbraucht der Range Rover 9,2 Liter bei 243 g/km CO2-Emissionen. Der Grundpreis beträgt 77.500 Euro, der Preis des Testfahrzeuges lag mit Extras wie Abstandstempomat oder elektrischem Schiebedach bei 90.291 Euro.