Logistik : Schutt happens

Schutt happens. Hinter diesem leicht modifizierten Alltagsslogan verbirgt sich Handfestes. Nämlich Baustellenabfall. Das ambitionierte Vorhaben, diesen kurzfristig und ohne gesteigertes Verkehrsaufkommen zu entsorgen, hat sich wastebox.biz auf seine Fahnen geheftet. Über die Plattform und eine Smartphone-App werden nämlich im Falle eines Falles gleich mehrere Entsorgungsdienstleister gemeinsam koordiniert, indem entweder der Ladeträger-Stellauftrag (Big Bag, Mulden, Container) oder der Abholauftrag des Poliers dem gerade räumlich nächstgelegenen verfügbaren Dienstleister zugewiesen bzw. von diesem übernommen wird.

Wastebox.biz ist eines der Pilotprojekte, das im Rahmen von Logistik 2030+ umgesetzt und evaluiert werden soll. Der Startschuss erfolgt Anfang Juni, die Projektdauer ist mit vorerst einem Jahr anberaumt. Logistik 2030+ ist eine Initiative der Bundesländer Wien und Niederösterreich. Als Projektträger fungieren die beiden Landesverkehrsabteilungen und die beiden Wirtschaftskammern der Länder. Mit eingebunden sind zudem Vertreter der Logistik- und Güterverkehrsbranche, Verkehrsplaner, Wirtschaftsvertreter und die Politik.

Praxisbezogene Lösungen finden

„Das Ergebnis dieses Prozesses sollen im konstruktiven Dialog erarbeitete kurz-, mittel- und langfristige Lösungen mit dem Ziel einer ressourcenschonenden, effizienten und vor allem zukunftsorientierten Abwicklung der Güterverkehrsströme sein“, sagt Angelika Winkler, stellvertretende Abteilungsleiterin der Wiener Magistratsabteilung für Stadtentwicklung und Stadtplanung (MA 18). So sei es etwa das Ziel von wastebox.biz zu prüfen, welche Vorteile neue Technologien für die Logistik einer Großbaustelle haben und welche eventuellen Anpassungen zweckmäßig wären, um den Nutzen zu erhöhen. Ins Gesamtkonzept inkludiert sind darüber hinaus auch administrative Erleichterungen. Das bedeutet, dass sich vor Ort künftig niemand mehr mit einer „Zettelwirtschaft“ herumschlagen muss. Berichtsgenerierung und Formularausstellung erfolgen, den geltenden Verordnungen entsprechend, nämlich automatisch.

„Vereinfacht ausgedrückt geht es Logistik 2030+ um die Lösung von Nutzungskonflikten im fließenden und ruhenden Güter- und Individualverkehr“, sagt Davor Sertic, Spartenobmann Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien (WKW). Entscheidend dabei sei, dass die beabsichtigte Verkehrsreduktion ohne Leistungs- und Qualitätsverluste umgesetzt werden könne, schließlich ginge es auch, so Sertic, um nachhaltige Einsparungen von CO2-Emissionen für Ostösterreich. Dadurch, dass auch zahlreiche „Praktiker“ in den Prozess miteingebunden wären, sei sichergestellt, dass am Ende entsprechend brauchbare Vorschläge für die Entwicklung konsensfähiger Logistik- und Verkehrskonzepte für beide Bundesländer am Tisch liegen würden.

Neben wastebox.biz laufen im Juni auch andere Projekte an. Eines davon sieht die Installation eines sogenannten MIDI-Hubs im Bereich des Frachtenbahnhofes des Franz Josefs-Bahnhofes vor. Konkret geht es darum, das befahrbare Untergeschoss im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Althangrund als Hub-Standort für eine kooperative Nutzung durch die KEP- Branche entsprechend aufzubereiten, um so eine nachhaltige Transportkette in die Stadt und bis zum Endkunden zu schaffen. Projektziel ist die Erarbeitung von Grundlagen für die Integration von Gütertransporten in urbanen Gebieten. Dabei sollen die Logistik-Hubs möglichst nah an den Empfängern platziert werden, um effiziente Verteiltouren mit Transporträdern oder kleineren E-Fahrzeugen zu ermöglichen.

Logistikflächen-Screening

Schon seit Anfang des Jahres ist ein eigenes Projektteam damit befasst, die noch vorhandenen Industrieflächen zu lokalisieren und auf ihre Tauglichkeit als Logistikzentren abzuklopfen. Der großstädtische Wohnbau hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Betriebe an die Peripherie gedrängt – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Verkehrsströme. „Die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung ermöglichen eine weitere Steigerung der Flächeneffizienz in der Stadt“, sagt Winkler. Die bereits in großen Metropolen weltweit praktizierte Idee, Verteilerzentren in die Städte zurückzuholen, würde „ein interessantes Konzept darstellen“, sagt Winkler. Zu berücksichtigen seien bei all diesen Überlegungen freilich neben den wirtschaftlichen Auswirkungen auch die Bedürfnisse der Anrainer sowie der bereits jetzt schon enorm hohe Nutzungsdruck auf den Straßen Wiens.

„Bei allen Projekten steht der Praxisbezug und vor allem die Praxistauglichkeit im Fokus“, sagt Sertic. Aufgegriffen werden Probleme, mit denen die Gütertransportbranche tagtäglich zu kämpfen hat. „Parallel zum Screening von Logistikflächen beschäftigt sich eine eigene Gruppe mit dem Screening der Ladezonen in Wien“, sagt Sertic. Baustellenverkehr, Langgutzustellungen, die Errichtung von City-Hubs, all das wären Themen, die in diesem Rahmen thematisiert und idealerweise Lösungen zugeführt werden. Sertic: „Wir erhoffen uns, dass es am Ende einen Aktionsplan geben wird, der noch lange nach 2030+ positive Auswirkungen für den Wirtschaftsverkehr von, nach und in Wien haben wird.“