Energiewirtschaft : Groß-Kraftwerksprojekt in Tirol steht vor mündlicher UVP-Verhandlung

Die seit Jahren geplante Erweiterung der Pumpspeicher-Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz im Tiroler Oberland (Bezirk Imst) nimmt konkretere Formen an. Rund vier Jahre nach der Einreichung der Unterlagen kommt es zwischen dem 27. und 31 Oktober in der Innsbrucker Messehalle zur öffentlichen mündlichen UVP-Verhandlung. Rund 520 Mio. Euro investiert der landeseigene Energieversorger Tiwag in das Projekt.

Für Anfang 2018 sei der Baubeginn avisiert, mit einer Fertigstellung sei im Jahr 2023 zu rechnen, sagte Tiwag-Vorstandsvorsitzender Bruno Wallnöfer am Mittwoch vor Journalisten am Rande einer Besichtigungstour in Kühtai. Wallnöfer rechnet mit einem Bescheid in erster Instanz spätestens im März 2015, dann gehe der Instanzenweg an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Im Jahr 2004 sei das Projekt das erste Mal vorgestellt worden. Bis zur Fertigstellung wären somit 20 Jahre vergangen. "Es sollte eigentlich nicht so lange dauern, ein bestehendes Wasserkraftwerk zu erweitern", übte der Tiwag-Chef Kritik und nannte es einen "gesellschaftskritischen Ansatz", darüber einmal nachzuzudenken.

Es müsste möglich sein, dass die Tiwag das Vorhaben jedes Jahr zur Hälfte aus dem Cashflow und zur Hälfte durch Kreditaufnahme finanziert, meinte Wallnöfer. Der Vorstandsvorsitzende sprach von einem UVP-pflichtigen Projekt "mittlerer Größe" und von einem überschaubaren Volumen beziehungsweise Vorhaben. Experten hatten in den vergangenen fünf Jahren das nach Tiawag-Angaben 10.800 Seiten und 530 Pläne umfassende Projekt geprüft. Die Expertisen seien in 38 Ordnern gebündelt.

Das geplante Speicherkraftwerk Kühtai ist laut Tiwag als Pumpspeicheranlage mit natürlichem Zufluss konzipiert. Es besteht aus vier Teilen, dem geplanten neuen Speicher in Kühtai mit rund 31 Mio. Kubikmeter Fassungsvermögen, dem Pumpspeicherkraftwerk "Kühtai 2" mit einer Maschinenleistung von 130 Megawatt (MW), einem Triebwasserweg zwischen dem neuen Speicher und dem bestehenden Speicher "Finstertal" sowie einem 25 Kilometer langen Beileitungsstollen. Dieser führt vom Speicher Kühtai bis zum Fernaubach im Stubaital und hat vier Meter Durchmesser. Der neue Speicher wird durch sechs im Vorfeld umstrittene sogenannte Wasserfassungen gefüllt - drei davon in einem Seitental des Ötztals und drei im hinteren Stubaital.

Die Tiwag-Verantwortlichen zeigten sich davon überzeugt, dass das Projekt auch den ökologischen Anforderungen entspricht. Projektleiter Klaus Feistmantel verwies unter anderem auf zahlreiche ökologische Maßnahmen wie etwa die Umsiedelung von Ameisenhügeln sowie von Murmeltieren. Neben dem neuen Speicher würde im Kühtai auch ein Natursteinschüttdamm errichtet, dessen Höhe 113 Meter und dessen Tiefe knapp 100 Meter betragen soll.

Auch hierbei strich die Tiwag einen besonderen Fokus auf die Umwelt hervor, indem es etwa zu einer Vertransplantierung von Mooranlagen kommen soll. Auch ein Schwallausgleichsbecken nahe des Kraftwerks in Silz zählt zu den projektierten Maßnahmen. Dieses soll ein Fassungsvermögen von 300.000 Kubikmetern aufweisen.

Durch die Erweiterung der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz erwartet sich das Unternehmen eine Steigerung der erneuerbaren Stromenergie aus natürlichem Zufluss um 260 Mio. Kilowattstunden. Aus jedem Kubikmeter Wasser könnten 3,5 Kilowatt Strom gewonnen werden. Der zusätzliche Speicher und das Kraftwerk würden auch die Flexibilität der bestehenden Kraftwerksgruppe erhöhen, hieß es. (APA)