Halbleiterhersteller : USA blockieren Infineons großen Deal mit Wolfspeed

Der Halbleiterkonzern Infineon droht bei der Übernahme des US-Chipherstellers Wolfspeed auf den letzten Metern an nationalen Sicherheitsbedenken der Amerikaner zu scheitern.

Der Genehmigungsausschuss der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump teilte Infineon und der Wolfspeed-Mutter Cree nach Firmenangaben mit, keine geeigneten Möglichkeiten zu sehen, wie die Bedenken ausgeräumt werden können.

Deutschlands größter Halbleiterkonzern hatte sich noch vor einer Woche hoffnungsfroh gezeigt, den 850-Millionen-Dollar-Deal (797 Mio. Euro) bald abzuschließen. Jetzt wurde der Hersteller vom Widerstand aus den USA kalt erwischt. Wie es weitergeht, konnte Infineon nicht sagen.

An der Börse äußerten sich Analysten besorgt. "Es sieht so aus, als ob die Akquisition nicht zustande kommen wird", schrieb Harald Schnitzer von der DZ Bank in einer Kurzanalyse. "Dies ist ein Rückschlag für Infineon." Der Kauf von Wolfspeed sei für die Bayern wichtig, um die technologische Führung zu erhalten, hieß es in einer Analyse der Baader Bank.

Infineon will mit Hilfe von Wolfspeed die Expertise bei neuen Halbleitermaterialien stärken: Siliziumkarbid und Galliumnitrid statt des bisher hauptsächlich für die Chipproduktion verwendeten Siliziums. Die Amerikaner könnten etwa beim Bau kleinerer und effizienterer Ladegeräte für Elektroautos helfen, Infineon so seine Position als Zulieferer für die Pkw-Branche und für den Mobilfunkstandard 5G stärken.

"Mit Wolfspeed hätte Infineon über das umfassendste Portfolio von Verbindungshalbleitern verfügt und seine Position als führender Anbieter von Leistungshalbleitern und Hochfrequenz-Leistungsbauelementen für wichtige Wachstumsmärkte wie Elektromobilität, erneuerbare Energien und die Mobilfunkinfrastruktur der nächsten Generation für das Internet der Dinge gestärkt", schrieb Analyst Schnitzer.

Wo die Risiken für die "nationale Sicherheit" zu sehen sind, ist offen

Worin der US-Genehmigungsausschuss CFIUS (Committee on Foreign Investment in the United States) bei dem Deal genau die Risiken für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten sieht, blieb zunächst offen. Weil die Prüfer zudem keine geeigneten Maßnahmen sähen, um die Bedenken auszuräumen, besteht nach Ansicht von Infineon "ein substanzielles Risiko, dass die geplante Übernahme nicht in der vereinbarten Form vollzogen werden kann".

Die Wolfspeed-Mutter Cree teilte mit, sie erwäge eine Modifizierung der Transaktion. Eine Garantie, dass dadurch die von CFIUS gesehenen Risiken behoben werden könnten, gebe es aber nicht. Infineon will eng mit CFIUS und Cree zusammenarbeiten, "um Lösungen zu finden, die die Bedenken ausräumen könnten". Wie diese aussehen könnten, ist unklar.

Übernahme im vergangenen Sommer angekündigt

Infineon hatte die im Sommer 2016 angekündigte Wolfspeed-Übernahme eigentlich bis Jahresende abschließen wollen. Noch in der vergangenen Woche hatte Konzernchef Reinhard Ploss die Erwartung geäußert, dass der Deal im laufenden Quartal unter Dach und Fach gebracht wird. Mit Störfeuern auf den letzten Metern rechne er nicht. Bei der Bearbeitung durch die US-Behörden sehe er nach dem Regierungswechsel keine Unterschiede im Vergleich zu einer früheren Akquisition in Amerika, sagte er.

Infineon ist auch hierzulande vertreten: Die Tochtergesellschaft Infineon Österreich hat den Hauptsitz in Villach und beschäftigt in ganz Österreich rund 3.500 Mitarbeiter in Produktion, Forschung und Entwicklung.

Mit Gegenwind aus den USA wegen Sicherheitsbedenken ist Infineon nicht allein: Im Dezember hatte der chinesische Investor Fujian Grand Chip Investment den Kauf des deutschen Chipanlagenbauers Aixtron abgeblasen, nachdem die US-Regierung - damals noch unter Präsident Barack Obama - die Übernahme des US-Geschäfts von Aixtron durch den chinesischen Investor blockiert hatte.

Auch bei Aixtron haben die USA blockiert - allerdings die Chinesen

Die Sicherheitsbehörden hatten Bedenken, da China militärischer Rivale der beiden NATO-Staaten USA und Deutschland ist. Der Roboterbauer Kuka hatte auf dem Weg zur Übernahme durch den chinesischen Hausgeräte-Hersteller Midea seine Rüstungsaktivitäten in den Vereinigten Staaten an eine amerikanische Firma verkauft - auf Geheiß der US-Behörden.

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer hatte kürzlich mit dem Versprechen von Milliardeninvestitionen und neuen Jobs in den USA für die geplante Fusion mit dem amerikanischen Saatgutriesen Monsanto geworben. Die Konzerne sind bei der 66 Mrd. Dollar schweren Transaktion auf das Wohlwollen der Aufsichtsbehörden angewiesen, auch in zahlreichen anderen Ländern müssen die Wettbewerbshüter noch zustimmen. Der US-Chiphersteller Qualcomm wiederum braucht für die angekündigte Übernahme des niederländischen Rivalen NXP den Segen der EU. (reuters/apa/red)