Gemeinsame Strompreiszone : Industriestrom wird 2018 erheblich teurer

Im Jahr 2002 wurden künstliche Engpässe an den Grenzen aufgehoben, was zu einem gemeinsamen Strommarkt mit einheitlichen Einkaufspreisen führte. Für Österreich erwies sich dieser Schritt als riesiger Vorteil: Der größere Markt führte zu höherer Auswahl – und die größere Verfügbarkeit des (mit hohen deutschen Subventionen) produzierten Windstromes sorgte dafür, dass die Preise danach stark purzelten. Immer wenn bei starkem Wind im Norden Deutschlands ein Produktionsüberschuss entsteht, sinken die Preise – und die energieintensive Industrie Österreichs kann zukaufen.

Das wird ab Mitte 2018 anders. Grund dafür ist ausgerechnet jener Windstrom. Weil der vorwiegend in Norddeutschland produziert wird, ausreichend Nord-Süd-Verbindung innerhalb Deutschlands jedoch nicht verfügbar ist, geht der Strom den Weg des geringsten Widerstandes: Über Polen und Tschechien. Dort ist man (weil außerhalb des „gemeinsamen Marktes“) wenig erbaut über die Tatsache, dass der Billigstrom die Netze belastet, aber nicht verfügbar ist. Die glühenden Leitungen der osteuropäischen Nachbarn haben die Netzagenturen Polens und Tschechiens veranlasst, die EU-Regulierungsagentur (ACER) anzurufen.

Und diese hat entschieden: Die deutsch-österreichische Strompreiszone wird ab Mitte 2018 getrennt. Die deutsche Bundesnetzagentur hat Ende Oktober bereits die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber angewiesen, Maßnahmen zur Engpassbewirtschaftung vorzubereiten. Diese soll ab 3. Juli 2018 greifen. Die Vorbereitung einer Engpassbewirtschaftung an der Grenze solle den Strommarkt langfristig funktionsfähig halten und die Versorgungssicherheit in Deutschland und der Region gewährleisten.

Die österreichische E-Wirtschaft und die (durchaus energiewirtschaftskritische) Energieregulierungsbehörde E-Control erwarten ab Mitte 2018 Verteuerungen beim Strom in Österreich um mehrere hundert Millionen Euro. Insgesamt, so rechnen Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung vor, könnte sich der Strompreis für die produzierende Wirtschaft um 15 bis 20 Prozent verteuern.

Hoffnungen setzt man jetzt auf ein Gutachten, dessen Inhalt auch die Generaldirektion Energie der EU-Kommission und das Gericht der Europäischen Union bestätigt haben: Laut europäischem Recht sei eine Neuaufteilung von Preiszonen („Bidding Zones“) nur im Rahmen des „Bidding Zone Review Prozesses“ möglich. Diesen müssten Übertragungsnetzbetreiber und Mitgliedstaaten gemeinsam anstoßen, nicht die Regulierungsagentur. Sollte der Strommarkt ohne eine Entscheidung dieser Gremien tatsächlich (etwa durch Strombremsen in Polen, Tschechien oder Süddeutschland) getrennt werden, so stünden Schadenersatzforderungen heimischer (und süddeutscher) Unternehmen in Millionenhöhe im Raum.