Autotest : BMW X4: Einmal nachladen, bitte

Eines gleich vorweg: Der X4 war der erste BMW im Testfuhrpark, der mehr Freude machte, als wir ihn nicht mehr fuhren. Zumindest in mir rief er nostalgische Trauer hervor. Trauer über all die Dinge die man mit diesem Wagen hätte früher machen können. Damals als Begriffe wie Section Control noch einer fernen und nicht bedrohlichen Zukunft entlehnt waren. Damals als der Begriff Stau bestenfalls beim Überschwappen der deutschen Urlauberwellen in den Mund genommen wurde. Und als nicht jeder Baum ein potenzielles Polizistenversteck war.

So sitzt man nun in edlem Interieur und fühlt sich durch diese kompromisslose Fahrvergnüglichkeit von jedem Verkehrsschild deprimiert. Man könnte jetzt das Fahrwerk in die Sporteinstellung, den Diesel auf Touren und die Reifen ans Ende der Haftreibung bringen. Dann würde man sich freuen, wie direkt eine Lenkung in einer Limousine sein kann und sich fragen, warum nicht jedes Auto eine 8-Gang-Automatik hat.

Man käme aus dem Staunen nicht mehr heraus, wie 260-PS auf vier Räder verteilt zwei Tonnen durch die Kurven schieben. Und am Ende wäre man selbst an der Tankstelle noch glücklich, weil man vom Hersteller nicht belogen worden ist. Hat sich die erste Aufregung erst einmal gelegt, lässt sich der 3-Liter-Diesel tatsächlich mit runden 6-Litern pro 100 Kilometern betreiben. Was BMW mit „Efficient Dynamics“ meint, versteht man, wenn der Bordcomputer bei 180 einen aktuellen Verbrauch von 8,9 Litern anzeigt.

Coupe, SUV, SAC

Nur eine Frage lässt der X4 wie schon der X6 offen: was hat seine Erbauer dazu veranlasst, ein Coupe mit einem SUV zu kreuzen, und die Nachteile beider Fahrzeuggattungen zu verbinden? Vorne sitzt sich´s vortrefflich, hinten ist die heruntergezogene Dachlinie großen Menschen bedrohlich nahe. Schließlich ist der X4 ein tiefer gelegter X3 mit künstlicher Platzreduktion durch die Coupe-Form. Das mag zu einer diskussionsbedürftigen Ästhetik führen, praktisch ist es nicht. Aber auch dafür gibt es eine gar nicht so kleine Zielgruppe, wie die Bayern schon mit ihrem X6 bewiesen. Der Zivil-Panzer polarisiert und verkauft sich. Dass die Münchner Strategen nochmal nachladen ließen und damit die Lücke in der Modellnummerologie schlossen, hat wohl gute Gründe.

Höchstklasse

Preislich bewegt sich der X4 schon deutlich über der Mittelklasse: Unser Testwagen kam auf 63.234,- Euro, dazu kommt nocheinmal ein Drittel an Mehrwert- und Normverbrauchssteuer. Für knappe 84 tausend Euro erhält man ein rollendes Elektronikwunderwerk. Das Lenkrad vibriert beim Spurwechsel, das Navi erkennt Staus im Vorhinein und was man als Fahrer wissen sollte, wird in die Windschutzscheibe projiziert. Leider erscheint da viel zu oft eine rote neben einer schwarzen Autosilhouette – sonst wäre die Freude am Fahren perfekt.

Factbox:

BMW X4 3.0d A – die Eckdaten

Motor: 3-Liter-Reihen-6-Zylinder Diesel

Leistung: 190 kW/258 PS; 560 Newtonmeter

Getriebe: Achtstufen-Automatik

Antrieb: Allrad

0–100 km/h: 6,3 Sekunden

Verbrauch (Werksangaben): 5,9 Liter

CO2-Ausstoß: 156 g/km

Preis: 62.750,- Euro (inkl. NoVA & Ust)

Preis des Testwagens: 83.751,- Euro