MCE-Übernahme : Bilfinger-Chef Bodner: "Werden in Österreich weiter wachsen"

Das erste offizielle Treffen hat Anfang Februar in München stattgefunden. Dort hatte der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger zu einer ‚Welcome-Veranstaltung’ geladen. Ein größerer Kreis von Führungskräften und Mitarbeitern der in Linz ansässigen MCE erhielt damit die Möglichkeit, den neuen Eigentümer vor Ort kennenzulernen. Bilfinger Berger erwarb die MCE im Herbst 2009 für 350 Millionen Euro. Verkäufer waren der deutsche Finanzinvestor DBAG, der erst knapp drei Jahre zuvor in die Firma eingestiegen war. So freundlich wie die Begrüßung in Deutschland ausfiel, so respektvoll verlief auch der weitere Umgang mit dem oberösterreichischen Unternehmen. Denn schließlich erfolgte die Akquisition in erster Linie aus der Absicht heraus, die Leistungspalette und den Kundenkreis zu erweitern. „Durch den Erwerb haben wir unsere führende Position als Anbieter für Industrie- und Kraftwerksdienstleistungen weiter gestärkt“, beschreibt Bilfinger Berger-Vorstandschef Herbert Bodner die Motivation für den Zukauf. Das Dienstleistungsgeschäft ist seit vielen Jahren das margenstarke Wachstumsfeld des Baukonzerns. Und auch in der Wirtschaftskrise haben sich die Sparten Industrial Services und Power Services „erfreulich robust“ gezeigt. Neue Struktur.Die MCE ist selbst ein großer Konzern mit 5.500 Mitarbeitern – davon allein 3.300 in Österreich - zahlreichen Tochtergesellschaften und ausländischen Standorten. Die Integration des Unternehmens in die Strukturen des neuen Eigentümers war somit kein einfaches Unterfangen. Bis dato bestand der Bereich Bilfinger Berger Industrial Services (BIS), in dem die MCE großteils aufgehen wird, aus lediglich vier Bereichen. Um das Leistungsspektrum und die Stellung des Anlagenbauers abbilden zu können, musste eine fünfte Division etabliert werden. Diese heißt BIS Plant Technologies, und in ihr ist heute das überregionale und internationale Projektgeschäft des Anlagenbauers gebündelt. Sie umfasst zwölf operative Gesellschaften mit rund 3.500 Mitarbeitern und wird von zwei erfahrenen Managern geleitet, wobei einer von der MCE und einer von Bilfinger Berger stammt. Die Schwerpunkte liegen in der Energieerzeugung und –verteilung, in der Metallurgie, in der Chemie/Petrochemie sowie im Bereich Papier/Zellstoff. Neben der neuen Division Plant Technologies gibt es die vier etablierten Bereiche, die geographisch ausgerichtet sind. Ihr Länder-Fokus ist Zentraleuropa, Nord- und Osteuropa, Westeuropa und der Rest der Welt mit dem Schwerpunkt USA. Da die MCE insbesondere in Zentral- und Osteuropa tätig ist, wurden die Gesellschaften des Anlagenbauers in die entsprechenden geographischen Divisionen eingegliedert. Darüber hinaus wurden drei Unternehmen mit rund 500 Mitarbeitern in den Teilkonzern Bilfinger Berger Power Services mit Sitz im deutschen Oberhausen integriert. Von einem Bereich muss sich der neue Eigentümer bald trennen. Das sehen die Auflagen der EU-Wettbewerbsbehörde vor. Es handelt sich dabei um die MCE Energietechnik in Bochum, die bis Mitte dieses Jahres zu verkaufen ist. Über die Interessenten, die bereits bei Bilfinger Berger vorgesprochen haben, hüllt man sich aber noch in Schweigen. Standort Oberösterreich.Durch den Hauptsitz in Linz und zahlreiche Tochtergesellschaften in der Umgebung spielte Oberösterreich eine wichtige Rolle bei der MCE. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Der Anlagenbauer investierte in den vergangenen zwei Jahren rund 30 Millionen Euro in seine oberösterreichischen Gesellschaften. Das auf den Bau von Rohrleitungen spezialisierte Unternehmen BIS VAM eröffnete in Wels neben dem Bürogebäude eine neue Fertigungsanlage. „ Wir setzen auch weiterhin auf den Standort Oberösterreich. Speziell im Bereich Engineering für den Rohrleitungsbau wollen wir unsere Kompetenzen weiter ausbauen. Auch im Wasserkraftbereich haben wir unsere Kräfte verstärkt", sagt August Oberndorfer, Geschäftsführer der BIS VAM und Divisionleiter der BIS Plant Technologies. Zudem befinden sich weitere Projekte in der Umsetzung. So wird die MCE Gerätetechnik, Spezialist für Full Service Baustellenausstattung, im Frühjahr 2010 ein neues Logistikzentrum am Standort Wels in Betrieb nehmen. Auch der nunmehr der Bilfinger Berger Power Service (BBPS) zugeordnete MCE Maschinen-und Apparatebau mit Sitz in Linz investierte kräftig in Oberösterreich. Rund zehn Millionen Euro fließen dort in den Ausbau und die Modernisierung der Fertigungshallen. Forschungs- und Entwicklungsarbeit.Der neue Eigentümer profitiert zudem von erfolgreicher Forschungs- und Entwicklungsarbeit der übernommenen und bereits umfirmierten Tochtergesellschaften. Das Industrieservice-Unternehmen BIS Chemserv mit Sitz in Linz, eine Leitgesellschaft der BIS Central Europe, konnte bereits zum zweiten Mal den Maintainer, den "Oscar der Instandhaltung", abräumen. Im Jahr 2008 hatte das Unternehmen den Preis für die interne Weiterbildungseinrichtung "Instandhaltungsschule" erhalten, in diesem Jahr für den patentierten VibraCheck. Dabei handelt es sich um ein zusammen mit dem Linz Center of Mechatronics und Hagenberg Software entwickeltes autonomes Diagnosegerät zur Berechnung des wirtschaftlichsten Instandhaltungszeitpunktes von Wälzlagern. Insofern ist der VibraCheck auch ein Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft. Die autonome Messeinheit zur Überwachung von mechanischen Schwingungen wurde zudem bereits bei Schlüsselkunden erfolgreich getestet. Die Zukunft der industriellen Instandhaltung – darunter versteht man alle Methoden und Technologien, die eine Anlage in der Prozessindustrie am Laufen halten – wird in Modellen gesehen, die eine enge Zusammenarbeit von Auftraggeber und Auftragnehmer vorsehen. Es geht dabei darum, wie man eine Anlage über den gesamten Lebenszyklus gemeinsam intelligent betreuen kann. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass genau die richtigen Serviceleistungen angeboten werden, die notwendig sind, um die Verfügbarkeit der Anlage zu optimieren. Vanessa Voss