Reportage : Ein Mann sieht rot - Produktionshalle in Feng Shui-Farben
Wohin man auch schaute – blau. Das Briefpapier, die Firmenfahne, das Logo – alles war beim Traunkirchener Maschinenbauer Ton in Ton. „Bis meine Frau und ich feststellten: Eigentlich bin ich eher der gelb-rote Typ – wegen dem Element Erde“. Adolf Schacherleitner erzählt drauf los – und hält abrupt inne. Er muss schmunzeln. Der Sema-Chef hat es eigentlich nicht so mit der chinesischen Naturphilosophie. „Meine Frau schon eher“, sagt er. Und so fand in der Fertigung der Oberröstereicher vor einigen Jahren die Farbe rot deutlich Einzug. In der Symbolik des Feng-Shui steht sie für Kraft, Wärme – und gutes Gelingen. Sie soll den Erfolg förmlich anziehen, was in der Produktion von Rundtaktmaschinen nie schaden kann. Doch man kann es auch übertreiben. Wegen anhaltend guter Auftragslage produzierte der Maschinenbaubetrieb zuletzt „schon auf den Gängen“ (Schacherleitner). Deshalb gab es für den Ausbau des Werks heuer endlich grünes Licht – und eine Sondermission: Die Traunkirchener wollen erneut die Energien von Wind (Feng) und Wasser (Shui) anzapfen. Auf 3000 Quadratmetern verpasste man seiner im Juli bezogenen neuen Montagehalle „ein ganzheitliches Feng-Shui-Farbkonzept“, so Schacherleitner. Nicht ganz ohne Hintersinn: Der Betrieb fährt eine Wachstumsstrategie, will bis 2013 seinen Umsatz in der Gruppe verdoppeln. Und so mobilisiert der Maschinenbauer alle Kräfte. Schacherleitner: „In einer hellen, freundlichen Halle ist man einfacher motivierter am Werk“. Lustvolles Arbeiten.Von einer düsteren Stube ist die Sema-Montagehalle nun weit entfernt. Feng-Shui-Experte Albert Karl Wirth, bei dem die Oberösterreicher schon einige Vorträge buchten, setzte das Konzept im Werk mit westlichen Stilmitteln um. Als ihm die Pläne vorgelegt wurden, war Schacherleitner zuerst baff. „Eine acht Meter hohe Halle bunt ausmalen: Darauf muss man einmal kommen“, dachte er sich. Doch jetzt, nachdem 300 Liter Farbe an den Wänden sind, ist er rundweg begeistert.Für ein „dynamisches, harmonisches Arbeitsumfeld“ würden die stimmigen Farbabschnitte sorgen. In der Mitte des Gebäudes ist am Boden ein riesiger gelber Punkt mit fast vier Meter Durchmesser aufgemalt – der Energieausgleich. „Das Gebäude steht leicht schräg“, erklärt Schacherleitner. Auch die Hallenkrane leuchten in gelber Farbe – sie sind laut Feng-Shui-Lehre damit für die Ewigkeit gebaut. Mehrere Dutzend Rundtakt-, Entgrat- oder Endbearbeitungsmaschinen wollen die Oberösterreicher in dem Ambiente nun jährlich zusammenbauen. „Zuerst hielten sie mich ja für verrückt“, so Schacherleitner. Doch heute finden die Mitarbeiter die Entscheidung des Chefs – und auch den fernöstlichen Touch – gut: „Man kommt gern in die Arbeit“, lacht ein Monteur. Mittel gegen schwierige Kunden.Zuletzt zogen die Oberösterreicher auch ein neues Bürogebäude hoch. Die Schreibtische wurden gemäß Feng-Shui richtig gesetzt. Das Chefbüro – es wurde knallrot ausgemalt – liegt wieder im hinteren Gebäudeteil. „Früher wollte ich im Empfangsbereich alles überblicken“, lacht Schacherleitner. Nun kann er loslassen – und erhofft sich in der Montage einerseits motiviertere Leute und eine positive Gruppendynamik. Ziel sei aber auch ein bessere Identifikation mit dem Betrieb. Schacherleitner rechnet sogar mit etwas besseren Durchlaufzeiten dank der „schön gestalteten Arbeitsplätze“. Die Daumenschrauben will er seiner Truppe aber nicht ansetzen: „Ich laufe nicht mit der Stoppuhr durchs Werk“, betont er.Viel wahrscheinlicher: Dass der Sema-Chef neuerlich seinen Feng-Shui-Spezialisten antreten lässt. Denn in der alten Halle ist weiterhin die Fertigung untergebracht – und die energetische Situation ist dort schlechter, fand Karl Wirth auf einem seiner Rutengänge heraus (nur 12.000 Bovis-Einheiten!). Kein Wunder, dass das Fertigungspersonal begehrliche Blicke in die farbenfrohe Montage wirft. Und so will Schacherleitner rasch handeln: „Im nächsten Jahr bekommt die Fertigung ein freundlicheres, farbenfrohes Gesicht “, verspricht er. Wenn es das Glück anzieht, nur gut. Daniel Pohselt