Felsners Faktencheck : Erich Foglar im Münchhausen-Test

Felsners Faktencheck
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Lieber Herr Foglar,

mit großem Interesse habe ich in den letzten Tagen das politische Rittern um die Namensgebung für das plötzlich aufgeklaffte Loch im Budget verfolgt. Während die neue alte Regierung ihren Kreativwettbewerb zur Benennung abhielt und offenbar nebenbei auch etwas Zeit für die Erhebung des voraussichtlichen Fehlbetrags aufwendete, sprach die Opposition bereits von einem „Vorwahlvertuschungsloch“.

Keinesfalls sei das Problem vor der Wahl bekannt gewesen, entgegnete die Regierung (Überraschungsloch). Landeshauptmann Pühringer räumte daraufhin gewisse Irritationen in der Kommunikation und einen Fehlbetrag von rund 24 Milliarden Euro ein. Wie man diesen Umstand nun genau benennen sollte, konnte Pühringer nicht sagen (Loch ohne Namen). Jedenfalls sei es kein Budgetloch, das sollte man daher weder so in den Mund nehmen und schon gar nicht niederschreiben (Zensurloch). Ihr Parteigenosse Häupl leugnet den Fehlbetrag gänzlich (Phantomloch).

Und Sie, lieber Herr Foglar, hoffen auf eine Prognosewende zum Guten und sprechen nur von einem – offensichtlich von pessimistischen Wirtschaftsforschern herbeigerechneten – Erwartungsloch. Vielen Dank für diesen konstruktiven Beitrag, damit haben Sie einmal mehr die Wirtschaftskompetenz und den Weitblick Ihrer Organisation unterstrichen.

Wenngleich Sie auch eine pragmatische Lösung für das Budgetproblem aufgezeigt haben. Es geht nicht um Fakten, sondern um Erwartungen. Herr Pühringer erklärte diese Woche voller Stolz, es gäbe 2013 kein Budgetloch. Man würde sogar heuer besser wirtschaften als geplant. Klingt gut, ist aber eine Frage der Erwartungshaltung. Budgetiert und erwartet wurde ein Defizit von über 6 Milliarden Euro. Wenn es jetzt ein paar Millionen weniger werden, ist die Frage, ob ein Milliardendefizit grundsätzlich ein sehr erfreuliches Ergebnis ist.

Anstatt künftig zu sparen oder Steuern zu erhöhen, könnten also auch einfach die Defiziterwartungen erhöht werden. Sie könnten weiter Geld auf Pump für Ihre Mitglieder fordern, und am Ende des Jahres freuen wir uns alle, dass wir nur 14,5 statt erwarteter 15 Milliarden Defizit angehäuft haben.

Bleiben wir bei Fehlbeträgen und wechseln wir zu einem anderen Ihrer Kernthemen, den sicheren Pensionen. Folgendes Praxisbeispiel dazu: Ein 38-jähriger Mann verdient derzeit EUR 1.777,- netto monatlich. Gesetzlicher Rentenanspruch nach 42,4 Beitragsjahren mit dem 62. Lebensjahr: EUR 1.261,- netto monatlich. Die Finanzbranche würde den Differenzbetrag als Pensionslücke mit EUR 516,- bezeichnen. Auch hier stellt sich die Frage, ob es nicht nur eine Erwartungslücke ist. Schließlich könnten bis zum Pensionsantritt in 24 Jahren die Pensionsreformen der Jahre 2003, 2005 und 2012 wieder rückgängig gemacht werden. Plötzlich würde dieser Mann eine Nettopension in Höhe von EUR 1.651,- monatlich erhalten. Und wenn dann auch noch die Fixkosten wie Miete, Treibstoff oder Lebensmittelpreise stark nach unten drehen hätte sich dieser Mann seine potenzielle Lücke komplett „wegerwartet“.

Lieber Herr Foglar, wie die nun gescheiterten Verhandlungen nach 35 Runden zum Lehrerdienstrecht zeigen, können sich selbst auch noch so ambitionierte Erwartungen letztendlich in Luft auflösen. Jedem produktiv erwerbstätigen Menschen ist es übrigens schwer begreiflich, wie man 35 Runden ohne zählbares Ergebnis verhandeln kann, ohne dabei ein riesiges Zeitbudgetloch in seinen Arbeitsalltag zu reißen.

Ronald Felsner ist Geschäftsführer der 4 sales development KG, Lehrbeauftragter an der Donauuniversität Krems und Trainer für die Finanzbranche mit Schwerpunkt gesetzliche Sozialversicherung.

www.sales-development.at