Österreich : Smart Meter: Aufsehenerregende Fälle und harte Kritik

Die Stromrichtlinie im dritten EU-Binnenmarktpaket fordert die Einführung von Smart Metern, für alle Verbraucher. Mindestens 80 Prozent aller Stromkunden müssen bis spätestens 2020 einen Smart Meter erhalten. Der österreichische Gesetzgeber hat diese Vorgaben im Energiewirtschafts- und Organisationsgesetz (ElWOG) und in entsprechenden Verordnungen umgesetzt.

Hintergrund zum Thema:

Studie: Smart Meter messen mit massiven Fehlern >>

Smart Meter: Schiefe Argumente für den Rollout >>

Bei Verbrauchern und selbst in der Stromwirtschaft herrscht jedoch weiterhin Skepsis. Denn für die Energiewende, also die schrittweise Umstellung der Stromproduktion auf Erneuerbare, braucht es die digitalen Zähler gar nicht. Auch beim Stromsparen helfen die schlauen Zähler nicht wirklich. Smart Meter zeigen lediglich an, welche Geräte wie viel vebrauchen - doch das kann ein handelsübliches Messgerät um wenige Euro genauso. Und auch so weiß jeder, der sich dafür interessiert, dass sein Geschirrspüler mehr verbraucht als die Lampe im Vorzimmer.

Auch das Argument der Verfechter der Smart Meter, wonach das jährliche Ablesen entfalle, erscheint nicht einleuchtend angesichts der Milliardenkosten dieses Projekts - wovon im Übrigen kaum österreichische Hersteller profitieren, denn der größte Teil der Großaufträge geht an Zählerproduzenten aus dem Ausland.

Dazu:

Großauftrag der Wiener Netze geht an Siemens, Schweizer und Slowenen >>

Vom steirischen Millionenauftrag für "Smart Meter" profitieren Franzosen und Schweizer >>

Skepsis in der heimischen Stromwirtschaft

Selbst in der heimischen Stromwirtschaft bleiben viele skeptisch, etwa der niederösterreichische Versorger EVN: EVN verschiebt Einführung der neuen Stromzähler - Investitionskurs geht weiter >>

Harte Kritik des Rechnungshofs

Zuletzt hat der Rechnungshof mit einer ganzen Reihe kritischer Themen bei Smart Metern für Aufsehen gesorgt. Demnach gebe es bis heute keine seriöse Kosten-Nutzen-Analyse, massive Bedenken beim Datenschutz und weiterhin keinerlei Klarheit darüber, welche Kosten mit den teuren Zählern auf die Stromkunden zukämen. Dazu: Harte Kritik des Rechnungshofs an Smart Metern >>

Burgenländerin bekommt Strom abgedreht

Vor wenigen Tagen hat nun ein Fall für Aufsehen gesorgt, bei dem eine Frau im Burgenland sich geweigert hat, bei sich einen Smart Meter installieren zu lassen. Diese Möglichkeit wird in Österreich ausdrücklich gesetzlich erlaubt: "Intelligente" Stromzähler - und die Freiheit zu verweigern >>

In der Praxis allerdings schaut es schon anders aus: Die Burgenländerin bekam von ihrem Versorger, der Energie Burgenland, einfach den Strom abgedreht. Burgenländerin will keinen Smart Meter - Versorger dreht ihr einfach den Strom ab >>

Liste Jetzt: Es gibt zwei Möglichkeiten

Diesen Fall nimmt die Liste Jetzt (Liste Pilz) nun zum Anlass, die verschiedenen Möglichkeiten für Stromkunden in Österreich darzustellen. "Wer den Zählertausch verweigert – das zeigt ein Fall im Burgenland – dem wird vom Netz-Anbieter mit Stromabschaltung gedroht", so Peter Kolba, Leiter des Teams Bürgerrechte der Liste Jetzt (Liste Pilz).

Wenn man demnach die Installation eines digitalen Zählers durchführen lasse, werden die Tagesdurchschnittswerte ein Mal pro Tag an den Netzbetreiber gesendet.

Es gebe aber Kolba zufolge zwei mögliche Optionen, für die man sich aber ausdrücklich entscheiden muss: Erstens eine "Intensiv-Überwachung", wobei die Verbrauchswerte im Viertelstundentakt an den Netzbetreiber gesendet werden (Opt-in). Zweitens die Möglichkeit, die "smarten" Funktionen des Smart Meter abschalten zu lassen. Dabei funktioniert der Smart Meter weitgehend wie ein einfacher Zähler, behält aber trotzdem einige seiner aus der Ferne steuerbaren Funktionen bei. Auch bei dieser Option bleibt es Kolba zufolge dabei, dass der Verbrauch einmal jährlich aus der Ferne abgelesen werde (Opt-out).

Die Betreiber preisen als Vorteil, dass tagesgenau abgerechnet werden kann und man – insbesondere bei der Intensiv-Überwachung - auch selbst seinen Energieverbrauch über das Internet reflektieren könne.

Verdacht auf massiven Elektrosmog in den eigenen vier Wänden

Ob Smart Meter für viel mehr Elektrosmog in den eigenen vier Wänden sorgen, ist umstritten. Keineswegs umstritten ist, dass der Kunde bei Opt-in" dem Netzbetreiber umfangreiche Daten zur Verfügung stellt, die eine Analyse der Verbrauchsgewohnheiten zulassen.

"Wenn die Post – wie die Datenschutzbehörde mitteilt – illegal Kundendaten auswertet und verkauft, dann ist das hier ebenfalls zu befürchten", warnt Kolba. "Zwar bedarf das der Zustimmung der KundInnen, doch die wird in der Regel derart im Kleingedruckten versteckt, dass das häufig ohne Kenntnisnahme unterschrieben wird."

Entsprechend gebe es auch keine Garantie dafür, dass die Daten künftig nicht auch sekundengenau erfasst würden, so der Verbraucherschützer. "Haustürkeiler könnten sich anhand solcher Kundenprofile jene Zeiten heraussuchen, wo sicher jemand zuhause ist. Oder jene Personen auswählen, die, weil bereits im Ruhestand, oft zu Hause sind", so Kolba. "Wer das unterbinden will, kann nur hoffen, dass sein opt-out auch technisch beachtet wird."

(red)