Pharmaindustrie : Pharmakonzern Boehringer investiert 700 Millionen Euro in Wien

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim investiert in Wien rund 700 Millionen Euro für eine neue Biotech-Produktionsanlage, in der Arzneimittelwirkstoffe auf der Basis genveränderter Zellen produziert werden sollen. "Das ist die bisher größte Einzelinvestition unseres Unternehmens", sagte dazu der Chef des Boehringer Regional Center Vienna (RCV), Philipp von Lattorff.

Forschungszentrum für Biopharmazeutika - etwa 500 Arbeitsplätze geplant

Jetzt ist der Spatenstich für eine neue Biotech-Produktion mit Investitionen von rund 700 Millionen Euro erfolgt. Die Anlage soll 2021 in Betrieb gehen und die Rolle des international agierenden Konzerns (Jahresumsatz 2016: 15,9 Mrd. Euro) als Biopharmazie-Anbieter und Biosimilar-Hersteller ausbauen helfen.

Für den Spatenstich in Wien-Meidling hatten sich auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) angesagt. Mit der neuen Fertigungsanlage wird Wien neben Biberach (Deutschland), Fremont (USA) und Shanghai (China) weltweit der vierte Standort des Unternehmens zur Herstellung von Biopharmazeutika auf Basis von Zellkulturen sein. Es werden rund 500 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Pharmakonzern in Wien bereits mehrfach präsent

Wien ist seit Jahrzehnten ein bedeutender Standort des Konzerns, was den Vertrieb von Arzneimitteln sowie Forschung und Entwicklung (hier speziell in der Biotechnologie und der Krebsforschung) betrifft. Das Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna (RCV) hat mit verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Produkten im Jahr 2016 einen Umsatz von 770 Millionen Euro erzielt (83,5 Millionen Euro davon in Österreich). Es ist für mehr als 30 Länder in Mittel- und Osteuropa sowie in Zentralasien und für Israel zuständig.

Die Pharma-Gesamterlöse (inklusive Tiergesundheit) des RCV beliefen sich auf 821,5 Millionen Euro (Betriebsleistung aus Umsätzen, sonstigen Erträgen und Bestandsveränderungen: 1,243.100 Mrd. Euro; plus 8,9 Prozent gegenüber 2015) und wuchsen um 8,1 Prozent im Vergleich zu 2015. Die Zahl der Mitarbeiter des Regionalzentrums betrug vergangenes Jahr 3.470, davon rund 1.630 in Österreich.

Großes Forschungszentrum in Wien

Darüber hinaus wird von Wien aus die gesamte klinische Forschung von BI in der betreuten Region gesteuert. Der Standort in der Bundeshauptstadt ist auch Zentrum für Krebsforschung sowie für biopharmazeutische Forschung, Entwicklung und Produktion des Konzerns. Auch in der Grundlagenforschung engagiert sich das Unternehmen und dabei mit dem Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) vertreten. Das Institut hat vor kurzem ein neues Gebäude bezogen.

In den vergangenen Jahren hat die Biotechnologie im Bereich der Pharmawirtschaft eine überragende Rolle bekommen. Nur wenige und hoch spezialisierte Unternehmen und Konzerne sind allerdings weltweit in der Lage, Biotech-Arzneimittel wie monoklonale Antikörper, Antikörperkonstrukte, Biotech-Nachbauten von therapeutisch verwendbaren Proteinen und Impfstoffe in entsprechender Qualität und Menge zu erzeugen.

Stadt Wien kommt dem milliardenschweren Konzern offenbar finanziell entgegen

Die Entscheidung für Wien war offenbar nicht ganz leicht. "Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen von vier Standorten", sagte Lattorff. Schließlich hätte man sich gegen eine Investition auf sogenannter grüner Wiese entschieden. "Wien ist ein starker Standort. Die Stadt Wien unterstützt uns", sagte der RCV-Chef. Darüber hinaus setze auch die Forschungsförderung entsprechende Signale.

Damit sind offenbar neben Förderungen auch finanzielle Zugeständnisse der öffentlichen Hand gemeint - an einen Konzern, der im vergangenen Jahr knapp 16 Milliarden Euro umgesetzt hat.

Medikamente nach dem Patentschutz auf Basis von genveränderter Zellen

In die Reihe dieser Konzerne gehört auch seit Jahren Boehringer Ingelheim. Es geht dabei sowohl um die Entwicklung und Erzeugung von neuen Originalprodukten (zum Beispiel auch als Lohnhersteller für andere Unternehmen) als auch um die Entwicklung und Erzeugung sogenannter Biosimilars, das sind Nachbauprodukte für Biologicals, Medikamente auf Basis von Zellkulturen, welche den Patentschutz verloren haben.

Allein in Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien und Spanien sollen bis 2020 Biosimilars ein Marktvolumen von 47 Milliarden Euro erreichen. (APA/red)