Stahlindustrie : Thyssenkrupp: Mitarbeiter schimpfen auf die Vorstände

Die Sitzung des Aufsichtsrats der Stahlsparte von Thyssenkrupp ist in Duisburg zu Ende gegangen - heute soll es nach Angaben eines Sprechers eine Mitteilung des Unternehmens geben. Rund 7.000 Stahlkocher hatten zuvor vor der Hauptverwaltung der Thyssenkrupp-Stahlsparte für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert und dabei die Produktion teilweise lahm gelegt - mehr zum Ablauf der Proteste hier.

Erst am frühen Abend konnten die Anlagen nach Angaben des Betriebsrats wieder voll anlaufen. Hintergrund ist ein Sparprogramm des Unternehmens mit drohenden Standortschließungen. Konkrete Einzelheiten sind aber bisher nicht bekannt.

7000 Stahlkocher fordern Klarheit

Während bei Thyssenkrupp über Sparmaßnahmen für die kriselnde Stahlsparte beraten wird, formiert sich vor den Werkstoren der Widerstand. Bei einer Demonstration forderten Stahlkocher Klarheit über die Pläne des Vorstands. Rund 7000 Stahlkocher demonstrierten am Mittwoch in Duisburg für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und für Informationen über mögliche Sparpläne. "Wir fordern Fakten, kein dummes Geschwätz", sagte der Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler.

Hintergrund der Aktion war eine für den gleichen Tag angesetzte Sitzung des Aufsichtsrats der Stahlsparte, bei der das Gremium über die Sparmaßnahmen beraten sollte. Für zusätzliche Verunsicherung sorgten daneben laufende Gespräche mit dem indischen Konkurrenten Tata über einen möglichen Zusammenschluss.

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Die Sitzung des Aufsichtsrats der Stahlsparte von Thyssenkrupp ging am Abend zu Ende, zunächst wurde allerdings nichts bekannt. Am Donnerstag soll es nach Angaben eines Sprechers eine Mitteilung des Unternehmens geben. Einzelheiten nannte er vorerst nicht.

Management schließt Stilllegung ganzer Standorte nicht aus

Angesichts weiterer Sparanstrengungen hatte das Unternehmen auch Schließungen einzelner Werke zuletzt nicht ausgeschlossen. Bedroht sein könnten nach Information des Betriebsrats Werke in Duisburg-Hüttenheim und Bochum.

Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass von den rund 19.000 Beschäftigten der Stahlsparte zwischen 3.000 und 4.000 von Stellenstreichungen betroffen sein könnten. Mit der Vorlage konkreter Pläne durch den Vorstand der Thyssenkrupp Steel AG wird aber erst im kommenden Jahr gerechnet.

Metallergewerkschaft übt scharfe Kritik an Konzernführung

Der Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, warf dem Vorstand vor, die Tradition der Mitbestimmung in der Stahlindustrie zu verlassen. "Das Mitbestimmungsrecht wird mit Füßen getreten", so der NRW-IG-Metall-Chef. Notwendig sei die Vorlage konkreter Informationen als Voraussetzung für Gespräche. Die Beschäftigten bräuchten endlich Klarheit darüber, welche Ziele sich der Konzern mit den angekündigten Programmen zur Konsolidierung und Restrukturierung vornehmen wolle, so Giesler.

Vor allem Finanzvorstand Guido Kerkhoff sei zur Hassfigur geworden, wie die "Rheinische Post" berichtet. Kerkhoff hatte bei der jüngsten Vorlage der Geschäftszahlen gesagt, die Belegschaft müsse auch eine gewisse Zeit der Unsicherheit aushalten. Das sei arrogant, so Metallgewerkschaftler Knut Giesler gegenüber der Zeitung: "Diese Menschen wissen nicht mehr, was Existenzangst heißt."

"Diese Menschen wissen nicht mehr, was Existenzangst heißt"

Dem Bericht zufolge warf Giesler dem Thyssenkrupp-Konzernchef Hiesinger erneut vor, dieser habe nicht ausreichend erklärt, warum eine Konsolidierung und Einsparmaßnahmen in der Stahlsparte nötig seien, so Giesler gegenüber der "Rheinischen Post": "Ich erwarte endlich Informationen zu der Restrukturierungsnotwendigkeit. Wir brauchen Fakten und nicht nur dummes Geschwätz."

Kritik kommt auch von Mitgliedern des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp. So meinte der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der Stahlsparte, Detlef Wetzel: "Die Sinnhaftigkeit der Restrukturierung erklärt sich nicht von selbst. Der Konzern muss diese bis ins Detail erklären."

Stahl-Betriebsratschef Günter Back warnte davor, gültige Tarifverträge in Frage zu stellen. Betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen seien danach bis zum Jahr 2020 tabu. Konzernbetriebsratschef Willi Segerath warf dem Unternehmen vor, Familien in existenzielle Nöte zu stoßen.

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