Autoindustrie : Opel ließ offenbar hunderte Mitarbeiter zu früh gehen

Der Autobauer Opel hat bei seinem Abfertigungsprogramm möglicherweise einen Formfehler begangen und hunderte Beschäftigte zu früh gehen lassen. Der Gesamtbetriebsrat zitiert in einem verbreiteten Flugblatt aus einem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit, dass Entlassungen nach dem Programm erst ab dem 15. Juni rechtssicher möglich seien.

Die sogenannte "Massenentlassungsanzeige"

Laut Opel-Personalabteilung haben aber bereits im Mai rund 400 Beschäftigte das Unternehmen mit individuellen Abfertigung verlassen. Das Programm wurde Mitarbeitern angeboten, die weder für Altersteilzeit noch für den Vorruhestand in Frage kamen.

Dem Flugblatt zufolge hatte Opel der Agentur angezeigt, sich auf diesem Weg von bis zu 1.200 der rund 19.000 Beschäftigten in Deutschland trennen zu wollen. Dazu wurde erst am 15. Mai eine sogenannte Massenentlassungsanzeige an die Behörde gemeldet. Dieser folgt dann eine einmonatige Kündigungssperre bis zum 15. Juni, von der keine Ausnahmen zugelassen wurden.

Hunderte Mitarbeiter sind schon im Mai gegangen

"Sollten Sie vor diesem Zeitpunkt bereits Entlassungen ausgesprochen haben, so sind diese unter Umständen nach dem Kündigungsschutzgesetz unwirksam", mahnte die Arbeitsagentur in dem zitierten Schreiben. Welche Konsequenzen daraus folgen, blieb zunächst unklar. Das Unternehmen äußerte sich zunächst nicht. Opel ist im August vergangenen Jahres vom französischen PSA-Konzern übernommen worden.

Das Abfertigungsprogramm wird von Betriebsrat und IG Metall als zu umfangreich eingeschätzt, weil mehr Leute nach Hause geschickt würden als zur Sanierung notwendig. Es ist aber nur ein Teilaspekt der Einigungsstellen-Gespräche, die diese Woche zwischen Management und Arbeitnehmern in Rüsselsheim begonnen haben.

Politiker fordern eine Perspektive für die Beschäftigten von Opel

Unterdessen fordern drei Länderchefs eine Perspektive für die Beschäftigten von Opel. Die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen fordern für die Beschäftigten von Opel "eine verlässliche Perspektive über 2020 hinaus". Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Bodo Ramelow (Linke) riefen Betriebsrat und Unternehmensführung zu einem "konstruktiven Gespräch" auf, wie sie mitteilten.

Die Tarifpartner sprechen demnach gerade über den Sanierungsplan für den angeschlagenen Autobauer. In den betroffenen Bundesländern liegen die drei Werke von Opel: Kaiserslautern, Rüsselsheim und Eisenach. Besonders um letzteres ringt der Opel-Eigentümer PSA mit der Gewerkschaft IG Metall. Die Gewerkschaft fordert, dass dort künftig zwei verschiedene Modelle produziert werden sollen - statt nur einem, wie es die Geschäftsführung in Aussicht stellt.

Tavares hatte wiederholt betont, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden

Opel schreibt seit Jahren Verluste. Deshalb hat die französische PSA-Gruppe, die Opel im Sommer 2017 für 1,3 Milliarden Euro von dem US-Hersteller General Motors übernommen hatte, dem Autobauer und seiner britischen Schwestermarke Vauxhall ein Sparprogramm verordnet. Damit soll der Autobauer bis 2020 wieder profitabel werden.

Als Teil der Sparmaßnahmen will Opel Arbeitsplätze abbauen, wobei die Opel-Führung immer wieder betonte, niemanden betriebsbedingt entlassen zu wollen. Während sie sich schon mit den Gewerkschaften an den ausländischen Standorten einigen konnte, gehen die Diskussionen mit der IG Metall weiter.

Opel und Vauxhall beschäftigten Ende 2017 noch 35.670 Mitarbeiter europaweit, davon mehr als 19.000 in Deutschland. Seitdem sollen zahlreiche Mitarbeiter den Autobauer durch Abfindungen, Altersteilzeit und Vorruhestand verlassen haben. Aktuellere Beschäftigungszahlen wollte ein Sprecher aber nicht mitteilen. (dpa/afp/apa/red)