Erneuerbare Energien : Strom mit Neutrinos gewinnen - wie bei PV, nur rund um die Uhr

Auch die Photovoltaik entwickelte sich anfangs langsam. Erstmals 1958 in der Raumfahrt genutzt, folgten in den 1970er Jahren kleine Anwendungen in Taschenrechnern. Bis zur autarken Versorgung ganzer Haushalte vergingen nochmals fast 20 Jahre. Der Siegeszug der Photovoltaik setzte zu Beginn der 90er Jahre ein.

Was Neutrinos sind

Die Firma Neutrino Energy meldet nun, dass bald eine ähnliche und trotzdem grundlegend andere Weise der Stromerzeugung kommen könnte: Strom nicht aus Sonnenlicht, sondern aus Neutrinos. Die Firma hat laut Homepage ihren Sitz in Berlin und rund ein Dutzend internationale Vertretungen.

Jeder Fleck der Erde wird ununterbrochen, 24/7, auch bei völliger Dunkelheit, von einer ungeheuren Menge Neutrinos getroffen. Pro Sekunde durchqueren ca. 60 Milliarden Neutrinos jeden Quadratzentimeter der Erdoberfläche.

Ähnlich wie der Wind die Rotoren einer Windkraftanlage bewegt, geben Neutrinos Molekülen einen Bewegungsimpuls. Dafür müssen die Neutrinos auf ein extrem dichtes Material treffen. Während des Durchgangs durch das Material geben sie einen Bruchteil ihrer Bewegungsenergie ab.

Es braucht besonders dichtes Material

Da die natürlich vorkommenden Materialien nicht dicht genug sind, um regelmäßige Wechselwirkungen hervorzurufen, ist von den Neutrinos nichts zu merken. Allerdings besagen manche Theorien, dass Neutrinos, wenn auch unbemerkt, an vielen fundamentalen biologischen Prozessen beteiligt sind oder sie sogar erst ermöglichen. Unbestritten ist, dass die gesamte Energie des Universums aus hochenergetischen Neutrinos besteht. Diese Energie solle in Zukunft genutzt werden, so das Unternehmen.

Wie Solarzellen, die auch im Dunkeln Strom erzeugen

Die Neutrino Energy Group entwickelt solche Werkstoffe auf Basis dotierter Kohlenstoffderivate, um dadurch Mechanismen in Gang zu setzen, die es ermöglichen, das nichtsichtbare kosmische und solare Strahlenspektrum in elektrischen Strom zu wandeln. Neutrinovoltaic ist mit einer Solarzelle vergleichbar, die bei völliger Dunkelheit auch ohne Licht Energie bereitstellt und die nun die herkömmliche Photovoltaik in Kürze sinnvoll ergänzen wird.

Die Erkenntnisse in der Neutrino-Physik hätten das Potenzial, Probleme der Gegenwart zu lösen, glaubt Holger Thorsten Schubart, Firmenchef der Neutrino Energy Group. "Die nichtsichtbaren Strahlenspektren bieten uns unbestritten täglich mehr Energie als alle noch verbleibenden fossilen Rohstoffe auf der Erde zusammen. Ein riesiges Energiefeld, welches es in Zukunft zu nutzen gilt."

Wichtige Erkenntnisse der Neutrino-Physik seien in den USA und anderen Ländern anerkannt, meint Schubart. "Wir haben durch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft nun die Möglichkeit, Energie mit Hilfe der Neutrinovoltaic zu gewinnen, nämlich mit Hilfe des höchst energiereichen, nichtsichtbaren solaren und kosmischen Strahlenspektrums."

Ihre Theorie zur dezentralen Energiegewinnung mit Hilfe nichtsichtbarer Strahlung hatte die Neutrino Energy Group schon Anfang 2015 veröffentlicht. Neue Messgeräte und -verfahren zeigten, dass Neutrinos eine - wenn auch sehr geringe - Masse haben. Zwei Jahre später gelang einer Arbeitsgruppe der Universität Chicago der Nachweis, dass Neutrinos in Wechselwirkung sogar Moleküle bewegen können, was die Grundlage der Neutrinovoltaic-Technologie darstellt.

Neues Patent

Der Neutrino Energy Group ist es in Zusammenarbeit mit Materialwissenschaftlern gelungen, ein Material zu entwickeln und patentieren zu lassen, das dicht genug ist, um eine Wechselwirkung (Atomic Vibrations at Nano Materials) zu bewirken. Dieses Material bildet den Kern der zukünftigen Neutrinovoltaic-Zellen.

Vertikale und horizontale Impulse

Dazu werden mehrere Schichten aus dotiertem Graphen und Silizium, deren Dicken im Nanobereich liegen, auf ein Trägermaterial aufgedampft. Durchqueren Neutrinos dieses Schichtmaterial, werden sie zwar nicht eingefangen, geben aber dem Graphen vertikale und den Siliziumpartikeln horizontale Impulse.

Bei optimaler Schichtdicke bildet sich aus den atomaren Vibrationen eine Resonanz aus, die sich auf das Trägermaterial überträgt. Dies führt dort zu einem Stromfluss, der abgegriffen werden kann. Je mehr Fläche, desto mehr Energie - und die reicht rechnerisch grundsätzlich aus, um in Zukunft auch ohne Stromkabel und Steckdose jedes Elektrogerät (Neutrino Inside-Lösung) mit ausreichend elektrischer Energie zu versorgen.

Neue Verbundstoffe

Die energetische Nutzung der Strahlungsenergie - vor allem der Neutrinos - erforderte die Entwicklung neuer, fester, harter, aber trotzdem elastischer Verbundstoffe, die einen Teil der Bewegungsenergie als Bewegungen der Atome übertragen, wodurch eine Energieübertragung stattfindet, erklärt Prof. Dr. Günther Krause, wissenschaftlicher Partner der Neutrino Energy Group, und verweist auf das eingereichte Patent mit der Nummer WO2016142056A1.

Nach Abschluss der Laborentwicklungen werden demnach die repräsentativen Anwendungslösungen bearbeitet, um die neue, erneuerbare und permanente Elektroenergie zu nutzen. Zukünftig werde dies neue Ansätze in der ingenieurgemäßen Denk- und Arbeitsweise erfordern. Die Nutzung dieser CO2-freien Technologie führe, so Krause, zur Erneuerung der Energieproduktion sowie schrittweise zu einer weltweiten Klimastabilisierung.

Krause fasst zusammen: "Die Chancen der Neutrino-Strahlungsenergie als grundlastfähige, dezentrale Ergänzung der erneuerbaren Energie muss nach dem bevorstehenden Ausstieg aus Atom- und Kohleenergie auch von der deutschen Politik, insbesondere der deutschen Bundesregierung, als zentrale Option genutzt werden."

(von David Kornblum und Michael Postulka / ots / red)