Neues Pensionskonto : Das kommt auf die Unternehmer zu!

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© alphaspirit - Fotolia

Der Betrag auf seinem Kontoauszug hat selbst die sehr tief angesetzten Erwartungen von Günter Bernsteiner erschüttert. Obwohl der 49-jährige Firmeneigner eines niederösterreichischen Produktionsbetriebs bis zum 65. Lebensjahr für seinen Pensionsanspruch arbeiten muss, wird seine staatliche Rente aus heutiger Sicht nur dürftige 1.205 Euro netto pro Monat betragen. So stehts auf dem Zettel. Besonders bitter für Bernsteiner: Das alte, bis 2003 gültige Pensionsrecht hätte dem Niederösterreicher bei geringerer Beitragsleistung eine mehr als doppelt so hohe Rentenleistung beschert. „Speziell bei Unternehmern klafft das Arbeitseinkommen mit den hochgerechneten Pensionswerten meist ganz extrem auseinander“, sagt Hermann Forster, Leiter Außendienst Vertrieb in der Allianz Versicherung. Im kommenden Jahr schlägt dann für alle Österreicher die Stunde der Wahrheit. Ab Juni 2014 erhält die gesamte nach 1955 geborene erwerbstätige Bevölkerung mit einer Pensionskontomitteilung Einblicke in bisher erworbene Rentenansprüche.

Rücklauf: 40 Prozent

Mit der Umstellung auf das „neue Pensionskonto“ im Jahr 2014 endet für alle nach 1955 geborenen Österreich das Zeitalter von komplexen und teils völlig undurchsichtigen Ermittlungen von Rentenansprüchen. „Die Abschaffung der mehrgleisigen Pensionshochrechnungen der Vergangenheit ist grundsätzlich zu begrüßen. Wie jede Pensionsreform birgt allerdings auch diese wieder für viele Erwerbstätige versteckte Kürzungen der Rentenansprüche und auch massiv höhere Abschläge für einen vorzeitigen Rentenantritt“, sagt Bernhard Fasching, Sales Manager Österreich, Standard Life Versicherung. Was eigentlich selbstverständlich erscheint, macht in der Praxis die Umstellung auf die neue Pensionskontogutschrift zu einem ziemlichen Blindflug.

Bei 2,4 Millionen Österreichern fehlten zu Jahresbeginn für die Pensionsberechnung potenziell relevante Versicherungszeiten. Eine mit aufwendigen Marketingmaßnahmen flankierte Aussendungsaktion von Nacherfassungsfragebögen brachte es bis dato nur auf eine magere Rücklaufquote von rund 40 Prozent. „Wir unterstützen unsere Kunden proaktiv beim Ausfüllen dieser Fragebögen. Wenn diese nicht gewissenhaft ergänzt retourniert werden, kann es zu geringeren Pensionsleistungen kommen“, warnt Hermann Forster von der Allianz Versicherung.

Rentenhöhe massiv reduziert

Völlig unabhängig von der allgemeinen hitzigen Diskussion über die Finanzierbarkeit der Pensionsansprüche steht eine deutliche Kürzung der künftigen staatlichen Renten gegenüber früher außer Streit. Nicht alle Unternehmer sind allerdings im gleichen Ausmaß davon betroffen. „Die Rentenhöhe von Anspruchsberechtigten mit unregelmäßigen sozialversicherungspflichtigen Einkünften wird durch das neue Pensionsgesetz besonders stark reduziert“, sagt Thomas Röster, Steuerberater Accurata Wirtschaftstreuhandgruppe.

Ein klassisches Beispiel hierfür ist Firmeninhaber Günter Bernstein, der als unselbständiger Geschäftsführer 13 Jahre in der Sozialversicherungshöchstbeitragsgrundlage erwerbstätig war. Jetzt lukriert er fast sein gesamtes Einkommen durch Gewinnentnahmen aus seiner GmbH bzw. thesauriert er den Großteil der Gewinne in der Firma zur Stärkung des Eigenkapitals aufgrund der Ratingvorgaben der Bank. Sein pensionsrelevantes Geschäftsführergehalt hat er mit nur 928,58 Euro monatlich abgabenmäßig optimiert. „Im neuen Pensionssystem sind gegenüber früher geringe Beiträge automatisch an geringe Rentenansprüche gekoppelt. Es gibt keine schwachen Beitragsmonate mehr, die herausgerechnet werden“, erklärt Steuerberater Röster.

Über das klassische Erwerbseinkommen hinaus gibt es noch einige weitere Möglichkeiten, sein staatliches Pensionskontoguthaben in die Höhe zu schrauben. „Gerade Kindererziehungszeiten, Präsenzdienstzeiten oder Zeiten, in denen Arbeitslosen- oder Notstandsentgelt bezogen wurden, scheinen oft nicht auf und müssen dringend korrigiert werden. Hier geht es um viel Geld, das nachher in der Pension fehlt“, sagt Christian Wagner, Produktmanagement HDI Lebensversicherung AG.

Derartige außertourliche Gutschriften am Pensionskonto werden sogar als volle Versicherungszeiten angerechnet. „Meiner Praxiserfahrung nach fehlen bei rund 60 Prozent der Frauen die Kindererziehungszeiten auf den Pensionskontoauszügen“, warnt Herbert Tiefenthaler, Inhaber des Beratungsunternehmens Gewinnerkonzepte. Derartige Fehlzeiten müssen wie auch andere Ungereimtheiten im Pensionskonto per Formular zur Korrektur bzw. Ergänzung beauftragt werden. Und damit sollte man sich tunlichst beeilen. „Die Onlineabfrage der detaillierten Beitragsgrundlagen zum Pensionskonto steht voraussichtlich nur noch bis 31. Dezember 2013 zur Verfügung, danach werden effiziente Datenkontrollen deutlich schwieriger“, sagt Tiefenthaler.

Korridorpension

Keineswegs zum Besseren, aber im neuen Pensionsrecht zumindest künftig relativ klar und einfach geregelt sind die Möglichkeiten, in Frührente zu gehen. „Diverse ‚Hackler’-Regelungen laufen in den nächsten Jahren aus oder werden weitestgehend an die neue Schwerarbeits- bzw. Korridorpension angepasst“, erklärt Rudolf Steurer von der UNIQA Versicherung. Frühestens mit dem 62. Lebensjahr kann man die Korridorpension in Anspruch nehmen, bis dahin muss man mindestens 40 Versicherungsjahre angesammelt haben. „Die Abschläge für die Korridorpension wurden mit dem Sparpaket 2012 weiter auf 5,10 Prozent pro Jahr angehoben. Weil durch den vorzeitigen Rentenantritt mit 62 auch kürzer und somit weniger Pensionsbeiträge einzahlt werden, reduziert sich der Bruttopensionsanspruch gegenüber dem gesetzlichen Pensionsalter von 65 Jahren in der Regel auf rund 25 Prozent“, sagt Hermann Forster von der Allianz Versicherung. Ab dem 60. Lebensjahr kann die Schwerarbeitsregelung mit Abschlägen von 1,8 Prozent jährlich in Anspruch genommen werden. Die dafür notwendigen 45 Versicherungsjahre werden allerdings nur die wenigsten bis zum frühestmöglichen Antrittsstichtag erreichen.

Ernüchterungseffekt

Besonders praxisorientiert durchdacht dürften die neuen Pensionsantrittsparameter nicht sein. Im Jahr 2012 gingen die Österreicher durchschnittlich mit 58,4 Jahren in Rente. Bis in das Jahr 2060 soll das faktische Antrittsalter nach dem jüngsten Gutachten der Pensionskommission nur auf knapp 61 Jahre steigen. „Es liegt auf der Hand, dass viele manuell tätige Menschen ihren Beruf meist nicht einmal bis zum Stichtag eines vorzeitigen Rentenantritts ausüben werden können. Hier wird es über Krankenstände, Arbeitslosenleistungen oder der ab 2014 erschwert zugänglichen Invaliditätspension über diverse Abschläge hinaus sogar noch zu weiteren massiven Einbußen in der Altersrente kommen“, sagt Christian Wagner, HDI Lebensversicherung AG.

Das neue Pensionsrecht trifft alle Anspruchsberechtigten mit geringeren Rentenleistungen und weit höheren Anforderungskriterien für vorzeitige Pensionierungen. Die Zusendung des Pensionskontoauszugs im Jahr 2014 wird für viele Österreicher einen ähnlichen Ernüchterungseffekt bringen wie für den niederösterreichischen Unternehmer Günter Bernstein. Auch wenn es die Politik weiterhin vehement verleugnet bzw. blumig umschreibt. Es gibt für die Finanzierung der Pensionsansprüche ein Budget- und für jeden Anspruchsberechtigen ein immer größer werdendes Pensionsloch.

Felsners Faktencheck: Ronald Felsner analysiert für INDUSTRIEMAGAZIN regelmäßig die Aussagen von Politikern auf ihren Wahrheitsgehalt.