3D-Druck : Drei Branchen, die der 3D-Druck verändert

Am friesischen Jadebusen schrieb der kalkulierte Zufall schon mehrmals Geschichte. Die "Schmiede im Wald", wie das einstige Motorenwerk in der Küstenstadt Varel liebevoll genannt wurde, mutierte zum Hightech-standort. Jetzt, ein Dreivierteljahrhundert nach seiner Gründung, sorgt der Standort abermals für Schlagzeilen: Der Airbus-Konzern will doppelwandige Benzinrohre hier mittels 3D-Druck aus Titan von seiner Tochter PAG erzeugen lassen – produktionstechnologisch ein "Meilenstein", gibt Airbus-Manager Peter Sander bei aller gebotenen sachlichen Nüchternheit zu Protokoll. Das Gewicht der Teile sinkt dadurch spürbar. Und die Friesländer konnten schon immer gut rechnen: Die Kosten pro Teil reduzieren sich durch diesen Schritt um 50 Prozent – denn bisher bezog Airbus die Teile aus Guss von Zulieferern.

Mehrwert-Bringer

Airbus, Infineon, Volkswagen: Nicht die schlechtesten Adressen machen jetzt vor, wie 3D-Druck-Technologien im konventionellen Produktionsumfeld Fuß fassen können. Mittels sogenannter "added Values", etwa Leichtbaustrukturen in der Flugzeugindustrie, interne Kühlkanäle oder Hinterschnitte, können Unternehmen selbst in der Großserienfertigung schon die Kosten-Nutzen-Relation nach ihren Vorstellungen verschieben. Sofern eine Generation von Konstrukteuren am Ruder ist, "die Stärken bei der numerischen Optimierung mitbringt", wie es Alexander Broos, Leiter Forschung & Technik beim Verband Deutscher Werzeugmaschinenfabriken VDW, ausdrückt. Beim Autobauer VW sind die ersten mit der Zukunftstechnologie hergestellten Produktionswerkzeuge am Standort Wolfsburg bereits in den Serieneinsatz gegangen. Die Deutschen sehen sich in einer Leitrolle. Der 3D-Drucker fertigt aus Metallpulver mit Hilfe eines Laserstrahls Prototypenteile, Montagehilfsmittel wie Motorhaubenentriegelungen oder Segmente für Werkzeuge mit integrierten Funktionen. "Die Drucker reduzieren die Anfertigungszeit und den Materialverbrauch erheblich", beobachtet der Leiter des Wolfsburger Werkzeugbaus, Gerd Rupp. Nicht nur das. Der Drucker lässt Entwicklerträume wahr werden: Die Anfertigung komplexer Bauteile, die im herkömmlichen Werkzeugbau jahrzehntelang als unmöglich galten. Dass VW mit der digitalen Technik auch bezahlbare Sonderanfertigungen von Einzelteilen für Autokäufer andenkt, ist nur konsequent.

"Läuterung"

"3D-Druck hat viele Unternehmen auf den Plan gerufen", beobachtet Hannes Hämmerle, Geschäftsführer des Prototypen-und Modellbauers 1zu1. Der Maschinenpark der Dornbirner ist mächtig, acht Sinteranlagen stehen bereit. Er bezeichnet die aktuelle Lernphase der Betriebe als "Läuterungsprozess": Man erkennt, was additive Verfahren alles zu leisten vermögen – und stößt sich mitunter noch an den nötigen Ausgaben: "Ohne Investitionsbereitschaft wird es Unternehmen nicht gelingen, die Prozesse zu erlernen", sagt Hämmerle. Im Segment Prototypenbau sei der Markt "schon recht satt", sagt Hämmerle. Mitgrund: Billigdrucker haben in Konstruktionsbüros Einzug gefunden. Trotzdem erzielt 1zu1 hier jährliche Steigerungsraten im einstelligen Prozentbereich. Am stärksten wächst das Segment Werkzeugbau (Rapid Tooling) – der Hoffnungsmarkt schlechthin bleibt aber weiterhin die additive Fertigung mitsamt ihren komplexen Prozessen. "Hier entwickeln wir uns auch zum Workshopanbieter, der Firmen das Prozess-Know-how näherbringt", sagt Hämmerle.

Hybridisierung

Auch im Maschinbenbau greift der 3D-Druck Raum. Immer mehr Hersteller, darunter Matzak, Matsuura, Sauer und Wfl, positionieren sich mit Hybridmaschinen, die konventionelle Mechaniken mit Laserprozessen kombinieren: Überall dort, wo wie in der Ölfeldindustrie extremer Materialverschleiß eine Prozessgegebenheit ist, könnte den Kombimaschinen die Zukunft gehören. "Die hochwertige Abriebkante einer Bohrschnecke wird einfach auf günstigeres Grundmaterial aufgeschweißt", heißt es bei einem Hybridmaschinenanbieter. Entwicklerisch ist freilich noch nicht der Zenit erreicht. Die für 3D-Druck geeignete Materialien stärker und haltbarer zu machen, bleibt weiterhin ein Ziel. Ebenso wie der Materialmix. Für nicht wenige Entwickler immer noch traumabehaftet: Der Mix von Plastik und Metall.

Drei Kernbranchen, in denen 3D-Druck boomt

Stahl: Noch heuer soll am Areal Böhler in Düsseldorf ein Entwicklungs- und Testcenter für Metal Additive Manufacturing entstehen. Das Projekt aus der Steel Division ist eine Kooperation von Voestalpine Edelstahl, Böhler Edelstahl und Uddeholm. Im Fokus: unter anderem die Automobil- und Luftfahrtindustrie. Im Werk Kapfenberg soll künftig auch Metallpulver für 3D-Druck-Anwendungen entwickelt und produziert werden.

Halbleiter: Wieweit die 3D-Druck-Aktivitäten beim Villacher Halbleiterhersteller Infineon gediehen sind, will man nicht an die große Glocke hängen. Fakt ist: In der Halbleiterei sind Vervielfältigungsverfahren – Stichwort gedruckte Elektronik – ein Hoffnungsfeld.

Maschinenbau: Der Hochleistungs-3D-Drucker des Linzer Maschinenbauers Wfl ist das österreichische Aushängeschild im anziehenden Hybridmaschinensegment. Ein integrierter Zehn-Kilowatt-Hochleistungslaser ermöglicht industriell verwertbare Materialaufschmelzungen und präzise Härtungen für verschleißbedrohte Oberflächen. Dank NC-Achsen ist nahezu jegliche geometrische Form möglich – auch komplexe Kühlkanäle.