Förderungen 2010 : Ansturm auf randvolle Töpfe
Christian Lossgott ist dieser Tage ein vielbeschäftigter Mann. Der Leiter des Kundencenters der Austria Wirtschaftsservice (aws) hat seit heuer fast doppelt soviel Geld für Kredite, Haftungen – und seit Jahresbeginn sogar Eigenkapital zu vergeben. „Unsere Budgets wurden massiv erhöht, trotz Wirtschaftskrise“ sagt Lossgott. Besonders im Bereich der Betriebsmittel-Kredite, die mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent für sechs Jahre vergeben werden, erlebt Lossgott einen wahren Ansturm. „ Das ist sicher eine konjunkturell bedingte Entwicklung“ sagt Lossgott. Besonders kleine und mittlere Betriebe schöpfen den Kreditrahmen zwischen zehn und dreissig Tausend Euro derzeit fleissig aus und bringen die Mitarbeiter der Förderbank für die unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung in der Wiener Ungargasse ziemlich zum Schwitzen. Rekordvolumen. Der Trubel in den Gängen der aws ist symptomatisch: Die Förderbudgets kurzfristig konjunkturwirksamer Bereiche, wie dem Arbeitsmarkt oder der allgemeinen Wirtschaftsförderung wurden massiv aufgestockt, jene der weniger schnell wirkenden Bereiche von Forschungsförderung bis zur Umweltförderung wurden zumindest auf Rekordhöhe der Vorjahre belassen. Und die Unternehmen machen davon in Rekordscharen Gebrauch. „Wenn Sie mich zu Jahresbeginn gefragt hätten, hätte ich jedenfalls einen dramatischen Einbruch an Förderansuchen erwartet“ sagt Alexandra Amerstorfer, Geschäftsführerin der Umweltfördermittelstelle Kommunalkredit Public Consulting. „Wir bewegen uns aber heuer trotz Rekordvorjahr und einem wirtschaftlichen Umfeld, dass Umwelinvestitionen nicht prioritär erscheinen lässt, fast auf dem Nachfrageniveau von 2008.“ Trotz Ansturm: Alle Geldgeber, die INDUSTRIEMAGAZIN im Rahmen der Recherche kontaktierte, geben an, selbst für 2009 noch Budgets zur Verfügung zu haben. Und zumindest für 2010 ist noch nichts vom Zurückfahren der Mittel zu bemerken: „Unternehmen müssen keine Angst haben, dass im kommenden Jahr nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stehen“ sagt Christian Lossgott.
Der Mittelstandsfonds, zu Beginn des Jahres errichtet, führt KMUs über atypische stille Beteiligungen Eigenkapital zu. Ohne lästige Einmischung ins Tagesgeschäft stehen Mittelständlern zwischen 300.000 und fünf Millionen Euro an Kapital zur Entwicklung neuer Produkte, zum Vertriebsaufbau oder zu internationaler Expansion zur Verfügung. Bedingung: Das Unternehmen darf höchstens 500 Mitarbeiter, muss aber jedenfalls mindestens 2 Millionen Euro Umsatz vorweisen können. Und selbstverständlich müssen Business Plan, Details zur Mittelverwendung und Financials, wie die letzten zwei Jahresabeschlüsse den Prüfkriterien der Fördermittelgeber der aws genügen.Kredite, Haftungen. Die Förderbanker in der Wiener Ungargasse haben aber noch mehr auf Lager: Statt, wie in den Jahren zuvor 400 Millionen Euro stehen Unternehmen heuer 800 Millionen Euro an Haftungsübernahmen zur Verfügung. Jungunternehmen erhalten, aufgrund der 80 prozentigen Haftungsübernahme der AWS, Kredite mit günstigen Konditionen. Durchschnittlich werden, abhängig von Projekt und Standort, 10 Prozent der Investitionssumme gewährt. Doch Haftungen gibt es sogar für Betriebsmittelkredite: 80 Prozent der Kreditsumme zur Sicherung der Liquidität, um Personalkosten, Versicherungen, Mieten zu bezahlen, gewährt der aws. Ebenfalls im Paket, und aufgestockt und 200 Millionen Euro, der Klassiker des ERP-Kredites. Hier soll das neue Produkt der ERP Kleinkredite zwischen 10 und 30.000 Euro Mittelständlern durch eine Liquiditätskrise tragen.
So erhöht sich etwa das variable Budget des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) automatisch mit der Anzahl der Arbeitslosen. 46 Millionen Euro hat dafür etwa das AMS Tirol heuer zur Verfügung – exklusive der Budgets für die Kurzarbeit, die aufgrund der massiven Inanspruchnahme seit März aus dem Förderbudgettopf der AMS ausgenommen ist. „Etwa im Bereich der Qualifizierung für Beschäftigte haben wir heuer drei Millionen Euro dotiert, da ist noch Budget vorhanden“ sagt Christian Schauer, Budgetverantwortlicher des AMS Tirol. Neu ist auch der Bereich Bildungskarenz: Wer mit seinem Dienstnehmer eine – auch konjunkturell bedingte – Freistellung zur Fortbildung oder eine Freistellung gegen Entfall der Bezüge vereinbart, hat Anrecht auf Leistungen des AMS. In vielen Bundesländern gibt es sogar noch etwas oben Drauf. Etwa die Bildungskarenz plus, wie im Land Tirol. Dort bezahlt das Land dem Unternehmen 50 Prozent der Fortbildung. Ein Blick auf die Förderaktionen ihres Bundeslandes lohnt sich übrigens immer: Fast alle Gebietskörperschaften haben angesichts des wirtschaftlichen Sturms, der über die Alpenrepublik hinwegfegt zu Sonderprogrammen durchgerungen. Beispiel Förderland Kärnten: Unter dem etwas sperrigen Titel „Investitionskostenbezogene Lohnkostenförderungfür Wachstums- und Leitprojekte“ verbirgt sich eine höchst interessante Geldquelle für Industriebetriebe, die im Zuge von Invesitionen – wenn auch nur wenige – Mitarbeiter einstellen. Bis zu 25 Prozent der Lohnsumme der kommenden zwei Jahre oder 20 Prozent der Investitionssumme werden da zuzüglich zu den sonstigen Förderungen (bis zum EU-Beilhilfenlimit), die ihr Projekt erhielte, gegeben (Details der umfangreichen Förderungen siehe Kärnten-Rubrik der Förderliste ab Seite ##). Die Entwicklungsagentur Kärnten hilft im Förderdschungel auch Unternehmen aus anderen Regionen bei der Ansiedelung im Süden der Republik.
Die Anzahl der Anträge, die im laufenden Jahr im Haus in der Wiener Sensengasse bearbeitet wurden, ist konstant geblieben. Die Bewilligungsquote – im Jahr 2008 wurden von 1.204 Förderansuchen immerhin 868 gefördert – hat sich nicht verändert. Dabei ist der Innovationsscheck, jene 5000 Euro „Fördergutschein“ für Mittelständler noch gar nicht berücksichtigt. Neu – und wohl auf die taumelnde Automobilindustrie zugeschnitten – ist dabei etwa das Programm OPTIdrive. Insgesamt sieben Millionen Euro sollen dabei an heimische Autobauer gehtn, die im Bereich konventioneller Antriebe Innovationen schaffen. Der Fokus dabei ist klar: „Das Förderportfolio der FFG ist in vielfältiger Form auf Klein- und Mittelbetriebe ausgerichtet. Mehr als zwei Drittel aller Unternehmen in FFG-Projekten sind KMU und sie erhalten 41 Prozent der Förderbarwerte“ sagt Klaus Pseiner, Geschäftsführer der FFG.Was das Interesse der Unternehmen an den heimischen Fördermassnahmen im kommenden Jahr betrifft, will sich Alexandra Amerstorfer, lieber nicht festlegen. „Nachdem ich heuer im Frühjahr mit meiner sehr pessimistischen Einschätzung völlig daneben gelegen bin, traue ich mir eigentlich keine Einschätzung für 2010 zu“ scherzt die Geschäftsführerin des Umweltförderers Kommunalkredit Public Consulting. „Was wir heuer schon gesehen haben, ist eine Verschiebung der Förderansuchen von den grossen Projekten zu den Kleinen.“ Bei Maximalförderungen von 3,5 Millionen Euro für ein Projekt, bis zu 30 Prozent der Investitionskosten ist das Angebot KPC für die Industrie höchst interessant. So interessant, dass bei KPC – als einer der wenigen Fördergeber – das Budget für heuer bereits ausgeschöpft hat, auch wenn Amerstorfer das so nicht bestätigen will. Ob Antragsteller noch heuer aus dem Budget bedient werden können? „Die Einreichung eines Antrages, üblicherweise müssen dann noch Unterlagen nachgefordert werden, wird sich wohl heuer nicht mehr ausgehen“ sagt Amerstorfer. Entschieden würde dann in einer der drei bis vier Kommissionssitzungen jährlich, je nach Ausschöpfungsgrad des Budgets. „Und für heuer ist keine Kommissionssitzung mehr angesetzt“ so die promovierte Wirtschaftsingenieurin. Trotzdem kein Grund zum Ausruhen für Unternehmen mit Umweltförderwünschen. „Weil wir im Vorjahr nur drei Kommissionssitzungen hatten, plane ich für kommendes Jahr eher früh die erste Sitzung“ sagt Amersdorfer. Also, nichts wie an die Förderanträge.