Elektroautos : VW: Offene Elektro-Plattform für alle - Einschnitte bei eigenen Zulieferern

Volkswagen will im Rahmen seiner Elektroauto-Offensive den Baukasten für batteriegetriebene Autos möglichst vielen Wettbewerbern zu Verfügung stellen, um die Kosten zu senken. Der Modulare Elektrifizierungsbaukasten (MEB) solle ein Standard nicht nur für den VW-Konzern sein, sondern der gesamten Industrie offenstehen, sagte Strategiechef Michael Jost dem "Tagesspiegel".

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Man befinde sich bereits in "einigen fortgeschrittenen Gesprächen" mit Wettbewerbern, vor allem im Volumensegment. Um Elektroautos zum Durchbruch zu verhelfen, müssen sie für möglichst viele Käufer erschwinglich sein. Dies ist nur zu erreichen, wenn sich möglichst viele Wagen eine Plattform teilen und die Kosten je Fahrzeug dadurch sinken. Der deutsche Autobauer plant ein E-Auto zu einem Preis unter 20.000 Euro.

VW verhandelt bereits mit Ford über eine globale Allianz, die sich laut Insidern auch auf die Nutzung des Elektrobaukastens von VW durch den US-Konzern erstrecken soll.

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In der Zuliefersparte von VW "bleibt kein Stein auf dem anderen"

Gleichzeitig baut der Hersteller seine konzerneigene Zuliefersparte um und streicht dabei weiter Stellen. In dem Bereich, der seit jeher Motoren und Getriebe, Lenkungen, Achsen und Sitze für die Konzernmarken herstellt, bündeln die Wolfsburger nun auch alle Aktivitäten rund um die Elektromobilität und damit auch die Verantwortung für den wichtigen Batteriebereich.

Da der Bau von Elektroantrieben weniger aufwendig ist, fallen Arbeitsplätze weg. Spartenchef Thomas Schmall bezifferte den in den nächsten Jahren angepeilten Personalabbau am Freitag in Salzgitter auf zehn Prozent. In den westdeutschen Zulieferwerken beschäftigt VW rund 30.000 Mitarbeiter. Bereits in den vergangenen zwei Jahren wurden knapp 1.900 Stellen gestrichen.

Die Sparte beschäftigt 80.000 Menschen

Weltweit arbeiten in der zu Jahresanfang neu gegründeten Volkswagen Group Components rund 80.000 Menschen in 61 Komponentenwerken an 47 Standorten. Die Sparte ist vom Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zu batteriegetriebenen Fahrzeugen besonders stark betroffen. Aktuell schlägt bereits die Abkehr der Kundschaft vom Diesel zu Buche. So wurden im Motorenwerk Salzgitter zu Hochzeiten an sieben Tagen pro Woche im Dreischichtbetrieb Motorblöcke für Selbstzünder gebaut, inzwischen laufen die Linien nur noch an fünf Tagen in der Woche. Aktuell werden mehrere Bereiche auf die Produktion von Benzinmotoren umgestellt, die nach der von Volkswagen selbst verursachten Dieselkrise stärker gefragt sind. "Hier bleibt kein Stein auf dem anderen", schilderte Schmall den Umbau. Der Personalabbau solle soweit wie möglich durch Vorruhestandsregelungen bewältigt werden.

Im Zuge des Umstiegs auf die E-Mobilität zieht sich Volkswagen aus Bereichen wie der Fertigung von Stahlrädern oder Kunststoffteilen zurück und bezieht solche Teile künftig von Lieferanten. In anderen Bereichen werden Partnerschaften angestrebt. Zugleich soll die Produktivität deutlich gesteigert werden, um die Renditeansprüche des Konzerns von sechs Prozent mittelfristig zu erfüllen. VW muss seine Ertragskraft steigern, um die enormen Kosten beim Umstieg in die Elektromobilität, selbstfahrende Autos und neue Mobilitätsdienste zu stemmen. Dabei soll die Komponentensparte keine Ausnahme machen.

Der im Konzernvorstand für Beschaffung zuständige Stefan Sommer machte deutlich, dass die Komponentensparte nicht aus dem Konzern herausgelöst werden solle. Die Tochter solle weiterhin die eigenen Fahrzeugwerke beliefern und nicht zu anderen Lieferanten in Konkurrenz treten.

In Salzgitter baut der Autobauer bereits eine Pilotanlage zur Fertigung von Batteriezellen auf. Im benachbarten Werk Braunschweig werden künftig markenübergreifend Batteriesysteme für E-Autos auf Basis des Elektrobaukastens MEB entwickelt und hergestellt. Gleichzeitig investiert Volkswagen massiv in die Komponentensparte. Allein in diesem und im nächsten Jahr fließen 870 Mio. Euro in die Fertigung von Bauteilen für Elektroautos. Insgesamt nimmt der Konzern im Rahmen seiner jüngsten Investitionsplanung binnen fünf Jahren in diesem Bereich 3,8 Mrd. Euro in die Hand. Das operative Geschäft der neuen Marke unter dem Dach der Volkswagen AG wird von einem dreiköpfigen Vorstand mit Schmall an der Spitze geleitet. Beschaffungsvorstand Sommer gehört dem Aufsichtsgremium der Tochter an. (reuters/apa/red)