Energiewende : E-Control: Reine Ökostromversorgung 2030 wird sehr schwer

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© Peter Martens

E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer sieht es als eine "Mammutaufgabe" an, in Österreich bis 2030 die gesamte Stromversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen, bilanziell über ein Jahr gerechnet. Dazu müsse viel investiert, aber auch die Bevölkerung mitgenommen werden, damit sie die Vorteile von PV-Anlagen am eigenen Hausdach erkennt sowie Windräder und neue Wasserkraftwerke toleriert.

"Es soll mit wenig Aufwand möglichst viel ausgebaut werden", skizzierte Eigenbauer vor Journalisten die Linie der Energieregulierungsbehörde. Positiv wäre etwa, wenn man bei den benötigten Fördergeldern von einem stabilen Volumen bis 2030 ausgehen könnte - obwohl nochmals so viel erneuerbare Stromerzeugung hinzukommen soll wie es derzeit gibt.

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Die Eckdaten zum geplanten Ausbau

Zu den jetzigen 10,5 Terawattstunden (TWh) Strom aus Erneuerbaren sollen bis 2030 etwa 30 TWh dazukommen, um für einen Stromverbrauch von 88 TWh gewappnet zu sein, wie ihn die E-Wirtschaft erwartet. Ihrer Rechnung nach bezieht sich die 100-Prozent-Quote auf 81 TWh, da 7 TWh an Ausgleichs- und Regelenergie abgezogen werden könnten. Vom zusätzlichen Volumen an Erneuerbaren-Erzeugung entfallen laut Eigenbauer je 12 TWh auf Windkraft und PV, 6 TWh auf Wasserkraft. Dabei seien Wind und PV als nicht brennstoffabhängige Technologie wie Biomasse "die eigentlichen Frontrunner", die auch künftig "die Nase vorn" haben würden, weil sie es am ehesten schaffen, auch außerhalb von Förderung am Markt zu agieren.

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"Wir sehen nicht, wie wir Beschleunigung von Eins auf Drei schaffen"

Das von der Regierung aus Klimaschutzgründen fixierte 100-Prozent-Ziel werde von der E-Control unterstützt, das Erreichen sei aber "kein Selbstläufer", warnte Eigenbauer. Es fehle Dynamik, "wir sehen noch nicht, wie wir die Beschleunigung von Eins auf Drei schaffen", nämlich die dreifache Erneuerbaren-Kapazität nochmals neu zu errichten. Es müsse eine "Goldgräberstimmung" entstehen, aber auch die "Leistbarkeit" für die Stromkunden erhalten bleiben.

Den Geldrahmen von aktuell jährlich 1,1 Mrd. Euro brutto (inkl. Marktpreis) für die Förderung von Anlagen sieht der E-Control-Vorstandsdirektor als eine "gute Startbasis" für eine Akzeptanz der Bevölkerung. Auch die E-Wirtschaft selbst hatte gemeint, man könne trotz forcierten Ausbaus bis 2030 mit unverändertem Volumen auskommen. Das künftige Fördersystem sei so verlässlich zu konzipieren, dass auch Banken Anlagenbauern Kredite dafür geben, so Eigenbauer. Die konkrete Ausgestaltung obliegt der Regierung, sie will noch heuer das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorlegen.

Eine Milliarde Euro als "Rahmen"

Die Bevölkerung müsse bei den Standorten und den Genehmigungsverfahren "mitgehen, sonst wird es schwierig", meinte Eigenbauer. Ein Drittel des Ausbaus solle ja bei der Bevölkerung geschehen in Form neuer Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern. Große Firmen hätten schon den wirtschaftlichen Nutzen einer Eigenerzeugung mit PV-Anlagen auf ihren Firmengebäuden entdeckt, die Privathaushalte noch nicht, sagt die E-Control. Dazu: Großer Schritt für Salzburger 380-KV-Leitung - Berufung weiter möglich >>

Ökostrom-Abteilungsleiter Harald Proidl verwies zudem auf die wichtige Rolle, die "Erneuerbaren-Energiegemeinschaften" künftig haben sollen; dabei soll es Bürgern und auch Betrieben ermöglicht werden, Strom (sowie Wärme) günstig untereinander zu verteilen - "ökonomisch beanreizt" durch Förderung und mit Netzgebühr-Erleichterungen, so Proidl. Ziel von "local energy communities" sei es, die PV-Spitze soweit wie möglich vom Netz fern und im Eigenverbrauch zu halten, so Eigenbauer.

PV gehört aufs Dach - nicht auf die Wiese

Jedenfalls sollte die Photovoltaik "gebäudegebunden" bleiben und nicht zusätzliche Freiflächen in Anspruch nehmen, wünscht sich Eigenbauer. Um nicht in Nutzungskonflikte hineinzulaufen, sollten Freiflächen eher Windrädern vorbehalten sein, für die man ohnedies neue, zusätzliche Standorte benötigen werde. Denn von einem reinen "Repowering" ausgeförderter Anlagen, die dann erst recht wieder neu in eine Förderung hineinfallen, hält Eigenbauer nicht viel. Besser wäre es, wenn Windkraftwerke, deren Förderung ausgelaufen sei, sich dem Markt stellen und weiter Strom produzieren. Ein Abbau ausgeförderter Windräder und der Ersatz durch neue, wenn auch größere Anlagen sollte nicht forciert werden.

Die geplanten Anlagenausschreibungen könnten technologiespezifisch oder auch technologieübergreifend erfolgen, sagte Proidl. Orientieren könne man sich an ausländischen Beispielen, wie es sie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien oder den Niederlanden gebe. Dabei zeige sich, dass durchaus Zuschläge unter Marktpreisen erfolgen, es also sogar noch eine geringe Marktprämie gebe, die Anlagenbetreiber darüber hinaus lukrieren könnten. Gerade bei Windkraft und PV habe man da im Sinne der Konsumenten Erfolge erzielt, weil Zuschläge unter Cap (Deckelung) bzw. unter fairen Werten erfolgt seien. Die zentrale Frage bei Ausschreibungen brachte Eigenbauer so auf den Punkt: "Wer macht es zum günstigsten Preis?"

Das Problem Biomasse

Für brennstoffabhängige Biomasseanlagen stellt sich laut Eigenbauer die Frage, ob sie in der Stromerzeugung bleiben oder rein in die Wärmeproduktion gehen. Bei Biomasse könnten über 90-prozentige Wirkungsgrade bei Wärme erreicht werden, bei Strom seien es aber nur 30 Prozent. Ebenso könne eine Gasverstromung in einer Biomasse-Anlage als "suboptimal" angesehen werden, wenn sie es auf nur 25 bis 30 Prozent Wirkungsgrad bringe; im Gasnetz könnte eine derartige Anlage viel besser eingesetzt werden. (apa/red)