Anlagenbau : Die Pleite des Kärntner Anlagenbauers Kresta - und die Rolle von Andritz

Diesen Sommer Ende Juli hat der Kärntner Anlagenbauer Kresta Insolvenz angemeldet. Die Nachricht hat in der heimischen Industrie so einige Wellen geschlagen - schließlich konnte sich das Unternehmen seit seiner Gründung genau 30 Jahre lang und mit einigem Erfolg am Markt behaupten. Auch auf INDUSTRIEMAGAZIN.at gab es überdurchschnittlich viele Zugriffe auf die entsprechenden Meldungen zum Thema. Jetzt zeichnet sich ab, welche Entwicklungen zu dieser Pleite geführt haben. Und auch, dass dabei offenbar der Grazer Technologiekonzern Andritz eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Bei Kresta waren von dem Sanierungsverfahren 237 Mitarbeiter betroffen. Ein Rechtsstreit mit einem Großkunden sei der Auslöser der Pleite gewesen, hieß es beim Kärntner Anlagenbauer von Anfang an. In diesem Streit ging es demnach um Forderungen in Höhe von 38,5 Millionen Euro. "Nachdem wir uns in den letzten Monaten nicht einigen konnten, bleibt uns in dieser Angelegenheit nur die Möglichkeit eines internationalen Schiedsgerichtsverfahrens", sagte dazu im Sommer Geschäftsführer Franz Kreuzer.
Dazu kam offenbar ein Liquiditätsengpass bei einem konzernverbundenen Unternehmen. Dadurch sei eine Konzernhaftung für die Kresta schlagend geworden, so Kreuzer. Die Firma sei daher nicht in der Lage, den Liquiditätsbedarf der kommenden Monate zu erfüllen. Die rechtliche Auseinandersetzung werde mehrere Monate dauern.
Kresta macht als K Industries weiter
Im August folgte dann ein Aufatmen - zumindest bei einem Teil der Belegschaft: Franz Kreuzer gründete das Unternehmen K Industries neu und übernahm von Kresta 135 Mitarbeiter.
Heute stehen bei K Industries 68 Aufträge in den Büchern. Viele davon seien eigens nach der Neugründung hereingekommen, heißt es beim Anlagenbauer. Im Unternehmen versteht man das ausdrücklich als Unterstützung der eigenen Kunden und Zulieferer in einer schweren Zeit.
Schwere Vorwürfe gegenüber dem eigenen Großkunden
Während also im Betrieb des Kärntner Anlagenbauers allmählich wieder Normalität einkehrt, geht es eine Ebene darüber umso stürmischer zu. Denn der Streit, der zu der Pleite geführt hat, ist keineswegs ausgestanden, wie die "Presse" kürzlich berichtet hat.
Offenbar steht auf der anderen Seite des Streits der Grazer Technologiekonzern Andritz. Und die Vorwürfe, die der Kärntner Anlagenbauer gegenüber seinem steirischen Großkunden macht, wiegen schwer.
Eine Anfrage zu dieser Angelegenheit von INDUSTRIEMAGAZIN.at an Andritz blieb bis zur Stunde unbeantwortet. Bei K Industries jedenfalls wird die zentrale Aussage des Zeitungsberichts bestätigt: Andritz sei maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass Kresta habe Insolvenz anmelden müssen.
"Andritz hat fertige und mit Abnahmeprotokoll erbrachte Leistungen bis heute nicht bezahlt", heißt es bei K Industries. Und dann kommt ein Vorwurf, der nach einer drei Jahrzehnte dauernden Zusammenarbeit einen besonderen Beiklang hat: "Das Verhalten von Andritz hat nichts mit Unternehmensethik zu tun."
Zwei Projekte in Südamerika als Kern des Streits
Der Streit nahm bei einem Großprojekt in Südamerika seinen Anfang. In Uruguay wurde Andritz als Generalunternehmer mit dem Bau eines Zellstoffwerks beauftragt und reichte einen Teil der Arbeiten an Kresta weiter. 750 Millionen Euro betrug das Gesamtvolumen des Auftrags, doch in der Umsetzung gab es massive Probleme. Wie ein Insider berichtet, hätten Arbeiter vor Ort mehrmals die Arbeit niedergelegt, die Planung sei mangelhaft gewesen, ganze drei Mal habe Andritz die Projektorganisation austauschen müssen. Und bei den Kärntnern heißt es, Kresta sei auf einem Großteil seiner Forderungen gegenüber Andritz sitzen geblieben.
Als eine Art Entgegenkommen habe Andritz daraufhin Kresta angeboten, beim Bau eines Kraftwerks in Chile dabei zu sein. Aber auch dort sei die Umsetzung alles andere als glatt verlaufen, so der Insider weiter: Es habe bei beiden Projekten an die 770 "Stör-Events" gegeben. Umgerechnet seien das zwei pro Tag. "Das ist eines internationalen Anlagenbauers nicht würdig."
Offene Forderungen in Höhe von 38,5 Millionen Euro
Unter dem Strich bieb Kresta auf Forderungen in Höhe von 30 Millionen Euro für das Projekt in Chile sowie auf 8,5 Millionen Euro für das Projekt in Uruguay sitzen.
Daraufhin hat Andritz eine Bankgarantie in Höhe von neun Millionen Euro gezogen, wie die "Presse" berichtet - mit der Begründung, dass man sonst keine Möglichkeit sehe, die von Andritz an Kresta gestellten Forderungen bezahlt zu bekommen. Dabei argumentiert Andritz mit dem Hinweis, dass man durchaus selbst Gegenforderungen an Kresta habe, weil Andritz Leistungen der Lieferanten von Kresta vorfinanziert habe und dann die Liquidität seines Zulieferers gefährdet gesehen habe.
Beim Kärntner Anlagenbauer will man dieses Argument gegenüber INDUSTRIEMAGAZIN.at nicht gelten lassen: "Die Gegenforderungen, die Andritz hier zitiert, sind Zettel ohne Grundlage." Auch von einer Zahlungsunfähigkeit sei man weit entfernt gewesen, heißt es bei Kresta: Das Unternehmen habe inklusive der Forderungen an Andritz über 110 Millionen Euro an Aktiva gehabt, was zusammen mit den damaligen Passiva eine Verschuldung von 0,9 Millionen Euro ergebe. "Bei einer solchen Quote ist die Behauptung, Kresta sei überschuldet, völlig falsch." Auf jeden Fall war dieser Schritt der entscheidende Auslöser dafür, dass Kresta Insolvenz angemeldet hat.
Neue Firma übernimmt die Anteile in Südamerika
Doch der Streit ist damit noch nicht zu Ende. Anfang Oktober bekam Andritz am Landesgericht Klagenfurt die Genehmigung für die Gründung einer neuen Firma namens Newco. Diese Firma soll aus der Insolvenzmasse von Kresta um den Preis von einer Million Euro sämtliche Anteile an den Kresta-Tochtergesellschaften in Chile und Uruguay abkaufen.
Ein Insider erklärt die Idee dahinter: "Hier übernimmt also eine Briefkastenfirma Schiedsanklagen und Forderungen von Kresta in Höhe von 38,5 Millionen Euro um den Preis von einer Million Euro. Andritz ist so mit einem Schritt 37,5 Millionen Euro an Forderungen los. Und kann das direkt in seinen Bilanzen verbuchen."
Bei K Industries, dem Nachfolgeunternehmen von Kresta, ist man heute auf den langjährigen Großkunden jedenfalls nicht gut zu sprechen: "Unsere Leute haben viel geleistet, auch bei den Projekten in Südamerika. Aber dann hat man uns nach 30 Jahren einfach geopfert."
(pm)