Zulieferer : ZF legt sieben Milliarden Dollar für Zulieferer Wabco auf den Tisch

Vier Jahre nach der Übernahme von TRW wagt sich der drittgrößte deutsche Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen an den nächsten Milliarden-Zukauf: Der Stiftungskonzern vom Bodensee will sich den weltweit führenden Lastwagen-Bremsenhersteller Wabco gut sieben Mrd. Dollar (6,22 Mrd. Euro) kosten lassen und sich damit weniger abhängig vom dominierenden Geschäft mit Autoteilen machen.

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"Wir sind davon überzeugt, dass ZF gemeinsam mit Wabco den weltweit führenden Systemanbieter für Nutzfahrzeugtechnik bilden kann", erklärte ZF-Vorstandschef Wolf-Henning Scheider.

Die Übernahmepläne waren vor vier Wochen durchgesickert. Jetzt sind sich die Manager der beiden Unternehmen einig, die Wabco-Aktionäre müssen aber auf einer Hauptversammlung noch mit mehr als 50 Prozent zustimmen. Sie hegen offenbar noch Zweifel, dass ZF Friedrichshafen mit seinen Plänen durchkommt: Die Aktie, die nach der Bestätigung der ersten Gespräche von gut 120 bis auf 146 Dollar geschossen war, stürzte bis auf 131 Dollar ab und lag damit unter den von ZF gebotenen 136,50.

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Ob der Kaufpreis die Wabco-Aktionäre überzeugen würde, sei eine der wichtigsten Fragen in den Verhandlungen gewesen, sagte Scheider. Sein Wabco-Kollege Jacques Esculier warb um die Gunst der Anteilseigner: "Das ist die richtige Verbindung zum richtigen Preis zur richtigen Zeit." Die Herausforderungen wüchsen, da sei es sicherer, sich einem größeren, breiter aufgestellten Konzern wie ZF anzuschließen. "Das Umfeld wird schwieriger. Das Management glaubt fest daran, dass es zu einer Konsolidierung kommen wird", sagte Esculier.

Scheiders Vorgänger Stefan Sommer hatte schon vor zwei Jahren einen Anlauf genommen, Wabco zu schlucken. Damals war die Übernahme vom Aufsichtsrat noch torpediert worden, Sommer verließ das Unternehmen. "Jetzt haben wir einen sehr guten Zeitpunkt gefunden", sagte Scheider.

Die Übernahme von TRW sei verkraftet, die Schulden wieder auf vier Mrd. Euro gesunken. Der ZF-Chef sieht nun auch den Rückhalt der beiden Eigentümer, zweier Stiftungen. "Dies ist auch im Sinne unserer Gesellschafter, denn der Zukauf stärkt ZF nachhaltig." Hinter der Zeppelin-Stiftung, der 93 Prozent an ZF gehören, steht die Stadt Friedrichshafen.

Scheider sagte, er glaube, dass sich das autonome Fahren bei Nutzfahrzeugen - etwa auf Flughäfen oder auf Fabrikgeländen - schneller durchsetzen werde als bei Personenwagen. Bremsen, aber auch Notbremssysteme, würden dabei immer wichtiger.

ZF hätte mit Wabco einen Umsatz von über 40 Milliarden Euro

ZF Friedrichshafen wächst mit Wabco auf einen Umsatz von mehr als 40 Mrd. Euro und pirscht sich damit an die Nummer zwei in Deutschland, Continental (44 Mrd. Euro) heran. Die beinahe 150 Jahre alte Wabco (ehemals Westinghouse Air Brake Systems) allein kommt mit rund 16.000 Mitarbeitern auf 3,3 Mrd. Euro Umsatz. Der US-Konzern war 2007 von American Standard abgespalten und an die Börse gebracht worden. Geführt wird Wabco aus der schweizerischen Hauptstadt Bern.

Für ZF ist es bereits der zweite milliardenschwere Zukauf in den USA. 2015 hatte ZF 12,4 Mrd. Dollar für den Zulieferer TRW ausgegeben. Finanziell könne man die Übernahme von Wabco gut stemmen, sagte Finanzchef Konstantin Sauer. Die neuen Schulden für Wabco könnten schnell getilgt werden. Die Kredite werden von der US-Investmentbank JPMorgan arrangiert. Bei der Ratingagentur Moody's droht ZF aber das Investment-Grade-Rating zu verlieren. Sie senkte den Ausblick für das "Baa3"-Rating auf negativ. Verhindern könne das nur ein schneller Schuldenabbau, sagte Moody's-Analyst Matthias Heck.

Die Übernahme soll 2020 unter Dach und Fach sein, wenn die Kartell- und Exportbehörden zustimmen. Gelingt sie, kämen die beiden mit Abstand größten Hersteller von Lastwagen-Bremsen aus Deutschland. Hinter Wabco liegt Knorr-Bremse auf Platz zwei auf dem Weltmarkt. Sie hatte ein Gegengebot für Wabco aus Kartellgründen ausgeschlossen. ZF und Knorr-Bremse hatten bereits um den schwedischen Bremsen-Spezialisten Haldex gebuhlt. Zum Zug kam am Ende keiner der beiden. ZF hält aber noch 17 Prozent an Haldex. (reuters/apa/red)