Logistik : Rewe Österreich: "Wir brauchen weder Google noch Amazon"

Kooperationen wie jene von Wal-Mart mit Google oder Whole Foods mit Amazon seien zwar interessant, aber "nicht das Erfolgsrezept", sagte der neue Bereichsvorstand für Billa, Merkur, Adeg und Bipa in Österreich, Marcel Haraszti. Der Handelskonzern Rewe will sein Online-Geschäft selbst stemmen und verzichtet auf Kooperationen mit den US-Onlineriesen. "Wir brauchen kein Google oder Amazon."

Alle Prognosen zum Online-Handel waren bisher falsch

Rewe wolle die Prioritäten richtig setzen. "Es werden sehr schnell Sachen gehypt. Wir testen wahnsinnig viel, müssen uns die Sachen aber vernünftig anschauen", so Haraszti bei einem Pressegespräch. Gerade bei Themen rund um den Online-Handel seien bisher alle Prognosen immer falsch gewesen.

Online sei inzwischen ein integraler Bestandteil des Geschäfts, auch wenn sich damit noch kein Geld verdienen lässt. Quer über alle Handelsschienen macht Rewe früheren Angaben zufolge einen E-Commerce-Umsatz von gerade mal 30 Mio. Euro - bei einem Gesamtumsatz von zuletzt 8,39 Mrd. Euro. Der Händler experimentiert mit der Verzahnung von online und offline, Abholstationen und Drive-In-Modellen.

Zwei Megadeals in den USA

Der amerikanische Lebensmittelhandel wird gerade von zwei Mega-Deals aufgewirbelt. Der US-Supermarktriese Wal-Mart, der größte Einzelhändler der Welt, hat sich entschlossen, mit dem Internetriesen Google eine Allianz zu bilden, um seine Produkte online zu verkaufen. Über den Sprachassistenten Google Assistant sollen künftig hunderttausende Artikel bestellt werden können. Kurz davor wurde die Übernahme der Bio-Kette Whole Foods durch Amazon bekannt. Amazon bläst mit Preissenkungen um bis zu 50 Prozent bereits zur Attacke auf die US-Lebensmittelbranche.

Bei Rewe setze man sich mit diesen Entwicklungen "sehr genau" auseinander, sei aber nicht darauf angewiesen. "Wir haben keine Blockade, dass wir von der Software her externen Input brauchen", sagte Haraszti. Der Billa-Onlineshop funktioniere sehr gut. "Wir kennen den Markt, haben die Infrastruktur und Logistik." Die englischen Lebensmittelhändler, die in Europa als Vorreiter im Online-Bereich gelten, hätten sich auch kein Google geholt, so Haraszti.

Haraszti sieht keine Entmachtung für Management in Österreich

Der gebürtige Wiener mit ungarischen Wurzeln ist seit Anfang Juni 2017 Bereichsvorstand für den Lebensmitteleinzelhandel von Rewe in Österreich. Schon seit Oktober 2016 ist Haraszti (verheiratet, zwei Kinder) bei Bipa an Bord. Damals beendete der 42-Jährige sein 15-jähriges "Nomadentum" im Ausland mit Stationen in der Ukraine, in Rumänien, Litauen, Lettland und Deutschland und kehrte nach Österreich zurück. Rewe-International-Boss Frank Hensel wird nur noch bis April 2018 an der Spitze des Unternehmens stehen, dann berichten fünf Bereichsvorstände direkt an die Konzernzentrale in Köln. Einer davon ist Haraszti.

Für die Märkte in Osteuropa ist Janusz Kulik verantwortlich. Das Penny-Geschäft in Österreich, Tschechien, Ungarn, Rumänien und Italien verantwortet Michael Jäger. Christoph Matschke ist für die Bereiche Controlling, Logistik, IT, HR, Development & Consulting sowie Radio Max zuständig. Das fünfte Vorstandsmitglied ist Franz Nebel, verantwortlich für die Bereiche Finanzen, Rechnungswesen, Immobilien- & Bestandsmanagement, Unternehmenssicherheit und Rechtskoordination.

Eine Entmachtung von Rewe in Österreich sieht Haraszti durch die Personalveränderungen "überhaupt nicht". "Das Geschäft in Österreich wird in Österreich gemacht. Die Entscheidungen für Österreich werden in Österreich getroffen. Wie unter Herrn Hensel." Zudem wird die bisher von Deutschland aus gesteuerte Diskontlinie Penny auch von Wiener Neudorf aus bedient, was dem Unternehmen rund 4 Mrd. Euro mehr Umsatz bringt.

Neues Gehaltsschema

Neben der Herausforderung Online-Handel will Rewe künftig von den Strukturen her einfacher werden, schneller auf Trends und Kundenbedürfnisse reagieren, neue Dinge testen, sagte Haraszti. Für die Handelsschiene Merkur stellt sich der neue Chef mehr kompakte Versionen vor, also kleinere Filialen. Billa wiederum könnte etwas größer werden, um mehr Platz für Frischeprodukte und Dienstleistungen zu haben.

Ein großer Brocken steht dem Unternehmen auch bei seinen rund 42.000 Beschäftigten bevor - der Umstieg auf ein neues Gehaltsschema. Hintergrund ist eine Einigung der Sozialpartner (Gewerkschaft und Wirtschaftskammer), die den Handelskollektivvertrag reformierten. Berufseinsteiger sollen demnach künftig mehr verdienen, dafür wird die Einkommenskurve insgesamt flacher. Das werde am Anfang höhere Kosten verursachen, so Haraszti. Wie viel, das werde gerade berechnet. Für den Umstieg hat Rewe aber ohnehin noch bis Ende 2021 Zeit. (apa/red)