Analyse : Österreichs Fokus auf Chinas Wirtschaft

Trotz des geringeren Wirtschaftswachstums haben österreichische Unternehmen nicht die Absicht, sich aus dem Reich der Mitte zurückzuziehen. "Viele wollen ihre Präsenz ausbauen und durch Kooperationen auch Drittmärkte erschließen", so Martin Glatz von der WKÖ bei einem Pressegespräch. Zum einen biete die Internationalisierung, zum anderen die Urbanisierung gute Aussichten für österreichische Firmen. Der Internationalisierungstrend lässt sich auch in Zahlen festmachen: 2014 investierte China mit rund 103 Milliarden US-Dollar (94,26 Milliarden Euro) um 14,1 Prozent mehr ins Ausland als im Vorjahr. Besonders die Lockerung der Bestimmungen für chinesische Investoren seitens der Regierung trugen dazu bei.

Das Projekt "Seidenstraße", das sich vor allem durch Investitionen in Handelswege auszeichnet, sei besonders für Österreichs Geschäfte in Zentral- und Osteuropa von wirtschaftlichem Interesse. "Obwohl China auch als Konkurrent auftreten wird, können wir von der dadurch entstehenden Infrastruktur profitieren", so Glatz.

Mit der voranschreitenden Urbanisierung Chinas werde eine rasant steigende Nachfrage an Konsum- und Lifestyle-Gütern verzeichnet. Konsumfördernde Maßnahmen der Politik, wie etwa Lohnsteigerungen von circa zehn Prozent pro Jahr, fördern diese Entwicklung, der Mittelstand hat mehr Zeit und Geld für Freizeit. Diesen Trend können auch österreichische Unternehmen nutzen. "Vor allem der Wintersportbereich ist für viele Firmen interessant", sagte Glatz. Mit einem Zuschlag für die Austragung der olympischen Winterspiele 2022 könnten weitere vielversprechende Projekte an Land gezogen werden.

"Smart City"

Potenzial bietet die Urbanisierung auch für Unternehmen im Bereich Infrastruktur und Städtebau. Der Ruf nach höherer Lebensqualität im urbanen Raum fordert nachhaltige Konzepte und treibt das Errichten von "smart cities" voran. Aufgrund des demografischen Wandels und der Überalterung der chinesischen Gesellschaft werde der Bedarf an Pharmazeutika und Medizintechnik ebenfalls zunehmen.

Im Vorjahr hat das Handelsvolumen mit dem Reich der Mitte erstmals die zehn-Milliarden-Euro Grenze geknackt, die Ausfuhren nahmen 2014 um 7,8 Prozent zu - damit zählt China zu den zehn bedeutendsten Handelspartnern Österreichs. Maschinenbau und Fahrzeuge machen den Löwenanteil der Exporte aus.

Das Geschäft mit dem klassischen Maschinenbau wird aufgrund des beendeten Baubooms und vorhandener Überkapazitäten zurückgehen - neue Möglichkeiten entstehen jedoch mit der geplanten Produktivitätssteigerung in Land- und Forstwirtschaft, die mithilfe moderner Technologien und Maschinen erreicht werden soll. Weiterhin anziehen werde laut Glatz das Geschäft der Automobilindustrie, vor allem im Zulieferbereich.

Für 2015 strebt die chinesische Regierung ein Wachstum von etwa sieben Prozent an und will zehn Millionen neue Arbeitsplätze, insbesondere im Dienstleistungssektor, schaffen. Nachholbedarf herrscht laut Premierminister Li Keqiang neben Recht und Ordnung, Korruption und Misswirtschaft vor allem in Bereichen wie Umweltschutz, Bildung, Wohnungsbau und Gesundheitswesen. (apa)