Naturkatastrophen : "Harvey" - Explosionen und Feuer in Chemiefabriken in Texas

Die schweren Fluten in Texas haben in einer Chemiefabrik nahe Houston beängstigende Folgen nach sich gezogen. In dem Betrieb kam es zu zwei Explosionen, wie die Betreiber des französischen Konzerns Arkema mitteilten. Es brannte, Rauch stieg auf. Die Behörden machten widersprüchliche Aussagen dazu, wie gefährlich die Situation für die Bevölkerung war.

Die Anlage, die etwa 40 Kilometer von Houston entfernt liegt, war bereits am Sonntag wegen Überschwemmungen evakuiert worden. In der Nacht auf Donnerstag kam es dann nach Darstellung des Betreibers zu zwei kleineren Explosionen und Feuern. Der Leiter der Katastrophenschutzbehörde FEMA sagte in Washington, die Rauchwolke sei "unglaublich gefährlich". Der Sheriff von Harris County erklärte dagegen etwa zeitgleich in Texas, der Rauch sei nicht giftig. Es gebe keine Gefahr für die Bevölkerung.

Sperrzone um die Fabrik errichtet

15 Polizisten, die das Gelände gesichert hatten, kamen ins Krankenhaus. Nach Darstellung des Sheriffs wurden sie wegen brennender Augen und gereizter Lungen behandelt. Richard Rennard von der Betreiberfirma Arkema sagte, der Rauch sei schädlich. Die Giftigkeit sei aber "etwas Relatives". Wenn man den Rauch einatme, führe das zu Reizungen der Lunge.

Die Behörden richteten eine Sperrzone mit einem Radius von 2,4 Kilometern ein. Anrainer waren bereits am Mittwoch in Sicherheit gebracht worden. Die Betreiber rechneten damit, dass es in der Fabrik zu weiteren Bränden und Explosionen kommen könnte.

Auch in anderen Orten in Texas blieb die Lage angespannt. Die Städte Beaumont und Port Arthur kämpften mit Überschwemmungen - hier waren innerhalb von 24 Stunden 660 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Nach Angaben der Behörden brach in Beaumont die Wasserversorgung zusammen, nachdem die zentrale Pumpanlage dem Druck eines angeschwollenen Flusses nachgegeben hatte.

Auch in Houston war Entspannung nicht in Sicht, obwohl die Großstadt von weiterem Regen verschont blieb. Die Rettungsarbeiten dauerten an. Als vom US-Hurrikan-Zentrum herabgestuftes tropisches Tiefdruckgebiet zog "Harvey" weiter östlich durch Louisiana. Auch Mississippi, Tennessee und Kentucky rüsteten sich für mögliche Überschwemmungen.

"Harvey" war am Freitag erstmals in Texas auf Land getroffen; seither kämpft die Gegend mit den verheerenden Folgen. Binnen weniger Tage fielen in dem Staat mancherorts bis zu 125 Zentimeter Regen pro Quadratmeter - ein Rekord für das Festland der USA. Zahlreiche Flüsse, darunter der Colorado, traten über die Ufer, Stauseen ergossen ihre Fluten über die Dämme. Einige Dämme wurden zur Entlastung bewusst geöffnet, was zu weiteren Überschwemmungen führte.

"Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet", erklärte Sheriff Ed Gonzalez. Die Behörden im Großraum Houston gingen von insgesamt mindestens 33 Toten im Zusammenhang mit Sturm "Harvey" aus.

"Harvey" viel schlimmer als der verheerende Hurrikan "Katrina"

Der texanische Gouverneur Greg Abbott sagte, hinsichtlich der Zahl der betroffenen Einwohner und der Ausdehnung des Unwetters sei "Harvey" viel schlimmer als der verheerende Hurrikan "Katrina" von 2005. Seiner Erinnerung nach seien nach "Katrina" mehr als 125 Milliarden Dollar (104,9 Mrd. Euro) in den Wiederaufbau geflossen. Nun werde es voraussichtlich noch deutlich teurer.

Die Katastrophe belastete auch die verbliebene Infrastruktur aufs Äußerste. Die Elektrizitätswerke gaben bekannt, in Texas und Louisiana seien fast 200.000 Kunden ohne Strom. "Unsere ganze Stadt ist unter Wasser", schrieb der Bürgermeister von Port Arthur, Derrick Foreman, auf Twitter. In der Stadt liegt die größte Ölraffinerie der USA, die wegen des Sturms geschlossen werden musste.

Als Folge steigen die Benzinpreise. Die US-Regierung reagierte mit der Freigabe von strategischen Ölreserven. 500.000 Barrel Rohöl würden an eine Raffinerie in Lake Charles in Louisiana geliefert, teilte das Energieministerium mit. Die Anlage, die von Phillips 66 betrieben wird, ist bisher nicht von dem Hochwasser betroffen. (APA/dpa/AFP/Reuters)