Update Steuer : Das Umsatzsteuer-Karussell

Paragraph Richerhammer
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Das Umsatzsteuergesetz beinhaltet für den Vorsteuerabzug eine Reihe von Voraussetzungen. Die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (Rechnungsmerkmale) haben Unternehmen meist im Griff. Wann weitere Prüfmaßnahmen vor allem in bestimmten Risikobranchen notwendig sind, damit das Finanzamt den Vorsteuerabzug nicht versagt, wurde zuletzt in einer Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenats (UFS) behandelt (UFS 6. 5. 2013, RV/0739-L/08). In dem vom UFS entschiedenen Fall wurde ein Unternehmer (Handel mit Computerteilen) in ein Umsatzsteuerkarussell verstrickt. Der Unternehmer schlitterte ungewollt in das Betrugssystem.

Worum handelt es sich bei einem Umsatzsteuerkarussell?

In einem Umsatzsteuerkarussell wirken mehrere Unternehmer aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten zusammen, wobei zumindest ein Unternehmer in der Lieferkette die Umsatzsteuer nicht abführt, der Rechnungsempfänger jedoch die Vorsteuer beim Finanzamt geltend macht. Nach einer Entscheidung des EuGH aus 2006 hat der Gesetzgeber ab dem Jahr 2008 klarstellend in das UStG aufgenommen, dass der Vorsteuerabzug versagt wird, wenn ein Unternehmer „wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen“ steht. „Wissen-Müssen“ reicht für die Versagung des Vorsteuerabzugs aus. Ein Unternehmer, der nicht den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Geschäftsmannes an den Tag legt, kann sich nicht darauf berufen, dass er nicht wusste, dass sein Lieferant die Umsatzsteuer nicht abführt.

Umstände, die auf ein Umsatzsteuerkarussell schließen lassen

Der UFS führt in der Entscheidung folgende überprüfungsbedürftige Umstände an, die insbesondere bei neuen Geschäftspartnern zu hinterfragen sind:

- marktunüblich niedrige Bezugspreise

- fremdbestimmte Vorgabe zur Weiterveräußerung (Lieferant nennt bereits Abnehmer)

- ungewöhnliche Warenbewegungen (z. B. Wareneingang bereits vor Bestellung)

- Mehrfachumschlag von Waren in einem Warenlager

- kürzlich erfolgter Branchenwechsel

- keine Vertriebsstruktur beim Lieferanten

- Zahlungen betreffend inländische Lieferanten auf ausländische Bankkonten

Besonders gefährdete Branchen, Prüfmaßnahmen

In den folgenden Branchen ortet der UFS überdurchschnittlich häufig Umsatzsteuerbetrug: Kfz-Handel, Handel mit Mobiltelefonen, Schrotthandel und Handel mit Computerteilen. Unternehmen, die in diesen Branchen tätig sind, sollten besonders darauf achten, mit wem sie Geschäfte abschließen. Die angeführten Umstände sollten jedoch unabhängig von der Branche den Unternehmer zu weiteren Überprüfungen bewegen. Eine Überprüfung darf sich dann nicht in einer Validierung der UID-Nummer erschöpfen. Insbesondere in den genannten Branchen sind Firmenbuchauszüge, Gewerberegisterauszüge oder Bonitätsauskünfte (z. B. beim KSV) einzuholen. Zur Vergewisserung, ob es sich beim Lieferanten nicht um eine bloße Briefkastenfirma handelt, wird von der Rechtsprechung sogar ein Besuch vor Ort gefordert. Aus Sicht des Steuerpflichtigen bedeuten die zusätzlichen Überprüfungen einen Mehraufwand. Diese machen sich jedoch spätestens im Rahmen einer Betriebsprüfung bezahlt, wenn der Prüfer dem Unternehmer aufgrund der dokumentierten Maßnahmen keine Sorgfaltsverletzung vorwerfen kann. Ansonsten kann ein scheinbar lukratives Geschäft zum Verlustbringer werden bzw. droht sogar ein Finanzstrafverfahren.

Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens

Die EU-Kommission schätzt den Schaden aus Umsatzsteuerkarussellen in der EU auf mehrere Milliarden Euro jährlich. Im Juni dieses Jahres wurde deshalb vom EU-Finanzministerrat ein Schnellreaktionsmechanismus (SRM) beschlossen, der die Möglichkeit der Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens auf andere Branchen vorsieht. Mitgliedsstaaten können unter Einhaltung eines verkürzten Verfahrens für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen vorsehen, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. So kann auf einen in einer Branche auftretenden Karussellbetrug schnell reagiert werden und zukünftiger Betrug kann unterbunden bzw. erschwert werden.