Interview : Gebrüder Weiss Geschäftsführer Bauer: "Von Tag zu Tag geringere Mengen"

Coronavirus Logistik Gebrüder Weiss
© Gebrüder Weiss

Herr Bauer, Sie sind als Landverkehrsspezialist derzeit im Auge des Sturms: Grenzkontrollen, Hygienemaßnahmen, Quarantänegebiete - können Sie mögliche Einbußen schon beziffern?

Jürgen Bauer Da die Logistik ihre Leistungen am Ende der Supply Chain erbringt, nehmen wir die Rückgänge mit Zeitversatz wahr. Als kritische Infrastruktur steht die Einhaltung der Versorgungsketten im Vordergrund, während wir in Bereich der Lebensmittel- und Drogerielogistik und dem Bereich home delivery (b2c) Steigerungsraten feststellen, sehen wir in anderen Bereichen deutliche Rückgänge. Die Supply Chain ist je nach Branche noch unterschiedlich gefüllt und Aufträge werden, solange die Unternehmen produzieren können, auch ausgeliefert. Die zunehmenden Produktionsschließungen, im Besonderen die Automobilindustrie, aber auch die zwischenstaatlichen Restriktionen und die Einschränkungen im Einzelhandel, führen von Tag zu Tag zu kontinuierlich geringeren Mengen.

Welche Änderungen im Hinblick auf Sicherheit wurden eingeführt?

Bauer Mehr als 40 Prozent der administrativen Mitarbeiter befinden sich im Home Office. Bei den Mitarbeitern vor Ort sind die Teams räumlich voneinander abgegrenzt. Es gibt keine überlappenden Schichten und die generellen Hygienevorschriften wurden verstärkt. Alle Mitarbeiter unterziehen sich bei Arbeitsantritt einer Fiebermessung. Sämtliche Allgemeinräumlichkeiten wie Aufenthaltsräume, Besprechungszimmer, Kantinen wurden geschlossen. Die Möglichkeiten für Teleworking wurden in der letzten Woche massiv ausgebaut. Alle unsere Anlagen befanden sich auch vor der Corona Krise auf höchsten Sicherheitsstandards, sodass Zutrittskontrollen und Beschränkungen sehr strikt kontrolliert werden können. Betriebsfremde Personen haben keinerlei Zutrittsmöglichkeiten.

Gibt es Verzögerungen beim Transport von Lebensmitteln oder Produkte, die nicht geliefert werden?

Bauer Soweit wir das als Dienstleister beurteilen können, sehen wir in der in Österreich zur Verteilungen gelangenden Frischwaren keine Einschränkungen.

Wie funktioniert der übliche logistische Ablauf bei den genannten Produkten?

Bauer Die Belieferung unserer Kunden in diesem Segment erfolgt im Regelfall zwei Mal täglich, angepasst an die aktuelle Nachfrage.

Wie unterscheidet sich der übliche vom momentanen Ablauf?

Bauer Derzeit verzeichnen wir im Lebensmittelhandel eine starke Nachfrage – vergleichbar mit dem Weihnachtsgeschäft – wobei die Planbarkeit durch Grenzwartezeiten, Quarantänegebiete, Hygienemaßnahmen und Lieferengpässen von Produzenten eingeschränkt ist.

Kommt es zu Verzögerungen innerhalb Europas? Wenn ja, warum?

Bauer Im Europäischen Verkehr kommt es zu massiven Verzögerungen durch Grenzwartezeiten. Quarantänegebiete können nur mehr eingeschränkt beliefert werden. Durch Restriktionen im Einzelhandel kommt es zu Ablieferschwierigkeiten bei schon bestellten Waren, die nachgelagert aufwendige Administrations- und Handlingprozesse auslösen. Generell ist ein Fahrermangel zu bemerken, da sich ausländische Fahrer nach Rückkehr den lokalen Quarantänevorschriften zu unterziehen haben und deshalb der Logistikkette nicht zur Verfügung stehen.

Was muss sich ändern? Gibt es Wünsche an die Politik?

Bauer Die Aussetzung der Wochenendfahrverbot war eine gute und zur richtigen Zeit getroffene Maßnahme. Bei Grenzwartezeiten wie in der letzten Woche darf keine Sanktionierung bei Überschreitung von Lenk- und Ruhezeiten erfolgen. Quarantänemaßnahmen für Fahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr können in kürzester Zeit den kompletten Zusammenbruch Nationalen- und Europäischen Logistikketten zu Folge haben und sollten unbedingt vermieden werden.

Beschäftigen Sie sich trotz Krisenzeiten mit Zukunftsthemen? Wenn ja mit welchen?

Bauer Da Transparenz, Visibility und Echtzeitinformation gerade in Krisensituationen besonders wichtig sind und im Leben nach Covid noch wichtiger sein wird, werden wir sämtliche Digitalisierungsinitiativen mit Hochdruck weiter betreiben. Durch den hohen Grad an Teleworking werden Schulungsinhalte verstärkt digital vermittelt. Alle unsere Klimaschutzprojekte werden weiter entwickelt. (Photovoltaik, Windpark, Wasserstoff und Elektromobilität)

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