Wirtschaftspolitik : Maschinenbauer und Ökonomen lehnen deutsche E-Auto-Prämie ab

Der geplante staatliche Kaufanreiz für Elektro-Autos in Deutschland stößt bei Top-Ökonomen und in der Wirtschaft auf Kritik. "Die Prämie für E-Autos halte ich für einen schweren Fehler", sagte der Chef des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens Fuest, der Nachrichtenagentur Reuters.

"Die 600 Millionen Steuergelder wären besser in der Erforschung und Entwicklung neuer Umwelttechnologien angelegt", sagte Fuest. Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt sieht das ähnlich. "Eigentlich ist die Automobilindustrie selbst in der Pflicht, den Kunden bessere Angebote zu machen." Der Staat trage nur Verantwortung für Forschungsförderung und Infrastruktur.

"Die Kaufprämie ist der völlig falsche Weg, um das Elektroauto auf die Straße zu bringen", sagte auch der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), Thilo Brodtmann. "Sie wird daher nicht mehr als ein Strohfeuer sein, das mit Steuergeldern entfacht wird." Statt in Forschung und Entwicklung zu investieren, "verbrennt die Regierung wieder einmal enorme Summen um eines kurzfristigen politischen Erfolges willen".

Der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, pflichtete dem bei: "Eine Kaufprämie für Elektrofahrzeuge ist nicht der richtige Weg, um Elektrofahrzeugen eine breitenwirksame Marktperspektive zu geben."

Skeptisch ist auch der Autozulieferer Bosch. "Eine Prämie kurbelt kurzfristig den Absatz an, ist aber nicht nachhaltig", sagte Konzernchef Volkmar Denner. Nützlicher sei es, die Ladeinfrastruktur zu fördern und über die Anschaffung von Elektroautos im öffentlichen Dienst einen Markt für Gebrauchtwagen anzuschieben. Eine anhaltend höhere Nachfrage sei jedoch erst zu erwarten, wenn Stromautos durch deutlich niedrigere Batteriekosten billiger würden. Bosch liefert Technik für Elektro- und Hybridfahrzeuge an die Autoindustrie und forscht an der neuen Batteriegeneration, die nur noch halb soviel kosten und doppelt so lang reichen soll wie bisher.

"Es geht nicht um eine dauerhafte Unterstützung der Elektromobilität, es geht um einen Startimpuls", sagt der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. "Und wenn der wirkt, dann kann das Starterkabel auch wieder weggelegt werden. Wir schätzen, dass das spätestens im Jahr 2019 geschehen kann."

Analysten erwarten positive Auswirkungen der Kaufprämie auf die Nachfrage. "Erfahrungen in anderen Ländern mit solchen Programmen zeigen deutlich einen positiven Effekt", erklärten die Auto-Experten der Schweizer Bank UBS. Weil die Prämie nur für Autos mit einem Kaufpreis von unter 60.000 Euro gelten soll, würden Hersteller von Autos für den Massenmarkt - wie Renault, Peugeot und Volkswagen - mehr profitieren als Premium-Hersteller wie Mercedes, Audi oder Porsche, die teurere E-Modelle zwischen 2018 und 2020 auf den Markt bringen wollen. "Das wird helfen, schneller als bisher Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Volkswagen-Chef Matthias Müller forderte ein stimmiges Gesamtkonzept. "Dazu gehört vor allem eine flächendeckende, alltagstaugliche und sichtbare Infrastruktur", betonte er. "Sie ist Voraussetzung dafür, damit das nötige Vertrauen in die Elektromobilität wachsen kann."

Der VDA erwartet Auftrieb für das Regierungs-Ziel, bis 2020 eine Million Elektro-Autos auf deutsche Straßen zu bringen. Experten bezweifeln, dass dies machbar ist. "Die jetzt beschlossene Kaufprämie auf Kosten des Steuerzahlers dürfte trotz der zu befürchtenden Mitnahmeeffekte dem Absatz von Elektrofahrzeugen zwar einen Schub geben", sagte der Wirtschaftsweise Schmidt, der auch Präsident des RWI-Instituts ist. "Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre es allerdings sinnvoller gewesen, stattdessen über eine Verschiebung des unrealistisch gewordenen Ziels um einige Jahre nachzudenken."

Die Bundesregierung will den Kauf von Elektro-Autos mit einer Prämie von 4.000 Euro fördern. Für Plug-In-Hybride ist ein Kaufanreiz von 3.000 Euro vorgesehen. Mit dem Programm kann der Kauf von maximal 400.000 Fahrzeugen gefördert werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 1,2 Mrd. Euro, von denen Staat und Industrie je die Hälfte tragen. (reuters/apa/red)