E-Bus : Energieschub an jeder Haltestelle

Wenn sich die etwa 3.000 Politiker, Industrie-Manager und Interessenvertreter in Davos zum diesjährigen Weltwirtschaftsforum versammeln, werden viele von ihnen nicht wie üblich in Luxuslimousinen sondern in Bussen von einer Konferenz zur nächsten fahren.

Freilich sind das keine gewöhnlichen Busse. Sie werden ausschließlich mit elektrischer Energie betrieben und von einem innovativen Batterie-Ladesystem gespeist, das auf ideale Weise an die Bedürfnisse des öffentlichen Nahverkehrs angepasst wurde. ABB nennt diese Technik „TOSA“ für Trolleybus Optimisation Système Alimentation (Verbesserte Ladetechnik für Trolleybusse).

Innerhalb des breit gefächerten ABB-Portfolios für elektrische Bussysteme nimmt TOSA eine Sonderstel-lung ein: Es verfügt über ein Flash-Ladesystem, das den Bussen erlaubt, kontinuierlich und ohne lange Ladestopps ihre Runden zu drehen. TOSA-Busse können ihre Batterien an ausgewählten Haltestellen auf-frischen und brauchen dafür nicht länger, als die Passagiere zum Ein- und Aussteigen: 20 Sekunden.

Während die Forumsteilnehmer in Davos Zukunftsperspektiven entwickeln, demonstriert das Bus-Sys-tem eine nachhaltige Mobilitätstechnologie, die bereits heute verfügbar ist. Ein Bus mit ABB-Technik wird den etwa 3 km langen Rundkurs mit sieben Haltestellen durch die Stadt absolvieren.

Der Bus für Davos steht für die tiefe Verbundenheit und das Engagement von ABB in Bezug auf ihre Schweizer Heimat und ihre Herkunft. Seit mehr als einem Jahrhundert trägt ABB dazu bei, die Schweiz zu einem weltweit führenden Anwender in den Bereichen Transport, Industrie und Energiemanagement zu machen. Das ABB-Forschungszentrum in Baden-Dättwil arbeitet mit führenden Forschungsuniversitäten auf der ganzen Welt zusammen, darunter die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne. TOSA, das in der Schweiz entwickelt wurde und international für Innovation ausgezeichnet wurde, ist Teil der stolzen Tradition von ABB als Technologieführer.

Ein kurzer Energieschub – und ab auf die Strecke

Ein TOSA-Bus sieht nicht viel anders aus als die üblichen Gelenkbusse, die in vielen Städten Europas unterwegs sind. Fußgänger werden höchstens feststellen, dass der TOSA-Bus im Vergleich zu dieselbetriebenen Pendants beinahe lautlos unterwegs ist. Und natürlich hinterlassen TOSA-Busse keine Abgaswolken, wenn sie aus der Station fahren und sich in den Verkehr einreihen.

Ganz anders ist das freilich, wenn sie an der Haltestelle ankommen und das Flash-Ladesystem aktivieren. Sobald der TOSA-Bus hält, fährt aus dem Dach ein Laser-kontrollierter Stromabnehmer aus und klinkt sich in weniger als einer Sekunde in einen Steckkontakt ein, der oberhalb des Wartehäuschens untergebracht ist. Über diese Verbindung erhält der Bus einen Energieschub von bis zu 600 Kilowatt – was etwa der Leistung eines mit Vollgas beschleunigenden Formel 1-Autos entspricht. Jede Ladung füllt die Batterien dabei mit genug Strom für weitere 2 bis 8 Kilometer Fahrt.

Jede dieser Ladestationen wird von einem Konverter versorgt, der den Wechselstrom aus dem öffentlichen Netz in batterietauglichen Gleichstrom umwandelt. Aus Sicherheitsgründen stehen die Hochspannungsanschlüsse nur dann unter Strom, wenn tatsächlich ein Bus an der Station hält.

Ohne TOSA dauert es Stunden, wenn nicht gar die ganze Nacht, einen Bus zu laden. Das zwingt die Fahrzeuge für längere Zeit ins Depot und macht zudem den Einbau von Batterien notwendig, die groß genug sind, den Bus für einige Stunden in Betrieb zu halten. Derart riesige und schwere Akkus schränken aber nicht nur den Platz für Passagiere ein, sondern reduzieren auch die Fahrleistung des Busses.

Da die Energiereserven entlang der Strecke immer wieder aufgeladen werden, kommen TOSA-Busse mit Batterien aus, die nur noch eine statt der sonst üblichen fünf Tonnen wiegen. Zudem erzeugen die innovativen Busse beim Bremsvorgang selbst Strom, der als zusätzliche Energiereserve in die Akkus zurückfließt. So dauert selbst die Vollladung an der Endhaltestelle nur noch wenige Minuten.

Das selbstlernende ABB-Kontrollsystem und intelligente Energiemanagement-Technik sorgen für zusätzliche Energie-Einsparungen. In Summe liegt der Energieverbrauch eines TOSA-Busses damit etwa 15 Prozent unter dem konventioneller Elektrobusse.

Neben dieser bemerkenswerten Energieeffizienz bieten TOSA-Busse aber noch andere Vorteile. Wenn Städte neue Bus-Strecken einrichten wollen, lässt sich das mit dem innovativen System wesentlich flexibler und kostengünstiger umsetzen als mit elektrischen Trolley-Bussen. Vom Wegfall des Oberleitungsnetzes abgesehen, müssen auch keine speziellen Fahrspuren eingerichtet werden. Das erlaubt mehr Flexibilität bei der Routenwahl, etwa wenn Baustellen eine Umleitung erzwingen oder die Strecke wegen eines Unfalls blockiert sein sollte.

Ein weiterer Vorteil des TOSA-Systems liegt in seiner Anpassungsfähigkeit. Es kann auf alle Elektro- oder Hybrid-Bus-Modelle montiert werden, deren Konstruktion stark genug ist, eine Ladevorrichtung am Dach zu tragen.

TOSA schont das Klima und schafft Platz

Die TOSA-Installation während des WEF ist nicht nur ein Vorzeigeprojekt sondern hat auch Pilotcharakter. Nach dem Gipfel will die Gemeinde Davos prüfen, ob das TOSA-System nicht dauerhaft installiert bleiben und sogar weiter ausgebaut werden kann. Nachdem Davos bereits jetzt zum Großteil mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen versorgt wird, wäre der Umstieg auf eine TOSA-Busflotte ein weiterer Schritt zur Erhaltung der Luftqualität.

Das Projekt bringt nicht nur erstmals eine elektrische Buslinie nach Davos sondern das gesamte TOSA-System auch erstmals in eine alpine Stadt. Davos liegt auf 1.550 Metern Seehöhe – und beweist damit, dass diese Technologie auch unter rauen Wetterbedingungen und im herausfordernden Gelände zuverlässig funktioniert. Darüber hinaus stellen die TOSA-Busse ihre Ausdauer beim täglichen Einsatz in Genf unter Beweis. Dort verbindet eine TOSA-Linie seit etwa einem Jahr den Flughafen mit der Stadtmitte, zwei weitere sind bereits in Planung.

In der französischen Stadt Nantes werden noch in diesem Jahr zwei Buslinien mit einer Flotte von 20 Doppelgelenk-Bussen in Dienst gestellt. Dank der kompakten Batterien bieten diese Busse jeweils 151 Passagieren Platz und übertreffen die Kapazität der bisher eingesetzten Busse damit um mehr als ein Drittel.

Ein Anstoß für ganz Europa

Die bisherigen Erfahrungen mit dem erwiesenermaßen überlegenen TOSA-System bringt ABB bei der Unterstützung einer Initiative ein, mit der die Europäische Kommission die Verbreitung sauberer Busse fördern will.

Die European Clean Bus Deployment Initiative ist das erste Programm dieser Art und soll die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Verkehrsbetrieben und Busherstellern fördern. Damit wollen die Organisatoren bis zum Jahr 2025 den Anteil von alternativ betankten Bussen von derzeit 12 auf 30 Prozent steigern.

“Überall auf der Welt sind politische Entscheidungsträger an der Entwicklung von nachhaltigen Lösungen für den öffentlichen Verkehr interessiert, um die Emissionen in und um die dicht bevölkerten Städte zu senken“, sagt Thierry Lassus, Leiter der Sustainable Public Transportation Initiative von ABB„ ABB war immer schon führend bei der Entwicklung von zeitgemäßen und kostengünstigen Lösungen, die die Bedürfnisse unserer Kunden erfüllen und uns hoffnungsvoll in eine grünere Zukunft blicken lassen“.