Arbeitsmarkt : AK zur Leiharbeit: Massive Benachteiligung ist "betriebliche Normalität"
Rund 85.000 Leiharbeiter gibt es in Österreich, bei 4,3 Millionen Erwerbstätigen bzw. 3,7 Millionen unselbstständig Beschäftigten. Obwohl ihre Arbeitsbedingungen "relativ gut" geregelt seien, "bleibt Leiharbeit ein unsicheres und unfaires Modell", sagt Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich. Nur die Hälfte der Leiharbeiter (52 Prozent) sind mit ihrem Leben zufrieden.
Im Gegensatz dazu sind 84 Prozent der unselbstständig Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden, zeigt der Arbeitsklima Index der AK Oberösterreich. "Leiharbeiter sehen sich selbst häufig als Belegschaft zweiter Klasse", heißt es dort.
Weniger als die Hälfte schätze die eigenen Rechte und soziale Position in der Gesellschaft als positiv ein. Unter allen Beschäftigten seien es mehr als zwei Drittel. Nur etwas mehr als die Hälfte hält den Job für sicher, nur ein gutes Drittel glaubt, im Fall eines Jobverlustes rasch wieder eine adäquate Stelle zu finden.
Leiharbeit ist zur "betrieblichen Normalität" geworden
Während früher Leiharbeit nur zur Abdeckung von Produktionsspitzen gedacht war, habe es sich inzwischen zur "betrieblichen Normalität" entwickelt, kritisiert Kalliauer. Er fordert, den Anteil der Leiharbeitskräfte pro Betrieb mit zehn Prozent zu begrenzen und Leiharbeitskräfte nach spätestens zwölf Monaten in die Stammbelegschaft zu übernehmen.
Zwei Drittel der Leiharbeiter sind Männer, drei Viertel arbeiten im Gewerbe, Handwerk oder in der Industrie. Durchschnittlich werden Leiharbeitskräfte für 56 Tage überlassen, hat die AK erhoben. Knapp die Hälfte hat Migrationshintergrund. Auch Bildung schützt nicht verlässlich vor Leiharbeit: 43 Prozent haben eine Lehre, 29 Prozent Matura oder gar Hochschulabschluss.
Österreichische Regelungen im internationalen Vergleich vorn - trotzdem gravierende Nachteile
Zwar attestiert Kalliauer: "Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, der flächendeckende Kollektivvertrag für Leiharbeit, das Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping sowie der Sozial- und Weiterbildungsfonds für Leiharbeiter/-innen regeln Leiharbeit in Österreich so gut wie in keinem anderen Land der Welt." Dennoch bleibe das Modell unsicher und sei für viele eine berufliche Sackgasse "und wälzt die volkswirtschaftlichen Kosten auf den Staat ab".
Leiharbeit sei trotz Hochkonjunktur auf dem Vormarsch, "noch nie zuvor gab es in Österreich so viele Leiharbeitskräfte", schreibt Kalliauer. Wenn aber steigende Beschäftigung auf Jobs in der Arbeitskräfteüberlassung verteilt werde, "heißt das in der Praxis mehr Flexibilität für die Betriebe, mehr unsichere Beschäftigungsverhältnisse für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer." (apa/red)