Arbeitsmarkt : Boom auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird 2018 weitergehen

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Die Arbeitsagenturen erwarten im kommenden Jahr einen anhaltenden Jobboom. "Die Beschäftigungsentwicklung im Jahr 2018 wird rekordverdächtig", sagte der Experte des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Enzo Weber. "Im Moment geht es fast überall aufwärts, in der Binnenkonjunktur und der Weltwirtschaft, bei den Dienstleistungen und in der Industrie."

Aufschwung dürfte bis mindestens 2019 anhalten

Das Institut der Bundesagentur für Arbeit beruft sich auf seine monatliche Umfrage unter den lokalen Arbeitsagenturen. Das daraus ermittelte Barometer kletterte im Dezember um 0,1 auf 104,9 Punkte. "Der Abbau der Arbeitslosigkeit wird nach Einschätzung der Arbeitsagenturen im kommenden Jahr weitergehen", sagte Weber. Dafür sorge der nach wie vor steigende Bedarf an Fachkräften. Daher sei trotz Brexit, Diesel-Krise und Air-Berlin-Pleite eine positive Entwicklung zu erwarten.

Den meisten Experten zufolge wird der vom Aufschwung gespeiste Jobboom bis mindestens 2019 anhalten. 2019 sollen nach Prognose des Münchner Ifo-Instituts 45,2 Millionen Frauen und Männer in Lohn und Brot stehen - so viele wie noch nie und 900.000 mehr als in diesem Jahr. Parallel dazu dürfte die Zahl der Arbeitslosen auf 2,2 Millionen sinken, was 300.000 weniger wären als 2017.

Mehr als eine Million Stellen frei

Der Fachkräftemangel ist aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertags die größte Herausforderung für die Wirtschaft. DIHK-Präsident Eric Schweitzer forderte verschiedene Gegenmaßnahmen, zum Beispiel eine massive Stärkung der beruflichen Bildung.

"Das duale Ausbildungssystem, um das uns alle Welt beneidet, muss wieder gestärkt werden und mehr wertgeschätzt werden", sagte Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die Berufsschulen sind zum Teil in einem maroden Zustand, sie werden seit Jahren stiefmütterlich behandelt. An Gymnasien muss es flächendeckend Berufsorientierung auch zur beruflichen Bildung geben."

Fachkräftemangel wird zum größten Problem

Für 56 Prozent der Unternehmen sei in den aktuellen Umfragen des DIHK der Fachkräftemangel das größte Geschäftsrisiko. "Das ist ein extrem hoher Wert", sagte Schweitzer. Dieser Wert habe sich seit 2011 mehr als verdreifacht.

Bundesweit seien derzeit mehr als eine Million Stellen unbesetzt. Gerade auch in der Logistik gebe es Probleme. Es stünden zum Beispiel zu wenig Berufskraftfahrer und zu wenig Binnenschiffer zur Verfügung. "Unternehmen bekommen deshalb zur Zeit kaum noch zusätzliche Transportkapazitäten innerhalb Deutschlands."

Der DIHK-Präsident sagte außerdem, fast ein Drittel der Bachelor-Studierenden breche das Studium ab. "Das ist für die Betroffenen frustrierend und eine volkswirtschaftliche Fehlinvestition. Deshalb sollte es uns gemeinsam gelingen, jungen Menschen früher und besser als heute über die duale Ausbildung als Alternative zum Studium zu informieren."

Schweitzer forderte daneben erhebliche Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere in den digitalen Breitband-Ausbau, sowie ein einheitliches E-Government über alle Verwaltungsstrukturen. Wie auch führende Wirtschaftsforschungsinstitute rechnet der DIHK für das kommende Jahr mit einem höheren Wachstum, und zwar mit einem Plus von 2,2 Prozent.

DIHK: Einwanderungspolitik umgestalten

Notwendig sei außerdem ein Zuwanderungsgesetz für "mehr qualifizierte Zuwanderung in Deutschland", so Schweitzer. "Wir brauchen vor allem mehr Facharbeiter." In den vergangenen Jahren habe die Wirtschaft sehr von der Zuwanderung aus der EU profitiert. In vielen EU-Ländern sei jetzt die wirtschaftliche Lage wieder besser.

Dagegen wiederholt heute niemand mehr die im Herbst 2015 immer wieder betonte Argumentation der Regierung Merkel, mit der Flüchtlingswelle kämen dringend gebrauchte Facharbeiter ins Land. Stattdessen stellt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) fest, sehr vielen Migranten fehlen nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch eine Ausbildung. Ein beträchtlicher Teil von ihnen könne weder lesen noch schreiben.

Heuer im Sommer meldete der DIHK, von allen Firmen, die Lehrlinge suchen, bemühen sich nur sieben Prozent der Betriebe aktiv um Flüchtlinge als Bewerber. Bei allen anderen wächst die Skepsis - allen medienwirksamen Erfolgsmeldungen zum Trotz. Die Integration von Flüchtlingen bleibe ein langwieriges Problem, so der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI).

(dpa/reuters/apa/red)