Stahlindustrie : Thyssenkrupp: Chronologie zu Aufstieg, Abstieg und Aufspaltung

1998/1999 - Zusammenschluss der beiden mehr als 100 Jahre alten Traditionskonzerne Thyssen und Krupp. Zusammen erzielen sie mit 185.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 32 Mrd. Euro und einen Vorsteuergewinn von 616 Mio. Euro.

16. August 2000 - Ein für September geplanter Börsengang der Stahlsparte wird wegen einer schwachen Bewertung abgesagt.

November 2004 - Der Aufsichtsrat genehmigt 50 Mio. Euro für eine Machbarkeitsstudie für ein Stahlwerk in Brasilien. Es soll günstig Rohstahl herstellen, der in der Nafta-Region weiterverarbeitet und an Autokonzerne in den USA verkauft wird.

Frühjahr 2006 - Der Aufsichtsrat beschließt den Bau einer Anlage für Stahl und einer für Edelstahl in den USA.

2007 - Die EU-Kommission verdonnert Thyssenkrupp wegen der Beteiligung an einem Aufzugskartell zu einem Bußgeld von 480 Mio. Euro.

Bilanzjahre 2006/2007 und 2007/08 - Der Konzern fährt im weltweiten Stahlboom Rekordgewinne ein.

2007/08 steigt der Nettogewinn auf 2,3 Mrd. Euro. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von 1,30 Euro pro Aktie.

10. Dezember 2010 - Unter dem Motto "Thyssenkrupp Home Alabama" eröffnet Vorstandschef Schulz die beiden Stahl- und Edelstahlwerke. Kosten der Anlagen fünf Mrd. Dollar (4,4 Mrd. Euro).

Jänner 2011 - Der ehemalige Siemens-Manager Heinrich Hiesinger übernimmt den Chefposten von Ekkehard Schulz.

Bilanzjahr 2010/11 - Das amerikanische Stahlgeschäft entwickelt sich zum Desaster. Thyssenkrupp schreibt gut zwei Mrd. Euro auf Steel Americas ab. Die Sparte fährt einen operativen Verlust von 3,1 Mrd. Euro ein.

11. Dezember 2011 - Der Konzern verkauft die zivilen Schiffbauaktivitäten von Thyssenkrupp Marine Systems mitsamt der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss an Star Capital.

2011/12 - Thyssenkrupp lagert das Edelstahlgeschäft mit der Weltmarke Nirosta in die Tochter Inoxum aus und stößt diese an Outokumpu ab. Die Transaktion im Volumen von 2,7 Mrd. Euro muss später teilweise rückabgewickelt werden.

Mai 2012 - Hiesinger zieht die Notbremse bei Steel Americas. Die Werke sollen verkauft werden.

Geschäftsjahr 2011/12 - Thyssenkrupp schreibt 3,6 Mrd. Euro auf Steel Americas ab. Der Konzern fährt einen Verlust von 4,7 Mrd. Euro ein. Die Nettofinanzschulden steigen auf 5,8 Mrd. Euro. Die Dividende fällt erstmals aus.

Juli 2012 - Das Bundeskartellamt verhängt wegen des Schienenkartells gegen Thyssenkrupp Gleistechnik GFT ein Bußgeld von 103 Mio. Euro. Hinzu kommen später noch ein weiteres Bußgeld von 88 Mio. Euro und Schadenersatzzahlungen von deutlich über 100 Mio. Euro an die Deutsche Bahn.

30. Juli 2013 - Im Alter von 99 Jahren stirbt Konzern-Patriarch Berthold Beitz. Die Uni-Rektorin Ursula Gather rückt an die Spitze der Krupp-Stiftung, die heute noch mit rund 21 Prozent der größte Einzelaktionär des Konzerns ist.

25. September 2013 - Der schwedische Finanzinvestor Cevian meldet, 5,2 Prozent der Anteile des Konzerns erworben zu haben.

November 2013 - Verkauf des Stahlwerks in den USA für gut eine Milliarde Euro an ArcelorMittal und Nippon Steel

4. März 2014 - Cevian hält 15,1 Prozent der Anteile. Heutzutage sollen es rund 18 Prozent sein.

17. Jänner 2014 - Nach dem erneuten Ausfall der Dividende wird auf der Hauptversammlung erstmals scharfe Kritik an Hiesinger laut. "Hiesinger hat zuviel versprochen", sagen Kritiker. Die Strategie sei unklar.

Bilanzjahr 2013/14 - Mit einem Überschuss von 212 Mio. Euro schreibt der Konzern erstmals seit drei Jahren schwarze Zahlen. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von elf Cent je Aktie. Vielmehr ist es danach aber nicht mehr geworden.

Februar 2017 - Mit dem Verkauf des verlustreichen Stahlwerks in Brasilien für 1,5 Mrd. Euro an den Konkurrenten Ternium beendet der Konzern das Stahlabenteuer in Amerika. Insgesamt hatte Thyssenkrupp rund zwölf Mrd. Euro darin investiert. Auch nach Abzug der Verkaufserlöse für die Werke in Brasilien und den USA verblieb unter dem Strich ein Verlust von rund acht Mrd. Euro.

2017 - Der Vorstand räumt ein, mit Tata Steel Gespräche über ein Gemeinschaftsunternehmen zu führen. Tausende Stahlkocher protestieren gegen die Pläne.

Situation ab 2018

Jänner 2018 - Cevian ist zunehmend unzufrieden mit Hiesinger und erhöht den Druck. "Die aktuelle Konglomeratsstruktur ist zu komplex und schwerfällig. Das ist die Ursache für die unterdurchschnittliche Leistung von Thyssenkrupp."

24. Mai 2018 - Der US-Hedgefonds Elliott teilt den Erwerb eines größeren Aktienpakets von Thyssenkrupp mit, das aber bis heute nicht die Meldeschwelle von drei Prozent erreicht hat. Thyssenkrupp habe operativ erhebliches Verbesserungspotenzial, erklärt der Fonds.

30. Juni 2018 - Thyssenkrupp und Tata Steel beschließen die Zusammenlegung ihrer europäischen Stahlgeschäfte.

5. Juli - Nur fünf Tage später tritt Hiesinger zurück. In einem Brief an die Mitarbeiter deutet er auf einen fehlenden Rückhalt durch die Großaktionäre Krupp-Stiftung und Cevian hin.

13. Juli - Der Aufsichtsrat ernennt Finanzchef Guido Kerkhoff vorerst zum Vorstandsvorsitzenden.

16. Juli - Nach Hiesinger wirft Aufsichtsratschef Ulrich Lehner das Handtuch. Auch Lehner verweist auf einen mangelnden Rückhalt durch die großen Aktionäre und den Aufsichtsrat.

31. Juli - Wenige Wochen nach dem Rücktritt Hiesingers dampft der Konzern seine Prognose für das Geschäftsjahr 2017/18 ein. Grund hier für sind vor allem die Probleme der Tochter Industrial Solution mit dem Anlagenbau und dem Marinegeschäft.

27. September - Vorstandschef Kerkhoff gibt Pläne zur Aufspaltung in einen Werkstoff- und einen Industriegüterkonzern bekannt.

30. September - Der Aufsichtsrat stimmt der Aufspaltung zu und macht Kerkhoff mit einem neuen Fünf-Jahres-Vertrag zum dauerhaften Vorstandschef. Zum AR-Chef wird Gremiumsmitglied Bernhard Pellens ernannt. 30. Oktober - EU-Kommission leitet eine tiefer gehende Prüfung der Stahl-Joint-Venture-Pläne von Thyssenkrupp und Tata ein. Diese dürfte bis Ende März 2019 dauern.

5. November - Insidern zufolge muss der Chef der Aufzugssparte, Andreas Schierenbeck, seinen Posten räumen.

8. November - Thyssenkrupp muss wegen einer drohenden Kartellstrafe der Stahlsparte Rückstellungen bilden. Der Konzern verfehlt dadurch die bereits gesenkten Jahresziele. Kerkhoff erwartet noch einen Überschuss von 100 Mio. Euro nach 271 Millionen im Jahr zuvor. Wegen weiterer Belastungen im Geschäft mit Autoteilen und unter den Erwartungen liegender Ergebnisse der Aufzugssparte werde das bereinigte Ebit bei 1,6 (1,72) Mrd. Euro liegen.

12. November - Aus Konzernkreisen verlautet, dass der scheidende Daimler-Finanzchef Bodo Uebber in den Aufsichtsrat einziehen und später die Führung übernehmen soll. (reuters/apa/red)