G-20-Gipfel : Industriestaaten suchen fieberhaft nach mehr Wachstum

Die G-20-Gruppe der großen Industrie- und Schwellenländer sucht angesichts eines nurmehr schleppenden Weltwirtschaftswachstum hängeringend nach dem Schlüssel zu einer stärkeren und dauerhaften Dynamik. Kurz vor dem Gipfel hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) von den G-20-Mitgliedern mehr Investitionen und Reformen gefordert.

Sonst würden sie ihr 2014 beschworenes Ziel, bis 2018 die globale Wirtschaft auf einen um zwei Prozentpunkte höheren Wachstumskurs zu bringen, verfehlen. Chinas Staatspräsident Xi Jinping sagte zu Beginn des G-20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in der chinesischen Provinzhauptstadt Hangzhou, die globale Wirtschaft stehe an einer kritischen Weggabelung.

Er forderte die großen Wirtschaftsnationen zu mehr Gemeinsamkeiten auf und betonte die Notwendigkeit von Innovationen und Strukturreformen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte diese Schwerpunktsetzung, die sie unter deutscher G-20-Präsidentschaft im nächsten Jahr weiterführen will. Bei allen Rufen nach Gemeinsamkeiten wurden aber auch Streitpunkte deutlich.

IWF und OECD: Tempo der Weltwirtschaft unbefriedigend

Sowohl der IWF als auch die OECD bewerten das aktuelle Tempo der Zunahme der globalen Wirtschaftsleistung mit jährlich reichlich drei Prozent als unbefriedigend, wie Merkel aus der ersten Arbeitssitzung des G-20-Gipfels berichtete.

Chinas Staatspräsident Xi beschwor die G-20-Länder, auf einer partnerschaftlichen Basis die Zusammenarbeit zu verstärken und dabei auf Innovationen und insbesondere die Forcierung der digitalen Revolution zu setzen. Auch müsse das Wachstum so gestaltet werden, dass seine Ergebnisse gerechter zwischen den Menschen und Staaten verteilt werden. Merkel ergänzte, die G-20 hätten sich darauf verständigt, dass im nächsten Jahr erstmals die für die digitale Wirtschaft zuständigen Minister zusammentreffen. Außerdem sei eine Task-Force für Innovationen eingerichtet worden.

Kritik des Westens an chinesischen Überkapazitäten

Xi warnte vor Protektionismus und forderte mehr Offenheit in den Volkswirtschaften. Hier gab es allerdings Kritik von G-20-Partnern. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Barack Obama machten deutlich, dass sie über die Rolle Chinas bei den Überkapazitäten am Stahlmarkt sprechen wollen. Juncker forderte China auf, an einer Lösung mitzuarbeiten. Die EU werde es nicht hinnehmen, dass ihre Stahlindustrien und deren Beschäftigte unter unfairen Niedrigstpreisen der chinesischen Konkurrenten litten. Seit langem gibt es generell beim Thema Subventionen und Protektionismus heftige Vorwürfe gegen China.

Nachdem in den vergangenen Jahren in der G-20 mehrheitlich in einer expansiven Geld- und Finanzpolitik der Schlüssel für mehr Wachstum gesehen wurde, ist das Pendel nun zugunsten von Strukturreformen umgeschlagen. Die stellte Deutschland schon seit langem in den Vordergrund. OECD-Chef Angel Gurria analysierte in einem Reuters-Interview im Vorfeld, die Zentralbanken hätten inzwischen weltweit ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. Nun seien die Regierungen gefragt. "Jetzt ist es höchste Zeit für einen Strukturwandel." Gurria pochte auf Reformen vor allem in der Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Auch EZB-Direktor Yves Mersch forderte verstärkte Anstrengungen der Politik. "Das Tempo der Erholung in der Euro-Zone bleibt unbefriedigend, die Arbeitslosigkeit ist immer noch zu hoch", sagte das Mitglied der Führungsspitze der Europäischen Zentralbank (EZB) auf einer Konferenz in Italien.

(Von Gernot Heller / Reuters / APA / red)

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