Maschinenbau : "Massive Veränderungen": Siemens steht vor der nächsten großen Kündigungswelle

Siemens will die Arbeitnehmer in Deutschland in zwei Wochen über den geplanten Stellenabbau informieren. "Es stehen massive Veränderungen bevor", sagte Personalchefin Janina Kugel der Deutschen Presse-Agentur. Einschnitte müssten sorgfältig durchdacht werden und möglichst sozialverträglich erfolgen.

Details Mitte November

Sobald es einen Plan gebe, werde er mit den Arbeitnehmern im Wirtschaftsausschuss besprochen. "Wir haben uns Mitte November vorgenommen, und das werden wir wohl auch einhalten können", sagte Kugel.

Siemens baut derzeit um und beschließt einen massiven Einschnitt nach dem anderen. Nach der Fusion der Bahnsparte mit Alstom teilte die Konzernführung mit, die Gesundheitssparte verkaufen zu wollen: Siemens wird auch seine Gesundheitssparte verkaufen >>

Siemens will in der Kraftwerkssparte sowie bei Prozessindustrie und Antrieben wohl mehrere tausend Stellen streichen. Der Konzern hatte sich zu entsprechenden Medienberichten noch nicht im Detail geäußert. Ob auch Werke geschlossen werden, ist noch unklar. In Erfurt, Görlitz, Leipzig und Erlangen gab es bereits Proteste. Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin protestierten bereits öffentlich: Politischer Protest gegen mögliche Schließungen bei Siemens >>

Massive Umbrüche in der Energiebranche

Kugel sagte: "Wenn ein Geschäft langfristig nicht mehr da ist, können wir nicht einfach an der Vergangenheit festhalten und weitermachen wie bisher."

Die Energiebranche sei weltweit im Umbruch: "Der Markt für große Gasturbinen ist um 40 Prozent, für Dampfturbinen um 70 Prozent geschrumpft." Das sei keine Konjunkturdelle, "sondern eine vor Jahren schon einsetzende, strukturelle und dauerhafte Veränderung". Das Unternehmen müsse wirtschaftlich handeln, nur so sei Beschäftigung langfristig sicher.

Konzernchef Kaeser: Siemens stärkt die AfD nicht

Entlassungen schloss sie nicht aus. "Wo immer wir können, werden wir Mitarbeiter umschulen für Aufgaben in unseren Wachstumsfeldern. Aber man muss auch ehrlich sagen, das wird nicht für jeden überall möglich sein", sagte die Personalchefin.

Siemens-Chef Joe Kaeser wehrte sich dem "Spiegel" zufolge in einem Brief an die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gegen deren Vorwurf, er stärke mit Werksschließungen die AfD in Ostdeutschland. Bei einem dauerhaften Rückgang der Nachfrage nach konventioneller Kraftwerkstechnik seien Kapazitätsanpassungen unvermeidbar. Siemens habe allein in Deutschland heuer gut 5.000 neue Mitarbeiter eingestellt.

IG Metall: Den Konzernchefs geht es um die Marge, nicht um Menschen

IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner hatte kritisiert, dem Siemens-Vorstand gehe es um die Marge und nicht um die Menschen. An vielen Standorten herrsche nackte Angst. Die Gewerkschaft sieht den Standort- und Beschäftigungssicherungspakt infrage gestellt.

Kugel sagte, der Pakt sei nicht tot. Siemens habe den Arbeitnehmern 2008 zugesichert, wo immer möglich auf betriebsbedingte Kündigungen, Werksschließungen und Verlagerungen zu verzichten. Wo Wirtschaftslage oder neue Rahmenbedingungen einen dieser Schritte notwendig machten, sei ein klar geregeltes Verfahren vorgesehen.

Die öffentlichen Spekulationen seien für alle Beteiligten ärgerlich, "sie haben die Unsicherheit in der Belegschaft vergrößert". Arbeitnehmer und Politik forderten natürlich rasche Aufklärung. Aber erst müsse der Plan stehen, danach rede Siemens "zuerst mit den Arbeitnehmern, dann mit allen anderen". (dpa/apa/red)