Autozulieferer : Nikolai Setzer wird neuer Chef von Continental

Nikolai Setzer Continental
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Nikolai Setzer wird neuer Vorstandschef von Continental. Dies teilte der DAX-Konzern mit Sitz in Hannover nach einer entsprechenden Entscheidung des Aufsichtsrats mit. Der 49 Jahre alte Manager und bisherige Leiter der Autozuliefer-Kernsparte von Conti folgt Elmar Degenhart nach, der Ende Oktober um eine vorzeitige Aufhebung seines Vertrags gebeten hatte.

Setzer ist ein Eigengewächs des Unternehmens, er gilt intern als gut vernetzt. Der Wirtschaftsingenieur war bereits als aussichtsreicher Kandidat gehandelt worden. Jetzt soll er mit 1. Dezember die Führung des nach Bosch weltweit zweitgrößten Zulieferers übernehmen. Er wurde nach Continental-Angaben bis März 2024 berufen.

Nach Stationen in der Entwicklung sammelte Setzer zunächst Management-Erfahrung im Stammgeschäft mit Reifen. 2009 wurde er Vorstand für Pkw-Reifen, später für den gesamten Bereich. Von Mai 2015 bis März 2019 war er für die Beschaffung des Konzerns verantwortlich, danach übernahm Setzer die Steuerung des Automotive-Geschäfts.

Degenhart: Gesundheitliche Gründe für Rücktritt

Degenhart, dessen Vertrag eigentlich noch bis August 2024 gelaufen wäre, hatte gesundheitliche Gründe für seinen frühzeitigen Rückzug angegeben. Zuletzt war insbesondere vonseiten des Betriebsrats, der Gewerkschaften und der Politik heftige Kritik an der Conti-Führung laut geworden. Zum schwierigen Umbau des Konzerns vom Mechanik- und Hydraulik- zum Elektronik- und Software-Unternehmen kam der Absatzeinbruch in der Coronakrise. Auf der anderen Seite forderten die Eigentümer angeblich einen noch entschlosseneren Sparkurs.

Tausende Stellen werden gestrichen oder verlagert

Bei Conti sollen im Rahmen der Strategie "Transformation 2019-2029" 30.000 Stellen verlagert, gestrichen oder für neue Qualifikationen umgewandelt werden - darunter 13.000 in Deutschland. Dies geht aus Sicht der Chefetage auch nicht ohne Werksschließungen.

Zwar werden in zukunftsträchtigen Bereichen gleichzeitig neue Jobs geschaffen. Für tiefe Verunsicherung in der Belegschaft sorgten jedoch Kürzungen, die ausgerechnet für die insgesamt profitable Reifensparte beschlossen wurden: Das Aus für die Produktion im Werk Aachen mit 1.800 Beschäftigten kam nur durch den Aufsichtsrat, weil die Kapital- die Arbeitnehmerseite überstimmte. Weitere Standorte sollen ebenfalls verkleinert, umgebaut oder ganz geschlossen werden.

Betriebsratschef Hasan Allak hatte den Vorstand auch wegen mangelnder Absprachen attackiert. Nach der Ankündigung von Degenharts Rückzug sagte er, es seien in der aktuellen Lage "keine Experimente" bei Continental wünschenswert. Setzer wird als durchsetzungs-, aber auch als kommunikationsstark beschrieben. Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hatte sich für Kontinuität in der Führung ausgesprochen. (dpa/apa/red)

Nach dem Corona-Einbruch im Frühjahr läuft das Geschäft beim deutschen Autozulieferer Continental wieder besser - doch der teure Konzernumbau und die trüben Aussichten für die weltweite Autoproduktion halten den Zulieferer unter Druck. Wie das DAX-Unternehmen berichtete, lag der Verlust im dritten Quartal unterm Strich bei knapp 720 Mio. Euro.

Das ist zwar nur eine leichte Verbesserung gegenüber dem zweiten Jahresviertel, als ein Minus von 741 Milo. Euro in der Bilanz gestanden hatte. Im laufenden Betrieb meldete Conti allerdings eine deutliche Entspannung: Der Fehlbetrag vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten von 634 Mio. Euro wurde zuletzt in einen bereinigten Gewinn von 832 Mio. Euro gedreht.

"In einem weiter schwierigen Marktumfeld zeigen wir eine mehr als zufriedenstellende Leistung", sagte Vorstandschef Elmar Degenhart. In China und Nordamerika stabilisierte sich der Automarkt. Der Umsatz der Hannoveraner lag indes unter Vorjahresniveau: Er sank um mehr als 7 Prozent auf 10,3 Mrd. Euro. Seit dem Jahresbeginn sackten die Erlöse gar um fast ein Fünftel ab, der Nettoverlust war auf dieser Basis noch um mehr als ein Viertel (-26,1 Prozent) größer als 2019.

Degenhart, der Ende November die Vorstandsspitze abgibt, sprach von "einer gewissen Vorsicht", die man mit Blick auf die Folgen der Viruskrise aufrechterhalten müsse. Eine "jahrelange Aufholstrecke" liege vor der Industrie. Es gebe jedoch Anlass, nach dem beispiellos schwachen zweiten Quartal optimistischer zu sein. Vieles dürfte davon abhängen, wie gut es gelingt, die Pandemie einzudämmen. Auto-und Maschinenbauer hatten während der ersten Corona-Welle mit drastischen Bestellrückgängen und unterbrochenen Lieferketten zu kämpfen.

Grund für die anhaltenden Belastungen bei Continental sind auch hohe Abschreibungen und Umbaukosten. Der Wert von früher übernommenen Unternehmensteilen etwa der Ex-Siemens-Tochter VDO muss nach unten korrigiert werden, ebenso derjenige bestimmter Produktionsanlagen. Hinzu kommt die umstrittene Strategie "Transformation 2019-2029", mit der sich die Conti-Gruppe weiter in Richtung Software, Sensorik und Elektronik entwickeln will. Bis zum Jahresende würden hier "weitere Aufwendungen in noch nicht feststehender Höhe" erwartet, hieß es.

Gewerkschafter und Betriebsräte waren zuletzt Sturm gelaufen gegen den ausgeweiteten Stellenabbau, in Werken wie Aachen oder Karben sollen wesentliche Bereiche der Fertigung dichtgemacht werden. Conti bemüht sich, Beschäftigte angesichts des strukturellen Umbruchs in der Branche weiter zu qualifizieren. Es werden jedoch auch viele der weltweit rund 30.000 betroffenen Jobs verlagert oder gestrichen.

Ende September hatte der Konzern insgesamt knapp 233.700 Mitarbeiter, 7.700 weniger als zum Jahreswechsel 2019/2020. Ursachen der Abnahme sind Produktionsrückgänge, Einsparungen und der interne Umbau. "Mit den jüngsten Entscheidungen im Vorstand und Aufsichtsrat haben wir einen wichtigen Meilenstein passiert und wenden unseren Blick jetzt verstärkt nach vorne", so Degenhart. Finanzvorstand Wolfgang Schäfer sagte: "Bisher sind rund 3.500 Arbeitsplätze von der Restrukturierung betroffen, davon verbleiben rund 20 Prozent im Unternehmen mit anderen Aufgaben, und 80 Prozent verlassen das Unternehmen."

Zusätzlich dürften Rückstellungen für Gewährleistungen sowie höhere Forschungs- und Entwicklungskosten stärker belasten als angenommen, warnte der Konzern. Andererseits gibt es die im Corona-Frühling noch ersehnten neuen Aufträge: Die Antriebssparte Vitesco, die demnächst ausgegliedert werden soll, meldete ein Milliardengeschäft mit einer Hochvolt-Box für E-Autos. "Die Elektroantriebe waren der am stärksten wachsende Bereich", berichtete Schäfer über das Geschäftsfeld.

Im Kernbereich Autozulieferung orderte ein Großkunde ein Bremssystem. Conti rüstet bereits zudem das neue E-Auto ID.3 von Volkswagen mit einem Zentralrechner aus - ähnliche Aufträge anderer Autohersteller über mehr als 4 Mrd. Euro stünden derzeit in den Büchern.

Die Branche stellt sich auf schwierige Zeiten ein. Conti rechnet für 2020 mit einem globalen Produktionsminus von bis zu 19 Prozent bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Der Jahresumsatz des Konzerns könnte bei 37,5 Mrd. Euro landen (2019: 44,5 Mrd. Euro) - falls sich "keine neuen, unerwarteten Auswirkungen der Coronaviruspandemie" zeigen.

"Das Nettoergebnis werden wir operativ nicht schaffen zu drehen", räumte Schäfer mit Verweis auf das bisher aufgelaufene Minus von fast 1,2 Mrd. Euro ein. Damit droht das zweite Verlustjahr in Folge. 2019 hatte Conti mit einem negativen Betriebsergebnis von 268 Millionen und netto von mehr als 1,2 Mrd. Euro abgeschlossen. (dpa/apa/red)