Ausbildung : Traineeprogramme: Wie Frequentis, Meusburger, Blum, AT&S, Miba und Lenzing Führungskräfte aufbauen

Eines verbindet wohl alle Trainees: Theorie ist gut und wichtig, finden sie, doch lernen allein ist ihnen zu wenig, sie wollen endlich tun, statt nur zusehen. Die Traineeprogramme viele österreichischer Industrieunternehmen bieten ausreichend Gelegenheit dazu - bezahlt, wohlgemerkt. Läuft alles gut, wartet am Ende in aller Regel auch ein spannender Job abseits des Gewöhnlichen. Und das Beste dabei: Viele der Programme können direkt nach der Matura gestartet werden. Oder in einer Studienpause. Oder auch nach dem Studium. Denn Ware von der Stange gibt es bei den wirklich guten Trainee-Programmen ohnehin nicht. Selbst dann, wenn ein grober inhaltlicher Rahmen vorgegeben ist – der konkrete Ablauf ergibt sich meist aus den Vorerfahrungen des Trainees sowie den Bedürfnissen des Unternehmens.

Sehr viele Unternehmen setzen dabei auf das Mentorenprinzip, bei dem der Trainee einen schon länger in der Firma tätigen Kollegen oder Kollegin als Ansprechpartner für alle kleinen („Wo geht’s hier zur Küche?“) und großen „(Wie ging diese Funktion in der Datenbank doch noch einmal?“) Fragen des Lebens zur Seite gestellt bekommt. „Wir wollen die Leute damit nicht entmündigen und schon gar nicht bemuttern, aber neben rein praktischen Vorteilen ist ein Mentor der beste Garant dafür, dass die Trainees schnell in das Unternehmen integriert werden, sonst ist das bisweilen schwierig“, sagt die Personalverantwortliche eines Konzerns, der auf dieses System setzt.

Und sie verrät noch etwas: „Leute, die echtes Interesse zeigen, bekommen bei uns auch dann eine Chance, wenn sie nicht ganz in das ursprünglich formulierte Anforderungsprofil passen.“ Ein guter Grund also, bei spannenden Firmen selbst dann nachzufragen, wenn man fürchtet, für das angebotene Traineeprogramm nicht perfekt genug zu sein oder wenn es vielleicht gar kein offizielles Traineeprogramm gibt.

Operation am offenen Herzen: System Engineer bei Frequentis

Für diese Erkenntnis musste er mit sich ringen. „Als Filmemacher werde ich unmöglich meinen Lebensunterhalt verdienen können“, musste sich Sebastian Liedl eines Tages eingestehen. Zum Glück gab es da noch diese zweite Leidenschaft: Medien, Technik und Computer bzw. die Verbindung davon. Statt, wie er sich das noch während seiner Zeit am Gymnasium in Mödling vorstellte, Künstler zu werden, schrieb sich Liedl daher nach der Matura für ein HTL-Kolleg in Mödling ein. Denn: Interessiert haben ihn Computer immer schon, bloß: Programmieren lernen war im Gymnasium nicht. Allerdings war irgendwann einmal nur programmieren auch fad. Und Codes für den hunderttausendsten E-Commerce-Shop wollte Liedl auch nicht schreiben. Wenn schon Software, dann dort, wo sie mehr bewirkt als den Verkauf von zum Beispiel Socken zu optimieren.

Der Weg zu Frequentis und eine Bewerbung als System-Engineering-Trainee war dann nur noch eine Frage der Zeit. Denn die Kernkompetenz des in Wien ansässigen Weltmarktführers ist die Entwicklung von Kommunikations- und Informationssystemen für sicherheitskritische Bereiche. Die Kunden kommen dementsprechend aus der Luftfahrt, Seefahrt, der öffentlichen Sicherheit und den Blaulicht-Organisationen. Und weil das Traineeprogramm bei Frequentis nach einem Rotationsprinzip aufgebaut ist, hat Liedl inzwischen im Rahmen seiner Ausbildung zum System Engineer viele Facetten dessen kennengelernt, was Frequentis macht. Innerhalb von acht Monaten wurde er von mehreren Mentoren begleitet, besuchte Ausbildungskurse und lernte Experten innerhalb der Firma kennen.

In der Customer Service Division hat er Kundenanfragen bearbeitet, im Technology Management war er dabei als Updates für Software für hochsensible Sicherheitsanwendungen freigegeben wurden und er machte auch einen Block, der explizit auf Projektmanagement abzielte. Training in Softskills wie Umgang mit Kunden gab es auch – kein Wunder, der Chef eines Flughafens kann schließlich schon etwas nervös werden, wenn der Techniker zu ihm sagt: „Ich spiele jetzt noch schnell das Update für die Landebahnzuteilung ein, wird schon gut gehen.“

Dass „Wird-schon-gut-gehen“ keine geeignete Strategie ist, war Liedl natürlich von Anfang an klar. Was ihn aber als Trainee besonders beeindruckt hat, fasst er so zusammen: „Ich habe mit der Zeit ein Gespür dafür bekommen, was es bedeutet, wenn man an einem System Änderungen vornimmt, das sicherheitskritisch ist und dabei live arbeiten muss. Am Ende des Tages geht es ja oft um Lösungen von denen Menschenleben abhängen, etwa bei einer Rettungsleitstelle.“ Den Vergleich mit einer Operation am offenen Herzen bringt Liedl nicht. Aber es könnte sich durchaus so anfühlen.

Steckbrief

Unternehmen: Frequentis AG

Job: System Engineer

Dauer des Traineeprogramms: rund 8 Monate

Voraussetzung: HTL Matura, Schwerpunkte Netzwerktechnik, Informatik, Informationstechnologie Bezahlung während des Traineeprogramms: ab 30.500 € Jahresbrutto

Schritt für Schritt zum Ziel: Vertriebsmanagement bei Meusburger

Internationale Betriebswirtschaftslehre an der FH Dornbirn hat ihn schon auch gereizt, sagt Joachim Seeberger. Den Bachelor-Abschluss hat er daher auch gemacht. Am Ende gab der Wunsch nach echtem (Berufs)leben statt weiteren zwei Jahren hinter Büchern aber doch den Ausschlag, sich nach einer Jobmöglichkeit umzusehen. Und eigenes Geld zu verdienen, schien auch kein schlechter Gedanke. Noch dazu konnte Seeberger bei dem Vorarlberger Werkzeugmacher-Spezialisten Meusburger in ein Programm einsteigen, dass sich ohnehin sowohl an Maturanten als auch Hochschulabgänger richtet. Die Mission dabei: einen fundierten Einblick in die verschiedenen Abteilungen und Unternehmensabläufe bei Meusburger erhalten.

Den hat Seeberger inzwischen. Und ist froh darüber: „Ich wusste schon von Beginn an, dass es mich vor allem in den Bereich Marketing und Vertrieb zieht. Zugleich hatte ich am Anfang eher wenig Ahnung, was ich da vermarkten und vertreiben soll. Inzwischen kann ich aber sagen: Ich kenne die Produktpalette von Meusburger wirklich gut und weiß auch, worauf es beim Werkzeugbau ankommt.“

Was auch am Aufbau des Programms liegt: Denn begonnen hat Seeberger im Vertriebsinnendienst, unter anderem war er an der Erstellung von Angeboten beteiligt. „So habe ich ganz nebenbei nach und nach gelernt, was Meusburger produziert.“

Dann folgten Stationen, die stärker auf Seebergers endgültigen Jobwunsch abgestellt waren: Vertriebscontrolling mit vielen, vielen Zahlen und Excel-Anwendungen, zwei Monate im Marketing, das er schon von einem Ferialpraktikum kannte und schließlich Vertriebsmanagement mit zwei Projekten, die Seeberger bereits selbständig durchführen konnte. Eines davon bestand darin, bei den ausländischen Tochtergesellschaften von Meusburger die Retourenabwicklung so anzupassen, dass sie mit der restlichen Meusburger-Welt kompatibel ist.

Eine Aufgabe, die schon ziemlich nah an dem ist, was Seeberger auch in Zukunft machen will: „Ich habe es sehr geschätzt, dass man mich von Anfang an nach meinen Interessen gefragt hat und mir auch signalisierte: Wenn du willst und es für uns passt, wollen wir, dass das Traineeprogramm zu einer langfristigen Anstellung führt.“

Steckbrief

Unternehmen: Meusburger Georg GmbH & Co KG

Job: Trainee

Dauer des Traineeprogramms: 12 Monate

Voraussetzung: abgeschlossene kaufmännische oder technische Ausbildung

Bezahlung während des Traineeprogramms: ab 32.500 € Jahresbrutto, je nach Vorqualifikation

Im Kampf mit der Monster-Maschine: Maschinenkonstrukteur bei Blum

Tobias Leithner hat erst gar nicht lang nach einem Traineeprogramm gesucht, an dem er teilnehmen möchte. Stattdessen schickte er eine Mail mit einer Initiativbewerbung exakt an das Unternehmen, in dem er unbedingt arbeiten wollte: den Vorarlberger Beschlägespezialisten Blum. Bald darauf war er im Unternehmen angestellt und wurde für seinen zukünftigen Einsatz als Maschinenkonstrukteur vorbereitet.

Dass Leithner etwas Technisches machen würde, war ihm von Anfang an klar. Dass er nach Hauptschule, der HTL Bregenz und dem Zivildienst beim Roten Kreuz, Konstrukteur werden sollte, nicht unbedingt. „Ich habe eine Weile schon überlegt, Maschinenbau zu studieren. Letztlich wollte ich aber doch etwas Praktisches machen, nicht schon wieder Theorie lernen. Das Aktive passt besser zu mir.“

Ein Wesenszug, der schon in früher Jugend sichtbar wurde. Die Anzahl an Dingen, die er zerlegt hat – und manchmal sogar wieder zusammengebaut -, bloß um zu erfahren, wie sie funktionieren, ist jedenfalls beträchtlich. „Diese Freude macht mir Technik bis heute“, sagt er.

Dass er sie inzwischen ausgerechnet bei Blum auslebt, liegt an dem guten Ruf des Unternehmens, aber auch an seinem Konstruktionslehrer aus der Bregenzer HTL – der ist nämlich in seinem Hauptberuf bei Blum und hat schon so manches Talent ins Unternehmen gelotst.

Was Leithner an Blum besonders schätzt ist neben der Möglichkeit, sich ein Netzwerk für die Zukunft aufzubauen, das nahezu tägliche Überraschungsmoment: „Der große Vorteil, Seite an Seite mit erfahrenen Konstrukteuren zu arbeiten, ist, dass man immer wieder drauf kommt, dass es einfachere, elegantere Lösungen gibt, als diejenige, die man ursprünglich verfolgt hat. Ohne diese Erfahrung würde ich vermutlich ziemlich überkomplexe Monster-Maschinen konstruieren wollen.“

Steckbrief

Unternehmen: Blum

Job: Maschinenkonstrukteur

Kein reguläres Traineeprogramm

Voraussetzung: HTL-Matura

Bezahlung: keine Angabe

Vom Fließband nach China: Qualitätsmanagerin bei AT&S

Auch wenn sie frei hat und ihr Bewegungsdrang riesig ist, kann Ulrike Klein nicht einfach vor die Tür gehen und losjoggen. Wenn in Chongqing Smogalarm angesagt ist, heißt es, zuhause bleiben und Filme schauen. Oder notfalls am Hometrainer schwitzen. „Es ist eine Kleinigkeit, aber dass ich in meinem Traineeprogramm bei AT&S auch auf solche Dinge im Voraus vorbereitet wurde, half mir sehr, mich in China von Anfang an wohl zu fühlen“, erzählt Klein.

Ein Jahr dauert das International Talent Program, an dem Klein teilnahm und das die international rekrutierten Trainees auf Führungsaufgaben in den chinesischen Niederlassungen von AT&S vorbereitet. Doch so hoch das Ziel, so bodenständig beginnt das Programm: mit neun Wochen in der Produktion am steirischen AT&S Hauptsitz in Leoben. „Eine wirklich gute Idee“, sagt Klein. „Denn dadurch konnte ich einmal ganz tief und praktisch in die Welt jener Arbeiter und Operators eintauchen, die letztlich die unmittelbare Verantwortung dafür tragen, dass die Qualitätsvorgaben eingehalten werden.“ Kenne man diese Welt nicht, neige man dazu – das weiß sie inzwischen – als Qualitätsverantwortliche den Fokus nicht dorthin zu richten, wo es am wichtigsten wäre.

Auf die Einstiegswochen im Schichtmodell folgten zahlreiche Vorbereitungsprojekte in Österreich und das schon erwähnte intensive interkulturelle und sprachliche Training. Denn Mandarin können schließlich auch Rheinländerinnen, denn eine solche ist Ulrike Klein, in der Regel nicht gerade von Kindesbeinen an. Inzwischen, seit einigen Monaten in Chongqing stationiert, kommt Klein dank des Trainings mit ihrem Job in der Fremde bestens zurecht: „Ich habe sogar gelernt, mich damit zu arrangieren, dass manche Dinge hier einfach langsamer laufen.“

Steckbrief

Unternehmen: AT&S

Job: Qualitätsmanagerin

Dauer des Traineeprogramms: 12 Monate

Voraussetzung: abgeschlossene technische Ausbildung (Studium/FH) mit den Schwerpunkten

Werkstoffwissenschaften, Chemie, Kunststofftechnik, Wirtschaftsingenieurwesen

Bezahlung während des Traineeprogramms: ab 33.180 € Jahresbrutto, marktgerechte Überzahlung je nach Vorqualifikation üblich.

Einmal um die Welt: Projektmanager bei Miba

Im Kofferpacken ist Manuel Husjell geübt. Nicht, dass das die Kernvoraussetzung wäre, um am Global Graduate Programm des oberösterreichischen Maschinenbauers Miba teilzunehmen. Aber es hilft. denn als internationales Unternehmen schickt Miba seine Trainees während des 18 Monate dauernden Programms tatsächlich rund um den Globus. Zwischen den Kontinentwechseln, bei Husjell waren es übrigens Nord- und Südamerika sowie Asien, kommen die Teilnehmer zu sogenannten Academy Weeks nach Österreich, bei denen an Grundlegendem wie zum Beispiel Kommunikationstechniken gefeilt wird.

„USA, China, Brasilien – die Länder und Miba-Werke, die ich während meiner Ausbildung kennenlernen konnte, spiegeln absolut den internationalen Mindset des Unternehmens“, sagt Husjell. Und freut sich über zwei Dinge: zum einen über die Aussicht, langfristig bei Miba bleiben zu können, zum anderen, dass ihm schon während der Trainee-Zeit jede Menge an Verantwortung übertragen wurde: in Ohio, wo die Gleitlagerdivision von Miba beheimatet ist, war er an der Entwicklung von Standards für die Division beteiligt und zugleich bei einem Projekt dabei, dass die Verpackung der in Ohio hergestellten Produkte verbesserte.

Auch in Shanghai, der zweiten Station, ging es um Standardisierung und Professionalisierung von Abläufen. Nicht zufällig: „Das Thema Lean-Management interessiert mich“, sagt Husjell. Er wird sich damit wohl auch in Zukunft beschäftigen. Denn eine der Besonderheiten des Global Graduate Programms ist es, dass der Trainee während der 18 Monate Ausbildung seinen zukünftigen Aufgabenbereich sehr stark mitbestimmen und definieren kann.

Steckbrief

Unternehmen: MIBA

Job: Projektmanager

Dauer des Traineeprogramms: 18 Monate

Voraussetzung: Bachelor oder Masterabschluss

Bezahlung während des Traineeprogramms: keine Angabe

Der Blick fürs Ganze: Verfahrenstechniker bei Lenzing

Neue Destination, neue Herausforderung. So ließen sich die Vorzeichen beschreiben, unter denen Wolfgang Bachkönig sein Trainee-Programm bei der Lenzing Gruppe begann – als Vorbereitung für einen Einsatz am indonesischen Unternehmensstandort Purwakarta. Dabei ging es, wie er erzählt, um nichts anderes als eine Faser „von der Pike“ auf kennenzulernen, um später an der Weiterentwicklung des Produktionsprozesses mithelfen zu können.

Dass es dabei Lenzing-typisch, wie der Verfahrenstechniker betont, sehr hands-on zuging, sieht er als absoluten Vorteil: „Natürlich sind gute Techniker wichtig. Ich war aber verblüfft, wie viel ich von erfahrenen Schichtmeistern lernen konnte. Das ist ein Wissen, das unendlich viel wert ist.“ Umso schöner findet Bachkönig, dass auf die Weitergabe solcher Erfahrungswerte bei Lenzing besonders viel Wert gelegt wird.

Und auf einen breiten Zugang. „Dass ich im Rahmen des Traineeprogramms auch viel mit Nicht-Technikern zu tun hatte, war eine große Bereicherung. So ist man am Ende doch breiter und besser aufgestellt.“ Dank dieses Zugangs wurde es Bachkönig zum Beispiel auch sehr deutlich, dass das Zusammenspiel von einzelnen Systemen wie Produktion, Instandhaltung und Verwaltung, das in Österreich meistens schnell und ohne Probleme funktioniert, anderswo eine größere Fehlerquelle sein kann als zum Beispiel abweichende Parameter bei einer Maschine. Auch das eine wichtige Erkenntnis.

Steckbrief

Unternehmen: Lenzing AG

Job: Verfahrenstechniker, Chemiker, Maschinenbauer

Dauer des Traineeprogramms: 20 Monate inklusive Auslandsaufenthalte

Bezahlung während des Traineeprogramms: ab 3.400 € Monatsbrutto

Voraussetzung: Masterabschluss (FH, Uni)