Konzernstrategie : OMV setzt nach Milliardenverlust auf Tauschgeschäfte mit Gazprom

Der neue OMV-Chef Rainer Seele hat in seinem ersten Jahr an der Spitze des österreichischen Vorzeigeunternehmens keine gute Zeit erwischt. Der Ölpreis hat sich 2015 halbiert, der Umsatz brach um 37 Prozent auf 22,53 Mrd. Euro ein und zum Vorzeigen gibt es lediglich einen Betriebsverlust von zwei Milliarden Euro. "Die OMV ist in ihrer jetzigen Verfassung kein Erfolgsmodell", sagte Seele bei der Präsentation der Zahlen und der neuen Konzernstrategie in London.

Zwar will Seele in Zukunft "keine Dividenden mehr auf Pump" ausschütten - aber zumindest einmal geht's noch: Die Aktionäre sollen einen Euro Gewinnausschüttung je Aktie erhalten - obwohl wegen des unerwartet dramatischen Öl- und Gaspreisverfalls unterm Strich ein Verlust von 1,1 Mrd. Euro verbucht wurde.

Kredite für die Dividende

Im Jahr 2014 war noch ein Free Cashflow vor Dividendenzahlungen in Höhe von 270 Mio. Euro erzielt worden. "Im Jahr 2015 liegen wir bei minus 40 Millionen vor Dividende", erklärte Chef-Controller Christoph Trentini am Donnerstag. "Das heißt, die Dividende wird gänzlich mit Fremdkapital finanziert."

Es sei zwar geplant, die Dividende künftig aus dem eigenen Cashflow zu finanzieren, aber diesmal wird sie nur um ein Fünftel von 1,25 auf 1 Euro je Aktie reduziert, denn "wenn man die Dividende kurzfristig völlig aussetzt, führt das möglicherweise zu großen Auswirkungen auf den Sharepreis - das wollen wir nicht." Die OMV-Aktie hat heute nach der Veröffentlichung der Ergebniszahlen um 0,87 Prozent auf 24,356 Euro nachgegeben.

Langfristig will man die bisherige Dividendenpolitik beibehalten, 30 Prozent des Jahresüberschusses auszuschütten.

Ölpreis erzwingt Korrekturen

Das OMV-Ergebnis wurde im Vorjahr vor allem durch Abschreibungen und Rückstellungen von insgesamt 3 Mrd. Euro in die Verlustzone gedrückt. Man habe die Ölpreis-Erwartungen mehrfach nach unten korrigieren müssen, daher habe es allein im Upstream-Bereich (Exploration und Förderung von Öl und Gas) 2,5 Mrd. Euro an Sonderabschreibungen gegeben. "Die sind aber nicht Cash-wirksam, sondern es ist eine Korrektur der Buchwerte", erklärte Trentini.

Wenn der Ölpreis wieder nachhaltig steigt, werde es auch Korrekturen nach oben geben. Anders sei das bei US-amerikanischen Firmen, die nach einmal erfolgten Abschreibungen bei den niedrigeren Buchwerten bleiben würden, während europäische Firmen auch wieder aufwerten müssten. Ein Unterschied beim Ölpreis von einem Dollar schlage sich mit rund 35 Mio. Euro beim Free Cashflow nieder und auf das EBIT wirke er sich mit 44 Mio. Euro aus, so Trentini.

Gazprom steht im Zentrum der neuen Strategie

OMV-Chef Seele hat im London auch die neue Strategie der OMV vorgestellt, die vor allem darauf abzielt, die zur Neige gehenden Öl- und Gasreserven künftig zur Gänze zu ersetzen - derzeit beträgt die Ersatzrate nur rund 50 Prozent. Kernstück der Strategie ist Russland, wo sich die OMV am sibirischen Gasfeld Urengoj beteiligen will. Die Produktionskosten der OMV betragen derzeit im Durchschnitt rund 13 Dollar pro Fass. "In Russland redet man von zwei Dollar pro Barrel", sagte Trentini - das gelte für Russland allgemein, das von Gazprom angebotene Gasfeld werde erst evaluiert.

Was allerdings Gazprom im Gegenzug von der OMV bekommen könnte, ist auch nach der Vorstellung der neuen Strategie völlig unklar. Seele hat eine Beteiligung der Russen an der Tochter Gas Connect oder am Gashub Baumgarten bereits ausgeschlossen. Den Vorwurf, der neue OMV-Vorstand und vor allem der neue Generaldirektor würden den Ausverkauf österreichischer Interessen betreiben, weist Seele zurück: Das sei Unsinn.

Bestehende Reserven kaufen statt selber bohren

Grundsätzlich will Seele künftig weniger in die Ölsuche investieren, weil dabei die Gefahr besteht, dass man nicht fündig wird - stattdessen soll die OMV gesicherte Reserven kaufen. Der Rückzug aus dem Nicht-Kerngeschäft sei schon voll im Gange, berichtete Seele. Der Verkauf eines Minderheitsanteils von bis zu 49 Prozent an der Gas Connect soll noch heuer abgeschlossen werden, und auch der Komplettverkauf der Petrol Ofisi - "unser strategisch isoliertes Türkei-Geschäft" - sei schon eingeleitet.

Das Nordsee-Engagement der OMV ist laut Upstream-Vorstand Johann Pleininger zwar "nicht sehr berauschend" - an einen Rückzug denkt man dennoch nicht. "Sie können nicht einfach inmitten eines Projektes aussteigen, das wäre die wirtschaftlich unrentabelste Lösung, denn Sie würden alle vorherigen Investitionen verlieren und würden keine Produktion in der Zukunft generieren."

Die Verschuldungsrate (Gearing) hat die OMV per Ende 2015 auf 28 Prozent nach unten geschraubt - gelungen ist das durch die Begebung einer Hybridanleihe im Dezember im Ausmaß von 1,5 Mrd. Euro. Eine Hybridanleihe ist laut IFRS-Regeln als Eigenkapital zu betrachten, weil sie kein verpflichtendes Rückzahlungsdatum hat.

Eine ausführliche Analyse zur OMV lesen Sie in der kommenden Ausgabe des INDUSTRIEMAGAZIN.

(apa/red)