Konzernfinanzierung : Das Verbot der Einlagenrückgewähr

Paragraph Richerhammer
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In Konzernen erfolgt die Finanzierung entweder dezentral, d. h. die einzelnen Gruppengesellschaften verfügen über eigene Kreditlinien, oder aber zentral durch die Konzernmutter („Holding“). Insbesondere bei Akquisitionen werden in der Regel zentrale Holdingfinanzierungen durch die Aufnahme großvolumiger Kredite bei einem Bankenkonsortium eingesetzt, wobei diese Kredite in der Folge zumeist mit den Vermögenswerten der gesamten Unternehmensgruppe besichert werden.

Dies führt regelmäßig dazu, dass auch die Tochtergesellschaften mit ihrem Vermögen für den Kredit der Holding haften. In diesem Zusammenhang ist auf das – in vielen Ländern Europas mehr oder weniger streng ausgeprägte – Prinzip der Kapitalerhaltung Rücksicht zu nehmen, das eine derartige Besicherung („von unten nach oben“) erheblich einschränkt. Ein Verstoß gegen dieses Prinzip kann sowohl für das Unternehmen, aber insbesondere auch für die Organe (etwa Geschäftsführer) der Tochtergesellschaften erhebliche persönliche, im Extremfall sogar strafrechtliche Konsequenzen haben.

Hintergrund dieses „Verbots der Einlagenrückgewähr“ ist, dass den Gläubigern einer Gesellschaft ein Mindesthaftungsfonds zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen soll, die Muttergesellschaft also grundsätzlich nur Anspruch auf ihren Anteil am Jahresgewinn haben soll.

Dieses sehr formal klingende Prinzip hat in der Praxis weitreichende Konsequenzen: Jede Leistungsbeziehung zwischen Tochtergesellschaft und Holding muss am Maßstab der Drittüblichkeit gemessen werden. Vereinfacht formuliert: Hätte das Tochterunternehmen das jeweilige Geschäft in dieser Form auch mit einem konzernfremden Dritten abgeschlossen? Wenn die Antwort darauf „Nein“ lautet, liegt in der Regel ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Kapitalerhaltung mit den oben genannten Konsequenzen vor.

Im Rahmen der Konzernfinanzierung sind vor diesem Hintergrund einige in der Praxis oft anzutreffende Situationen besonders problematisch: z. B. wenn die (vermögende) Tochtergesellschaft im Rahmen eines „Cash-Poolings“ regelmäßig Geldmittel an die Holding überweist (bzw. die Holding diese sogar direkt abbucht) oder wenn sie – wie eingangs erwähnt – Vermögenswerte zur Besicherung von Holdingkrediten bereitstellt. Zum Problem werden diese Fälle immer dann, wenn die Holding zu einem späteren Zeitpunkt in finanzielle Probleme gerät und in der Folge fraglich ist, ob die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft den „Cash-Pooling“ Vertrag oder die Besicherung für einen Holdingkredit auch mit einem fremden Dritten abgeschlossen hätte.

Um eine Drittüblichkeit zu erreichen, ist es notwendig, dass die Übernahme der Haftung durch eine Tochter zu Gunsten von Verbindlichkeiten der Holding zu konkreten Vorteilen für die Tochter (günstigere Zinsen, angemessenes Entgelt für die Besicherung) führt oder eine sonstige betriebliche Rechtfertigung (wie etwa die Finanzierung eines konzerneinheitlichen Vertriebssystems) vorliegt. Ferner ist für die Zulässigkeit der Haftungsübernahme und der Pfandbestellung durch eine Tochtergesellschaft regelmäßig das Ausmaß der Haftung im Falle der Insolvenz der Holding maßgeblich. Beide Aspekte, die Drittüblichkeit sowie die Haftungsbeschränkung, sind nach herrschender Meinung jedenfalls zu erfüllen, damit die Besicherung eines Holdingkredites nicht zu einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr führt.